Vor dem Jahr 2000: Fortsetzung

Laut Meinungsforschung rutschen in den Augen der Bevölkerung die Kernkraftwerke auf der Sorgenliste der durch den sogenannten Y2K- oder Millenium-Bug betroffenen Infrastrukturanlagen immer weiter nach oben, und dies, obschon jetzt weitere unabhängige Untersuchungen und Tests in wirklichen Anlagen beweisen, dass die Betreiber gut vorbereitet sind.

28. Apr. 1999

Mit Y2K-Bug wird das Unvermögen älterer oder kleinster elektronischer Datenverarbeitungseinheiten bezeichnet, den Eintritt ins Jahr 2000 und weitere kritische Datenübergänge richtig zu verarbeiten. Dadurch könnten sie unabsehbare Störungen an allen möglichen Systemen auslösen.
Im weitgehend fertiggestellten, aber noch nicht mit Brennstoff beladenen Kernkraftwerksblock Civaux-2 hat die Electricité de France (EDF) während vier Tagen den Betrieb an den Übergängen zum 9. September 1999, 1. Januar 2000 sowie 1. März 2000 und dann die Rückkehr ins Heute getestet. Civaux-2 wurde gewählt, weil hier ohne jedes Strahlenrisiko gearbeitet werden konnte und im grössten Umfang digitalisierte Leittechnik eingesetzt wird. Die Simulation verlief wie erwartet und negative Überraschungen blieben aus. Zudem wurde nachgewiesen, dass bei grossen Industrieanlagen im Pannenfall das Zurückstellen der Uhren eine machbare und sichere Auffangstrategie wäre. Die EDF arbeitet seit 1996 systematisch an der Y2K-Bug-Frage. Für Prüfungen, Ersatz von Systemen sowie Requalifikationen hat sie bisher rund FF 600 Mio. aufgewendet. Nun ist sie überzeugt, dass es bei der Stromerzeugung und -verteilung an den kritischen Daten zu keinen Störungen kommen wird. Eine Unbekannte bleibt allerdings das nicht auszuschliessende plötzliche Wegfallen von schlecht vorbereiteten Grossabnehmern. Lasteinbrüche könnten zu Netzstörungen und damit zur Notwendigkeit führen, Kernkraftwerke in grosser Zahl auf Inselbetrieb umzustellen. Da diese Umstellung nicht immer problemlos verläuft, erwägt die EDF, ähnlich wie amerikanische Betreiber, an den kritischen Daten die Notstromversorgungen vorsorglich in erhöhte Betriebsbereitschaft zu nehmen.
In den USA hat ein Audit der Sicherheitsbehörde Nuclear Regulatory Commission (US NRC) in zwölf Kernkraftwerkseinheiten, die für 43 der 103 in diesem Land in Betrieb stehenden Blöcke kennzeichnend sind, bestätigt, dass an den kritischen Datenübergängen die nukleare Sicherheit in keinem Fall gefährdet ist. Dies schliesst nach dem jetzt von der US NRC veröffentlichten Befund gewisse mögliche Betriebsprobleme in Bereichen wie Zugangskontrolle, Erfassung von Strahlenschutzdaten, Anzeige von Betriebsdaten oder Instandhaltungsplanung nicht aus. Die entsprechenden Prüfungen hatten am 8. Februar 1999 in Peach Bottom einen Störfall ausgelöst, bei dem während sieben Stunden alle Computeranzeigen im Kontrollraum ausfielen. Die Behebung solcher Probleme sei in Arbeit, doch wohl nicht in allen Kraftwerken vor Herbst 1999 abgeschlossen. Bis dahin will die NRC auch den Audit der übrigen 60 Kernkraftwerke durchgeführt haben.
In Grossbritannien hat die Y2K-Prüfung der Kernkraftwerke von British Energy (BE) ein mögliches Problem mit der Generatorsteuerung bei einigen fortgeschrittenen gasgekühlten Reaktoren AGR aufgedeckt. Die entsprechenden Nachrüstarbeiten stehen laut BE vor dem Abschluss. Die anderen Kernkraftwerke und besonders Sizewell B seien "voll Jahr-2000-tauglich".

Quelle

P.B. nach Le Monde vom 21. und 24. April, Nuclear Engineering vom April 1999 und NucNet vom 29. April 1999

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