Kernenergieausstieg im Nationalrat

Der Nationalrat hat den Plänen zum Ausstieg aus der Kernenergie zugestimmt. Im Rahmen des ersten Massnahmenpakets der Energiestrategie 2050 fielen zahlreiche weitere Entscheide zum Kernenergiegesetz. So beschloss die grosse Kammer ein Langzeitbetriebskonzept und ein Verbot der Wiederaufbereitung ausgedienter Brennelemente.

17. Dez. 2014
Der Nationalrat hat in der Wintersession 2014 zahlreiche Entscheide zum Kernenergiegesetz gefällt.
Der Nationalrat hat in der Wintersession 2014 zahlreiche Entscheide zum Kernenergiegesetz gefällt.
Quelle: Parlamentsdienste, 3003 Bern

Am frühen Abend des 8. Dezembers 2014 standen nach stundenlanger Debatte über andere Energiefragen und mehreren Verzögerungen insgesamt elf Entscheide zum Kernenergiegesetz (KEG) an, wobei zu einem Punkt drei Minderheitsanträge vorlagen. Zusammen mit der Gesamtabstimmung über die Energiestrategie 2050 fanden in diesem Block insgesamt 14 Abstimmungen statt.

Ja zum Verbot neuer KKW und Langzeitbetriebskonzept

Den eigentlichen «Atomausstieg», das Verbot von Rahmenbewilligungen für Kernkraftwerke (KKW) in KEG Art. 12, beschloss der Nationalrat mit 115 zu 77 Stimmen bei drei Enthaltungen. Dagegen stimmten einzig die gesamte Fraktion der Schweizerischen Volkspartei (SVP) und zwei Drittel der Freisinnig-Demokratischen Partei.Die Liberalen (FDP-Liberale). Ein ähnliches Bild, 114 Ja- zu 79 Neinstimmen, bot sich bei der Abstimmung über das Langzeitbetriebskonzept, wonach die Schweizer KKW nach 40 Betriebsjahren Gesuche für jeweils zehn weitere Jahre einreichen müssen. Hierbei war die Opposition aus FDP-Liberalen und SVP weniger geschlossen, jedoch gab es auch Neinstimmen aus der Christlich-Demokratischen Volkspartei (CVP). Im Zusammenhang mit dem Langzeitbetriebskonzept hatte im Vorfeld der Begriff der «steigenden Sicherheit», die den Werken hätte vorgeschrieben werden sollen, zu reden gegeben. Der Passus wurde mit 95 zu 94 Stimmen bei sechs Enthaltungen abgelehnt, wiederum dank Neinstimmen von CVP-Vertretern.

Entschädigungen möglich

Mit 97 Nein- gegen 96 Jastimmen fiel das Resultat bei der Frage, ob Entschädigungsforderungen der KKW-Betreiber verunmöglicht werden sollen, ähnlich knapp aus. Mit deutlicherem Ausgang angenommen wurden dagegen das Verbot der Wiederaufbereitung von Brennelementen (102 zu 86 Stimmen) und das Verbot von Rahmenbewilligungen für Änderungen an Kernkraftwerken (102 zu 92 Stimmen). Ebenfalls verboten werden soll nach Auffassung einer Mehrheit des Nationalrates die Ausfuhr ausgedienter Brennelemente. Ausnahmebewilligungen für die Einfuhr radioaktiver Abfälle sollen hingegen unter gewissen Voraussetzungen weiter möglich sein. Ein Einzelantrag zur Verschärfung der Bestimmungen bezüglich Sicherheitsniveaus und Verbesserungsmassnahmen wurde klar abgelehnt.

«Lex Beznau»

Ein Minderheitsantrag, wonach im Langzeitbetriebskonzept der Weiterbetrieb nach 40 Jahren nur einmal zehn Jahre betragen hätte, wurde klar mit 119 zu 73 Stimmen abgelehnt. Jedoch setzte sich in einer Dreifach-Abstimmung eine Minderheit durch, die den Betrieb der KKW, die heute schon länger als 40 Jahre laufen, auf 60 Jahre beschränken wollte. Da das KKW Mühleberg schon 2019 aus wirtschaftlichen Gründen ausser Betrieb gehen wird, betrifft diese Einschränkung nur Beznau-1 und -2. Die beiden Druckwasserreaktoreinheiten müssten demnach den Betrieb in den Jahren 2029 und 2031 einstellen. Nach den Abstimmungen über die Änderungen der Kernenergie-Gesetzgebung fand die Schlussabstimmung über das erste Massnahmenpaket der Energiestrategie 2050 statt. Es wurde mit 110 zu 84 Stimmen angenommen. Tags darauf lehnte der Nationalrat mit einer Mehrheit von 120 zu 71 Stimmen die Volksinitiative «für den geordneten Ausstieg aus der Atomenergie» (Atomausstiegsinitiative) der Grünen Partei Schweiz ab. Von den teilnehmenden Ratsmitgliedern sprachen sich alle der FDP-Liberalen und SVP sowie alle bis auf zwei aus der CVP gegen die Initiative aus.

Kritik von Economiesuisse …

Das ganze erste Massnahmenpaket der Energiestrategie 2050, über das der Nationalrat an sieben Tagen während über 20 Stunden debattiert hat, sowie die Atomausstiegsinitiative werden als nächstes im Ständerat beraten. «Nach dem Jahreswechsel steht der Ständerat vor einer schwierigen Aufgabe. Er muss aus dem Gesetzesentwurf eine Strategie zimmern, die diesen Namen auch verdient», schrieb dazu Monika Rühl, Vorsitzende der Geschäftsleitung der Economiesuisse in ihrem Kommentar zur Energiedebatte. Es sei klar, so Rühl, dass erst ein Bruchteil der Kosten der Energiestrategie bekannt ist. Der Gesetzesentwurf passe in die Weihnachtszeit, da er einen langen Wunschzettel darstelle und viele Geschenke bereithalte, «ein Füllhorn an neuen Subventionen für die Solarenergie in der Stadt, die Biomasse auf dem Lande sowie viel Geld für die Wasserkraft in den Bergen».

… und Axpo

Als einzige KKW-Betreiberfirma äusserte sich die Axpo AG zu den Beschlüssen des Nationalrates, die sie «mit Bedauern zur Kenntnis» nahm. Weiter hiess es in der Mitteilung der Axpo: «Kompromisse dürfen nicht zulasten der Sicherheit gemacht werden. Die höchstmögliche Sicherheit ist am besten mit der unbefristeten Laufzeit im heutigen Kernenergiegesetz zu erreichen.» Denn nur so seien die Betreiber zu permanenten Investitionen in die Sicherheit verpflichtet. Das Langzeitbetriebskonzept ist gemäss Axpo für Leibstadt und Gösgen eine «de facto Befristung der Laufzeit mit Optionen auf Verlängerung. Das Kernkraftwerk Beznau wird demgegenüber diskriminiert und seine Laufzeit wird aus politischen Gründen begrenzt.» Das sei nicht akzeptabel, denn technische Gründe für diese Diskriminierung gebe es keine. Die Axpo hofft nun, «dass der Ständerat die Priorität bei der Sicherheit der Kernkraftwerke setzt und wie der Bundesrat der heutigen Regelung im Kernenergiegesetz den Vorzug gibt», denn «es darf kein Technologieverbot geben».

Quelle

M.Re. nach Parlamentsdienste, Amtliches Bulletin, Economiesuisse, Kommentar, 12. Dezember 2014, und Axpo, News, 9. Dezember 2014

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