Bananenschale und Atommüll

Am 9. Dezember 1998 hat der Basler SP-Nationalrat Rudolf Rechsteiner zusammen mit 19 Mitunterzeichnenden im Parlament folgende Interpellation eingereicht:

8. Dez. 1998

Seit einiger Zeit macht "Vera", der Werbeverein für Atommüll, Fernsehwerbung. Ein Man wirft eine Bananenschale in einen Abfallkorb. Kommentar: "Es gibt nichts Gutes ausser man tut es". In einem anderen Bananenspot heisst es: "Energie erzeugt Abfall".

  1. Bananenschalen kann man kompostieren. Hält der Bundesrat radioaktive Abfälle für kompostierbar?
  2. Es gibt mannigfache Stromerzeugungsarten ohne radioaktive oder andere schädliche Abfälle. Kann der Bundesrat drei Beispiele nennen?
  3. Die Suggestion einer Zwangsläufigkeit - "Energie erzeugt (radioaktive) Abfälle" - ist irreführend und verfolgt rein politische Zwecke. "Religiöse und politische Werbung ist verboten", heisst es in Art. 19, Abs. 5 des Bundesgesetzes über Radio und Fernsehen. Können die zuständigen Stellen des Bundes dem Fernsehgesetz Nachachtung verschaffen und die politische Werbung der Atomlobby abstellen?
  4. Abfallvermeidung ist erstes Ziel des schweizerischen Abfallkonzeptes. Besteht bezüglich Atommüll eine Ausnahme?
  5. Durch die Schliessung der Atomkraftwerke könnten über 99% der Atomabfälle, insbesondere die Entstehung hochradioaktiver Abfälle, vermieden werden. Teilt der Bundesrat diese Feststellung? Weshalb wird auf diesen Sachverhalt im Werbespot nicht hingewiesen, der vorgibt, Abfallprobleme lösen zu wollen?
  6. Teilt der Bundesrat die Auffassung des Bundesgerichts, dass es unkorrekt sei, politische Propaganda direkt oder indirekt über Stromtarife zu finanzieren?
  7. Der Name Vera (lateinisch = das/die Wahre), Zentralorgan der Atomlobby, erinnert trefflich an den Namen Prawda (russisch = die Wahrheit), Zentralorgan der kommunistischen Partei. Ist die Ähnlichkeit in Namengebung und Aktivität - Irreführung des Volkes aus monopolistischer Stellung - beabsichtigt oder handelt es sich hier um unfreiwilligen Humor?
  8. Der Verein "Vera" verletzt das ethische Empfinden breiter Bevölkerungskreise, die sich seit Jahren gegen die radioaktive Verseuchung unseres Planeten wehren. "Der Bundesrat kann zum Schutz der Jugend und der Umwelt Werbeverbote erlassen", heisst es in Art. 18 des RFG. Teilt der Bundesrat die Auffassung
    • aus Pietät gegenüber den Toten und Verletzten von "Tschernobyl",

    • angesichts des Risikos einer flächendeckenden Verseuchung unseres Landes,

    • angesichts der fehlenden Haftpflicht bei Grossunfällen,

    • angesichts der fortschreitenden Rissbildung in A-Werken,

    • angesichts der fehlenden finanziellen Sicherstellung der Lagerung von Atommüll,

    dass ein generelles Werbeverbot für Atomenergie und die damit verbundenen Sachzwänge erlassen werden sollte? Falls nein: Ist der Bundesrat bereit, im Sinne der politischen Ausgewogenheit Auflagen zu erlassen, wonach den Gegnern von Atomabfällen gleichviel finanzielle Werbemittel und -zeiten aus Kundengeldern zur Verfügung gestellt werden, um über saubere Technologien, etwa die solare Energieerzeugung, zu informieren wie sie der Verein "Vera" für sich beansprucht?

Zusatzfrage der SVA: Handelt es sich hier um einen vorgezogenen Fasnachtsstreich oder um einen ernsthaften parlamentarischen Vorstoss?

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