Energiepolitik in der Kritik

Die Kritik an der bundesrätlichen Energiestrategie 2050 reisst nicht ab. Besonders Industrie und Wirtschaft warnen immer wieder vor hohen Kosten, so auch Economiesuisse-Direktor Pascal Gentinetta. In einem Zeitungsinterview sagt er drastische Preisanstiege vorher. Der wirtschaftsnahe Think-Tank Avenir Suisse warnt derweil vor energiepolitischen Alleingängen. Auch die Förderung erneuerbarer Energien ist alles andere als unumstritten.

30. Apr. 2013

Das Vorhaben des Bundesrates, im Rahmen der Energiestrategie 2050 den Stromverbrauch der Schweiz zu stabilisieren, stösst weiterhin auf Kritik. Economiesuisse-Direktor Pascal Gentinetta warnte in einem Interview mit dem «Sonntagsblick» vom 28. April 2013, «ohne massive Verteuerung der Energieträger» werde der Stromverbrauch weiter steigen. Um die Ziele der Energiestrategie zu erreichen, müsste laut Gentinetta eine Tonne CO2 mit über Tausend Franken besteuert werden. Als Folge dieser Lenkungspolitik würde ein Liter Benzin rund fünf Franken kosten, der Liter Heizöl drei Franken. Strom würde um 40% verteuert. Gentinetta fordert vom Bundesrat Ehrlichkeit und Transparenz bezüglich der Auswirkungen seiner Strategie. Für ihn ist klar: «Die Schweiz muss einen Teil ihrer strategischen Unabhängigkeit und einen Teil ihrer Bemühungen in Sachen Umweltschutz dem Atomausstieg opfern – oder einen hohen volkswirtschaftlichen Preis zahlen.»

Warnung vor Alleingängen

Unter dem Titel «Keine Energiewende im Alleingang» erörterte Urs Meister von Avenir Suisse Ende April 2013, «wie die Schweiz mit Ökostrom und Kapazitätsmärkten umgehen soll». Zu den Kapazitätsmärkten stellte Meister fest, die Schweiz sei zu klein für einen Alleingang. «Ein auf die Schweiz beschränkter Kapazitätsmarkt» wäre laut Meister «aufgrund der hohen administrativen Aufwendungen, der fehlenden Liquidität und des mangelnden Wettbewerbs beim Kraftwerksangebot auf jeden Fall ineffizient». Würden andererseits die Nachbarstaaten solche Mechanismen einführen, bekäme die Schweiz dies wegen ihrer engen Vernetzung mit den Nachbarländern und der hohen Bedeutung des Stromhandels zu spüren. Schweizer Stromkonsumenten könnten in diesem Fall zwar von tieferen Preisen profitieren, doch die inländischen Stromproduzenten würden unter Druck geraten. Ausserdem könnte auf längere Sicht die Versorgungssicherheit leiden, «da der Bau neuer Kraftwerke im Inland weniger attraktiv würde».

KEV nicht marktnah und ineffizient

Auch bei der Förderung von Kraftwerken warnte der Energie- und Wirtschaftsexperte vor einem vorschnellen Alleingang der Schweiz. Sie sei auch gar nicht nötig, da «auf absehbare Zeit kein akuter Mangel an Kraftwerkskapazität im Inland besteht». Meister forderte zudem eine Marktöffnung für kleinere Verbraucher, da erst damit der Einsatz von Smart Metering und marktnahen Tarifen möglich sei. Meister zog den Schluss, dass ein anhaltender Ausbau der kostendeckenden Einspeisevergütung (KEV) nicht nachhaltig sei. Die KEV führe nicht nur zu geringerer Investitionsbereitschaft bei konventionellen Anlagen, sondern werde auch umso ineffizienter, je mehr verbilligter Strom eingespeist werde. Wenn die Politik unbedingt an einer direkten Förderung festhalten wolle, so Meister, «dann müsste diese grundsätzlich neu konzipiert und dabei enger am Markt ausgerichtet werden».

Die Schweizerische Akademie der Technischen Wissenschaften (SATW) hatte schon im September 2012 darauf hingewiesen, dass die Einspeisevergütung nicht marktnah ist. Die in der Schweiz gemachten Erfahrungen mit der KEV wiesen auf einen Verbesserungsbedarf hin. Die Vergütungssätze seien «tendenziell zu hoch festgesetzt worden». Der sogenannte Mitnahmeeffekt hätte zudem dazu geführt, dass Projekte gefördert wurden, die auch sonst gebaut worden wären. Die SATW empfahl deshalb flexibel ausgestaltete Förderinstrumente, welche «die Marktteilnehmer auf den künftigen Wettbewerb» vorbereiten.

Quelle

M.Re. nach Sonntagsblick, Interview vom 28. April, Avenir Suisse, Diskussionspapier «Keine Energiewende im Alleingang», April 2013, und SATW, «Wie soll Strom aus erneuerbaren Energien gefördert werden?», September 2012

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