Grosser Rat Aargau: Anträge für pronukleare Standesinitiative

31. Mai 1999

Antrag der CVP-Fraktion auf Direktbeschluss vom 1. Juni 1999 betreffend Einreichung einer Standesinitiative für eine kernenergieverträgliche Energie- und Steuergesetzgebung durch die Bundesversammlung:


Der Grosse Rat wird ersucht, der Eidgenössischen Bundesversammlung eine Standesinitiative gemäss Art. 93 Abs. 2 BV mit folgendem Inhalt einzureichen:
Der Grosse Rat des Kantons Aargau fordert die Bundesversammlung auf, im Rahmen bevorstehender Erlasse, welche die Kernenergie betreffen (Elektrizitätsmarktgesetz, Kernenergiegesetz, Energieabgabebeschluss, ökologische Steuerreform), folgende Grundsätze zu berücksichtigen:

  1. Die Betriebsbewilligungen für Kernenergieanlagen habe sich nach den technischen Voraussetzungen der Betriebs- und Umweltsicherheit zu richten. Politisch motivierte Betriebseinschränkungen sind zu vermeiden.
  2. Auf Beschränkungen der Kernenergie-Forschung, vor allem in Bereichen der Betriebssicherheit, ist zu verzichten.
  3. Auf die Benachteiligung der Kernenergie im Zusammenhang mit der Strommarktöffnung (Ungleichbehandlung bei NAI Entschädigung) ist zu verzichten.
  4. Bei einer allfälligen Erhebung von zusätzlichen Abgaben oder Steuern auf Energie ist auf eine Diskriminierung der Kernenergie zu verzichten.


Begründung:

  1. Im Aargau, dem Energiekanton schlechthin und Standort von drei Kernreaktoren, wird die Kernenergie von einem breiten Konsens getragen: Der Aargau steht zur Kernenergie und hat ein Interesse an einer gesicherten und umweltfreundlichen Stromversorgung der Schweiz und des Kantons Aargau. Weiter ist dem Kanton Aargau die Sicherung der von diesem Industriezweig abhängigen Arbeitsplätze ein Anliegen.
  2. Der Ausstieg aus der Atomenergie wurde bereits dreimal vom Schweizer Stimmvolk klar abgelehnt (1979, 1984 und 1990). Eine politisch motivierte massive Verschlechterung der Rahmenbedingungen etwa durch fiskalische Diskriminierung der Kernenergie kommt einem schleichenden Ausstieg gleich und bedeutet die Missachtung des bisherigen Volkswillens.
  3. Für eine umweltfreundliche schweizerische Stromversorgung ist die Kernenergie, besonders im Winter, noch auf lange Sicht - trotz verstärkten Anstrengungen zur Förderung erneuerbarer Energien und rationeller Energienutzung - eine tragende Säule. Dies gilt auch für den Fall massivster Subventionen alternativer Energiekonzepte. Das Bundesamt für Energie (BfE) bestätigt im Entwurf zum "Energiepolitischen Programm nach 2000" vom 29. März 1999, dass insbesondere eine Begrenzung der Kohlendioxid-Emissionen nach dem Jahr 2010 mit der Erhaltung der heutigen Kernkraftwerkkapazität am einfachsten zu realisieren ist.
  4. Die vielfältigen Unsicherheiten im Bereich der zukünftigen Energieversorgung (z.B. Versorgungs- und Preisrisiken der fossilen Energien) lassen den Ausstieg aus der zuverlässigen Kernenergieproduktion nicht zu.
  5. Die heutigen und allenfalls künftigen Verpflichtungen der Staatengemeinschaft und der Schweiz im Bereich des Klimaschutzes lassen keine Entscheidung zu, die den Weiterbetrieb der heutigen Kernkraftwerke politisch behindern und die Option Kernenergietechnologie preisgeben würde. Der umweltpolitische Handlungsspielraum würde auch aus lufthygienischer Sicht (Luftreinhalteverordnung) nachhaltig eingeschränkt.
  6. Nach dem heutigen Stand des technischen Wissens können Kernkraftwerke westlicher Bauart mindestens fünfzig bis sechzig Jahre betrieben werden. Diese Erkenntnis stützt sich auf jüngste Erfahrungen in den USA und Japan, wo die ersten Gesuche um die Erstreckung der Betriebsbewilligungen eingereicht wurden. Mehrere europäische Länder sehen bereits längere Lebensdauern vor. Die Hauptabteilung für die Sicherheit der Kernanlagen (HSK) bestätigt diese Entwicklung und sieht keine sicherheitstechnischen Gründe, weshalb die schweizerischen Kernkraftwerke nicht mindestens zehn bis zwanzig Jahre über die ursprüngliche Auslegungsbasis von vierzig Jahren hinaus betrieben werden können.
  7. Die schweizerischen Kernkraftwerke weisen nach Auffassungen von nationalen und internationalen Experten dank kontinuierlicher Nachrüstung mit neuen Technologien einen hohen Sicherheitsstand auf. Die HSK kann gemäss ihrem Gutachten vom 19. Februar 1999 keine sicherheitstechnischen Gründe ausmachen, die "eine Festlegung konkreter Restbetriebszeiten rechtfertigen". Eine Beschränkung der Betriebsdauer der schweizerischen Kernkraftwerke durch die Politik entbehrt also jeglicher sicherheitstechnischer Notwendigkeit.

Der Inhalt des ebenfalls eingereichten FDP-Vorstosses lautet gleich.

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