Start-ups überzeugen durch Innovation und klaren Business Cases

Eine neue Generation von Start-ups will die Herausforderungen Energieknappheit und Klimawandel angehen. Dass sich diese Jungunternehmen nicht nur den erneuerbaren Energien zuwenden, sondern auch der Kernenergie – das lässt hierzulande aufhorchen.

23. Okt. 2014

Der Auftritt des Kernenergie-Innovators Jacob DeWitte (29) von UPower Technologies am Swiss Energy & Climate Summit (SwissECS) Anfang September in Bern war zwar nur kurz. Dennoch ist es für unsere Breitengrade heutzutage bemerkenswert, wenn an einem Energie- und Klimakongress die Kernenergie zumindest ein Nebenthema ist. Die ideologischen Scheuklappen sind im deutschsprachigen Raum kaum zu übersehen.

Ganz anders in der neuen Welt: Ohne stereotype Denkmuster geht die neue Generation von Ingenieuren an die global herausfordernden Energie- und Klimafragen heran. Was ist die Value Proposition solcher Start-ups? Um den Markt zu erobern, muss ein neues Technologieunternehmen verschiedene Voraussetzungen erfüllen. Vor allem: Es muss innovativ sein und einen erheblichen Problemlösungsfaktor mitbringen.

Erfolgsfaktor Innovation

Wenden wir uns zuerst der Komponente Innovation zu. Die 29-jährige Leslie Dewan ist Mitgründerin der Transatomic Power Corporation (TAP). Das amerikanische Start-up hat sich auf das Recycling nuklearer Abfälle mithilfe des WAMSR (Waste Annihilating Molten Salt Reactor – Abfallvernichtungs-Salzschmelzereaktor) spezialisiert. Seit dem 30. Mai 2013 ist das Patent in Kanada und beim Europäischen Patentamt angemeldet. Seit dem 13. März 2014 hat die TAP auch eine Anmeldung bei der World Intellectual Property Organization (WIPO) in Genf erwirkt. Damit soll die Geltungskraft des Patents automatisch auf alle Länder ausgedehnt werden. Der Inhalt des Patents kann hier vollständig eingesehen werden:

Grundsätzlich sind nur Erfindungen technischer Art patentierfähig, die gewerblich beziehungsweise industriell angewendet werden können. Die Entwicklungen müssen neu sein und dürfen sich nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergeben. Ideen allein können daher nicht durch ein Patent geschützt werden. Schutzfähig sind alle technischen Erfindungen, die eine ausreichende Erfindungshöhe aufweisen. Neuheit wird von verschiedenen Autoren übereinstimmend so definiert: Die Erfindung sollte wie erwähnt über den bekannten Stand der Technik hinausgehen. «Stand der Technik» sind wiederum alle technischen Kenntnisse, die zu irgendeinem Zeitpunkt vor dem Tag der Anmeldung an irgendeinem Ort der Welt durch schriftliche oder mündliche Beschreibung, durch Benutzung oder in sonstiger Weise der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden sind. Erfindungshöhe bedeutet: Es muss ein erfinderischer Schritt erfolgen, das heisst, die Erfindung darf für einen Fachmann nicht naheliegend aus dem Stand der Technik hervorgehen. Geringfügige Neuerungen sind daher nicht schutzfähig.

In den USA hat Leslie Dewan bereits viel Respekt erworben. Im Jahr 2012 wählte das Forbes-Magazin Dewan für das Ranking «30 Under 30» im Energiesektor aus. Im September 2013 erkor die «MIT Technology Review» Dewan zu einer der «35 Innovators Under 35». Im Dezember 2013 kam Dewan schliesslich im «Time Magazine» die Ehre zu: «30 People Under 30 Changing the World». Dewan, seit 2011 Chief Executive Officer der TAP in Cambridge, Massachusetts, promovierte 2013 am Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Kerntechnik.

Erfolgsfaktor Business Case

Um erfolgreich als Game Changer den Markt zu erobern, benötigt es neben der innovativen Leistung einen klaren Business Case. Im Fall der TAP bilden allein schon die weltweit vorhandenen 270’000 t mittel- bis hochaktiven Abfälle eine solide (Herkules)-Aufgabe. «Wir wollen den ersten WAMSR in den USA bauen. Schliesslich ist die Technologie ebenfalls in den USA entwickelt worden.» Auch sei der Reaktor sehr sicher. Selbst in einem Worst-Case-Szenario sei die Eskalation nicht vergleichbar mit den Vorgängen in Fukushima-Daiichi oder Tschernobyl, erklärte Dewan gegenüber dem TV-Sender CNN.

Hinzu kommen die drängenden Herausforderungen Luftverschmutzung und Klimawandel. Zusammenfassend beschrieb die TAP ihre Value Proposition wie folgt: «Der fortgeschrittene Salzschmelzereaktor nutzt abgebrannte Brennelemente sauber und vollständig und erschliesst grosse Mengen an billiger und kohlenstofffreier Energie. Die Transatomic Power löst damit vier der drängendsten Probleme der Nuklearindustrie: Umweltverantwortung, öffentliche Sicherheit, Non-Proliferation und Wirtschaftlichkeit.» Ein fortgeschrittener Reaktor, der alle vier Ziele auf einmal erfülle, könne tatsächlich disruptiv den Markt aufmischen und für eine breite Akzeptanz der Kernenergie in der Bevölkerung sorgen.

Auch die UPower streicht einerseits die CO2-freie Stromproduktion und andererseits die Wirtschaftlichkeit hervor. In den Quick Facts werden die Vorteile anschaulich auf ihrer Website zusammengefasst.

Auffallend ist, dass diese Start-up-Initiativen weitgehend aus dem angelsächsischen Raum stammen – so auch das TerraPower-Projekt von Bill Gates. Wir wagen die Prognose, dass sich Asien diesem Trend bald anschliessen wird. Die übrigen Weltregionen – allen voran Europa – haben einmal mehr das Nachsehen. Das ist nicht nur im Hinblick auf eine erwünschte prosperierende Wirtschaftsentwicklung, die zunehmend innovationsgetrieben ist, bedenklich, sondern ebenso mit Blick auf die Gesundheit und die Grundversorgung.

Quelle

Hans Peter Arnold

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