Sternenforschung mit Isotopen aus dem PSI

Um zu verstehen, warum chemische Elemente auf der Erde in bestimmten Mengen vorkommen, untersuchen Forscher die Prozesse, die in explodierenden Sternen – Supernovae – stattfinden. Eine bedeutsame Rolle beim Verständnis der Vorgänge während der Explosionen spielt das Titanisotop Ti-44.

28. Apr. 2014
Die Supernova 1987 A in den ersten Jahren nach der Explosion, dessen glühender Sternrest in der Mitte vor allem durch Ti-44 aufgeheizt wird.
Die Supernova 1987 A in den ersten Jahren nach der Explosion, dessen glühender Sternrest in der Mitte vor allem durch Ti-44 aufgeheizt wird.
Quelle: NASA, ESA, P. Challis und R. Kirshner (Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics)

Einem internationalen Forschungsteam ist es gelungen, am europäischen Kernforschungszentrum Cern mit Ti-44 einen wichtigen Prozess zu untersuchen. Dabei wurde deutlich, dass dieser weniger effektiv ist als bisher angenommen und man deswegen die heutigen theoretischen Modelle der Abläufe in den Sternen korrigieren muss.

Es sind viele komplizierte Abläufe, die bestimmen, was in einer Supernova geschieht. Isotope entstehen und wandeln sich in andere um. Das kann auf unterschiedlichen Wegen geschehen. Will man die Vorgänge in den Sternen entschlüsseln, muss man die einzelnen Prozesse verstehen. Für die Forscher von Interesse ist, mit welcher Wahrscheinlichkeit bestimmte Isotope entstehen und umgewandelt werden. Vor kurzem haben Forschende einer internationalen Kooperation die Ergebnisse eines Experiments veröffentlicht, bei dem ein Prozess mit Ti-44 nachgestellt wurde, der sonst in Supernovae abläuft. Ti-44 mit einer Halbwertszeit von 60 Jahren ist eines der wenigen Isotope, dessen Zerfallsstrahlung von der Erde aus zu beobachten ist. Konkret haben die Forschenden die Reaktion untersucht, bei der das Titan einen Heliumkern einfängt und sich anschliessend in das Vanadiumisotop V-47 und ein Proton umwandelt. «Ti-44 aus explodierenden Supernovae ist von verschiedenen Forschungssatelliten beobachtet worden. Um die Beobachtungen deuten zu können, ist es wichtig zu wissen, wie wahrscheinlich diese Reaktion ist», erklärt Alexander Murphy von der Universität Edinburgh, der das Forschungsprojekt leitet.

Um diese Wahrscheinlichkeit zu bestimmen, schickten die Forschenden an der Rex-Isolde-Experimentanlage am Cern einen Strahl schneller Ti-44-Atome durch eine mit Helium gefüllte Kammer. Sie konnten so beobachten, wie oft es zu der gesuchten Reaktion kam. «Am Rex-Isolde-Komplex des Cern konnte aus dem vorhandenen Probenmaterial ein besonders reiner Ti-44-Strahl erzeugt werden», erklärte Thierry Stora, Leiter der Target- und Ionenquellen-Gruppe an der Rex-Isolde. Die Experimente zeigen, dass der untersuchte Prozess deutlich langsamer verläuft als bisher angenommen. «Diese Ergebnisse könnten erklären, warum bisherige Computermodelle die von den Satelliten beobachtete Menge an Ti-44 nicht deuten konnten. Um das endgültig zu bestätigen, werden aber noch weitere Messungen nötig sein», so Murphy weiter.

Seltenes Isotop aus dem PSI

Untersuchungen von Prozessen in einer Supernovae scheitern im Labor oft an einem grundsätzlichen Problem: Die entsprechenden Isotope kommen auf der Erde nicht natürlich vor. Einige dieser Isotope können jedoch künstlich erzeugt werden. In Experimenten am Paul Scherrer Institut (PSI) entstehen Isotope, die sonst nur im Inneren der Sterne existieren, in ausreichender Menge. Das Titanisotop, das die Untersuchung am Cern möglich gemacht hat, ist eigentlich ein Nebenprodukt anderer Experimente. In diesem Fall hatten Forschende untersucht, wie sich Stahl verändert, wenn er bestrahlt wird. Dafür wurden Stahlstücke in der Neutronenquelle SINQ des PSI intensiver Protonen- und Neutronenstrahlung ausgesetzt. «Dabei sind verschiedene Isotope, unter anderem das Ti-44, entstanden. Für die Untersuchungen, bei denen erforscht wurde, wie sich die mechanischen Eigenschaften des Stahls verändern, waren sie eher störend», so Rugard Dressler, Wissenschafter in der Forschungsgruppe Schwere Elemente am PSI. «Solche Isotope gezielt herzustellen, ist sehr kostspielig und aufwendig. Hier entstehen sie einfach nebenbei.» Mit den am PSI verfügbaren radiochemischen Verfahren konnte das Isotop Ti-44 dann aus den Stahlstücken extrahiert und für die Experimente am Cern zur Verfügung gestellt werden.

Quelle

M.B. nach PSI, Medienmitteilung, 8. April 2014

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