Neue Daten für Erdbebengefährdung der Schweizer KKW

Bis Ende 2012 sollen neue Daten zur Berechnung der Gefährdung der Schweizer Kernkraftwerke (KKW) durch Erdbeben vorliegen, lässt das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat (Ensi) Anfang Januar verlauten. Für den EU-Stresstest galten noch die Gefährdungsannahmen aus dem Jahr 2009. Für den Nachweis zur Beherrschung des 10'000-jährigen Erdbebens, den die Werke bis Ende März 2012 einreichen müssen, gelten jedoch bereits die neuen, strengeren Vorgaben.

12. Jan. 2012

Seit 2007 läuft unter der Federführung der der swissnuclear – der Fachgruppe Kernenergie der swisselectric – das Pegasos Refinement Project (PRP). Es dient dazu, die Gefährdungsannahmen für Erdbeben in der Schweiz noch detaillierter als bisher zu ermitteln. Ende 2012 sollen die konsolidierten Ergebnisse vorliegen. Georg Schwarz, stellvertretender Ensi-Direktor, geht laut Ensi-Medienmitteilung davon aus, «dass die neuen Gefährdungsannahmen für das 10'000-jährige Erdbeben deutlich strenger als die bisherigen sein werden». Nach Abschluss des PRP und Überprüfung der Ergebnisse wird das Ensi die Erdbebengefährdungsannahmen neu festlegen. Auf dieser Grundlage sind dann die Erdbebenfestigkeitsnachweise durch die Betreiber zu aktualisieren und der deterministische Nachweis zur Beherrschung des 10'000-jährlichen Erdbebens neu zu erbringen.

Strengere Werte bereits jetzt anwenden

Unmittelbar nach dem Reaktorunfall von Fukushima-Daiichi hat das Ensi von den Schweizer KKW einen neuen Nachweis verlangt. Bis am 31. März 2012 müssen sie belegen, «dass die Werke und allfällige Staudämme ein 10'000-jährliches Erdbeben beherrschen und bei einem Schadensfall eine erhöhte Strahlenbelastung ausgeschlossen werden kann». Als Grundlage hat das Ensi eine aktualisierte Gefährdungsannahme gefordert. Im Mai 2011 hat deshalb die Swissnuclear einen Zwischenbericht für das PRP erarbeitet, der auf aktuellen Daten basiert.

Ursprünglich nur historische Daten

Beim Bau der Schweizer KKW griff man für die Einschätzung der Erdbebengefährdung auf historische Erdbebendaten zurück. Diese wurden Mitte der 1970er-Jahre statistisch ausgewertet und in einer Erdbebengefährdungskarte dargestellt. Da Erdbeben massgeblich zum Gesamtrisiko der KKW beitragen und die Wissenschaft grosse Fortschritte auf dem Gebiet der Erdbebengefährdungsanalyse gemacht hat, kam die Vorgängerorganisation des Ensi, die Hauptabteilung für die Sicherheit von Kernanlagen (HSK), in den 1990er-Jahren zum Schluss, dass die für die Schweizer KKW vorliegenden Erdbebengefährdungsanalysen nicht mehr in allen Punkten dem aktuellsten Stand entsprachen. Im Jahr 1999 forderte die HSK deshalb die KKW-Betreiber auf, die Erdbebengefährdung nach den neuesten, probabilistischen Methoden zu bestimmen und insbesondere die Unsicherheiten der Rechenergebnisse umfassend zu quantifizieren.

Das Projekt Pegasos

Zur Umsetzung der Forderung der HSK gaben die KKW-Betreiber das Projekt Pegasos (Probabilistische Erdbebengefährdungsanalyse für die KKW-Standorte in der Schweiz) in Auftrag. In Anlehnung an eine in den USA neu entwickelte Methode wurde in diesem Projekt die Erdbebengefährdung unter möglichst umfassender Berücksichtigung des Kenntnisstandes der international massgebenden Fachwelt ermittelt. Für die Studie konnten erstrangige erdwissenschaftliche Fachexperten von unabhängigen Organisationen aus dem In- und Ausland gewonnen werden. Im Jahr 1999 starteten die Vorbereitungsarbeiten zu dieser in Europa bisher einzigartigen Studie. Anfang 2001 begannen die eigentlichen Projektarbeiten und im Sommer 2004 konnte die Studie abgeschlossen werden.

Die HSK begleitete zur Überprüfung das Projekt Pegasos mit einem Team anerkannter Experten. Im Schlussbericht stellte die HSK fest, dass die methodischen Vorgaben im Projekt erfüllt wurden und damit international ein neuer Standard gesetzt war. Die Pegasos-Ergebnisse wiesen jedoch noch eine grosse Bandbreite an Unsicherheiten auf, die weitere Untersuchungen einengen sollten. Trotzdem verlangte die HSK von allen Kernkraftwerken in der Schweiz in einem ersten Schritt eine Überarbeitung der probabilistischen Sicherheitsanalysen unter Berücksichtigung der Pegasos-Resultate. Um den ausgewiesenen Unsicherheiten Rechnung zu tragen, wurde damals entschieden, bis zum Vorliegen konsolidierter Daten von neuen, strengeren Vorgaben auszugehen, die 80% der Pegasos-Werte entsprachen.

Die Analysen zeigten zudem, dass das international anerkannte Kriterium zur Kernschadenshäufigkeit von allen Werken deutlich eingehalten wird.

Pegasos wird verfeinert

Nach dem Abschluss des Projekts prüften und bewerteten die KKW-Betreiber die Pegasos-Ergebnisse vor allem auf ihre Umsetzbarkeit hin. Eine Herausforderung bereitete die grosse Bandbreite der Ergebnisse, die nicht zuletzt darauf zurückzuführen war, dass für starke Erdbeben in unseren Regionen kaum Erfahrungswerte vorliegen. Unter der Federführung der Swissnuclear wurde deshalb das PRP-Projekt zur Verfeinerung der Pegasos-Studie lanciert. Derzeit findet laut Medienmitteilung des Ensi die wissenschaftliche Konsolidierung statt. Geplant ist, dass bis Ende dieses Jahres die neuen Werte feststehen.

Quelle

D.S. nach Ensi, Medienmitteilung, 6. Januar 2012

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