Europäische Kommission sagt Ja zu britischen Fördermassnahmen

Kurz vor Ende des laufenden Mandats ist die Europäische Kommission zum Schluss gekommen, dass die überarbeiteten Massnahmen Grossbritanniens zur Förderung des Baus und Betriebs des geplanten Kernkraftwerks Hinkley Point C mit dem EU-Beihilferecht vereinbar sind.

8. Okt. 2014
Wegweisender Entscheid: Joaquín Almunia, EU-Kommissar für Wettbewerb und Vizepräsident der EU-Kommission, bestätigt die Genehmigung der britischen Staatsbeihilfen für das Neubauprojekt Hinkley Point C.
Wegweisender Entscheid: Joaquín Almunia, EU-Kommissar für Wettbewerb und Vizepräsident der EU-Kommission, bestätigt die Genehmigung der britischen Staatsbeihilfen für das Neubauprojekt Hinkley Point C.
Quelle: Europäische Union

Die Europäische Kommission hatte Anfang 2014 eine Untersuchung eingeleitet, um zu prüfen, ob die von Grossbritannien angemeldeten Fördermassnahmen für Bau und Betrieb des geplanten Kernkraftwerks Hinkley Point C mit dem EU-Beihilferecht im Einklang seien. Die Kommission zeigte sich zu Beginn sehr skeptisch.

Britisches System korrigiert Marktversagen

Die Kommission teilte jetzt mit, die britischen Behörden hätten nachweisen können, dass mit den Beihilfemassnahmen ein echtes Marktversagen behoben werde, was die anfänglichen Zweifel der Kommission ausgeräumt habe. Insbesondere könnten die Projektträger aufgrund der beispiellosen Art und Tragweite des Projekts ohne solche Massnahmen die erforderlichen Finanzmittel nicht beschaffen.

Anpassungen in der Projektfinanzierung

Laut der Europäischen Kommission stimmte Grossbritannien im Verlauf der Untersuchung zu, die Bedingungen der Projektfinanzierung erheblich zu ändern, um die von der Kommission befürchteten wettbewerbsverzerrenden Auswirkungen der Beihilfe zu verringern. Der für Wettbewerbspolitik zuständige Vizepräsident der Kommission, Joaquín Almunia, erklärte: «Nach Einschreiten der Kommission hat das Vereinigte Königreich die Fördermassnahmen für das Kernkraftwerk Hinkley Point erheblich geändert, sodass etwaige Wettbewerbsverzerrungen im Binnenmarkt verringert und darüber hinaus die britischen Steuerzahler beträchtlich entlastet werden.» Deshalb habe die Kommission nach eingehender Untersuchung nun festgestellt, dass die Beihilfe mit dem EU-Recht vereinbar ist.

Diese Änderungen betreffen einerseits die Bürgschaftsgebühr, welche die Betreiberin EDF Energy plc an das britische Finanzministerium zahlen soll. Der Kommission war sie zu niedrig angesetzt. Sie wurde daher beträchtlich angehoben, womit die staatlich Beihilfe um mehr als GBP 1 Mrd. (CHF 1,5 Mrd.) geringer ausfallen wird und dem britischen Finanzministerium ein entsprechender Gewinn entsteht. Andererseits müssen die mit dem Projekt erwirtschafteten Gewinne stärker den britischen Verbrauchern zugutekommen. Das bedeute, sobald die Gesamtgewinne der Betreiberin (Kapitalrendite) höher ausfielen als der zum Zeitpunkt des Beschlusses geschätzte Wert, diese Gewinne mit der Behörde geteilt werden, welche die Unterstützung gewähre. Des Weiteren wurde ein zweiter, höherer Schwellenwert festgelegt, ab dem die Behörde mehr als die Hälfte der Gewinne erhält. Diese Gewinne kommen laut Kommission auch den Verbrauchern in Grossbritannien zugute, da die Preisstützung, welche die Behörde der Betreiberin gewährt (der «strike price» oder Basispreis), dann entsprechend gesenkt werde. So schlage sich eine Erhöhung der Gewinnspanne um nur einen Prozentpunkt in einer Einsparung von mehr als GPB 1,2 Mrd. (CHF 1,8 Mrd.) nieder, führte die Kommission aus. Dieser Gewinnteilungsmechanismus werde nicht nur für die ursprünglich vorgesehene Dauer von 35 Jahren, sondern auf Ersuchen der Kommission für die gesamte Laufzeit des Projekts – das heisst während 60 Jahren – angewendet. Falls die Baukosten geringer ausfielen als erwartet, sollten diese Einsparungen ebenfalls umgelegt werden.

DECC und NIA erfreut …

Laut Department of Energy and Climate Change (DECC) ist die Realisierung des ersten Neubauprojekt seit über 25 Jahren einen Schritt näher gekommen. Edward Davey, Secretary of State for Energy and Climate Change, erklärte, der Entscheid der Europäischen Kommission unterstütze die Anstrengungen Grossbritanniens, Strom sicher, kostengünstig und kohlenstoffarm zu erzeugen. Davey hatte bereits anlässlich der Verfahrenseröffnung die Wichtigkeit des Finanzierungssystems «in Anbetracht des gegenwärtigen Marktversagens» betont, da in Grossbritannien ohne Preisgarantien niemand in CO2-arme Technologien investieren würde.

Die britische Nuclear Industry Association (NIA) begrüsste den Entscheid, die Fördermassnahmen für das Neubauprojekt der EDF Energy zu genehmigen. Lord Hutton of Furness, NIA-Vorsitzender, sagte, der Entscheid gebe auch anderen europäischen Ländern, die das britische Finanzierungssystem der Preisgarantien zur Sicherung ihrer eigenen Stromversorgung in Betracht zögen, mehr Sicherheit.

… und Österreich will klagen

Die Bundesregierung Österreichs hingegen bereitet laut der Austria Presse Agentur (APA) eine Klage gegen den Kommissionsentscheid beim Europäischen Gerichtshof vor. «Wir werden die Entscheidung, Subventionen für Atomstrom zu genehmigen, nicht akzeptieren», zitierte die APA Bundeskanzler Werner Faymann und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner.

Hinkley Point C

Die EDF Energy plant, im Bezirk Somerset im Südwesten Englands vorerst zwei Kernkraftwerkseinheiten des Typs EPR zu bauen. Die Inbetriebnahme ist für 2023 vorgesehen und die erwartete Auslegungslebensdauer beträgt 60 Jahre. Die beiden Einheiten sollen insgesamt 3300 MW Erzeugungskapazität bereitstellen, was rund 7% des britischen Elektrizitätsbedarfs decken würde. Wegen der Stilllegung bestehender Kern- und Kohlekraftwerke wird Grossbritannien zwischen 2021 und 2030 rund 60’000 MW Kraftwerkskapazität ersetzen müssen.

Quelle

M.A. nach Europäischer Kommission, Medienmitteilungen, 8. Oktober 2014 und 18. Dezember 2013, sowie DECC, NIA und ATA, Medienmitteilungen, 8. Oktober 2014

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