Aus EFDA wird Eurofusion

Am 31. Dezember 2013 endete die Ära des European Fusion Development Agreement (EFDA). Das neue Fusionsforschungskonsortium der EU nennt sich nun Eurofusion. Francesco Romanelli, bisheriger Leiter der EFDA, führt im Interview mit der internationalen Kernenergie-Nachrichtenagentur NucNet die Gründe für die Reorganisation aus und benennt deren Auswirkungen für die europäische Fusionsforschung.

15. Jan. 2014

NucNet: Was sind die Gründe für die Reorganisation der Fusionslandschaft in Europa?
Francesco Romanelli: Hauptgrund ist die Anpassung an die Herausforderungen, die sich in Bezug auf den Internationalen Thermonuklearen Experimentalreaktors (Iter) ergeben. Der Wechsel ist vergleichbar mit demjenigen, der sich in den frühen 1970er-Jahren im Euratom-Programm abspielte. Damals wurde entdeckt, dass der T3-Tokamak in Russland eine Temperatur von 1 keV (rund 11 Millionen Kelvin) produzierte – was ein grosser Durchbruch war. Daraufhin wurde von der Fusionsgemeinschaft, der Europäischen Kommission und den Vorsitzenden der Forschungsstätten der Entscheid getroffen, das europäische Fusionsprogramm auf die Tokamak-Technologie auszurichten und die Entwicklung einer grossen gemeinsamen Anlage in Europa voranzutreiben. Damit startete die Planung des Europäischen Gemeinschaftsexperimentes JET (Joint European Torus) in Oxford in Grossbritannien. Wir sind jetzt in einer vergleichbaren Situation. Wir müssen uns darauf vorbereiten, dass der Iter in zehn Jahren in Betrieb sein wird. Dannzumal müssen wir uns zügig an die Vorbereitung einer Demonstrations-Anlage machen.

Ist das neue Konsortium mehr auf die Lieferung von Strom fokussiert?
Wir sind immer noch in der Forschungsphase. Aber ja, wir müssen uns darauf vorbereiten, dass wir mit Fusion Strom produzieren werden. Deshalb implementieren wir unser Programm, indem wir Empfehlungen und Prioritäten der neuen «European Fusion Roadmap» umsetzen, die im November 2012 veröffentlicht wurden. Der Iter ist das Schlüsselelement dieser Roadmap. Die Roadmap ist von der EFDA unter Berücksichtigung der Empfehlungen eines Ausschusses der Europäischen Generaldirektion für Forschung entwickelt worden. Vorsitzender des Ausschusses war Albrecht Wagner, der am Deutschen Elektronen-Synchroton (Desy) und am Europäischen Kernforschungszentrums Cern in Genf arbeitete. Der Ausschuss befasste sich mit der strategischen Ausrichtung der Fusionsforschung, einschliesslich der Rolle des JET bei der Unterstützung des Iter. Zentrale Empfehlung des Ausschusses war, das europäische Fusionsforschungsprogramm umfangreich zu restrukturieren, um für die Herausforderungen bei der Inbetriebnahme des Iter gerüstet zu sein.

Was heisst das konkret? Was wird sich ändern?
Was sich ändern wird, ist, dass die Forschungsstätten unter dem Basisszenario keine Unterstützung mehr erhalten sollen. Bei der Entwicklung, der Auslegung, dem Bau und dem Betrieb einer Demonstrations-Fusionsanlage wird demnach der direkte Einbezug der Industrie in das Fusionsprogramm notwendig. In den nächsten Jahrzehnten wird das Programm von der jetzigen Wissenschafts- und Versuchsorientiertheit zu einem industrie- und technologiebasierten Projekt heranwachsen. Wir unterteilen das Programm in eine Anzahl von Arbeitseinheiten, die entweder die Produktion eines Hauptelements oder spezifische Projekte beinhalten, die sich am Roadmap-Auftrag orientieren. Dieses System bietet den EFDA-Mitgliedern die Möglichkeit, sich an Aktivitäten zu beteiligen und Nutzen aus dem Fachwissen jeder Forschungsstätte zu ziehen. Das neue Konsortium will Anstrengungen unterstützen, die das grundlegende Verständnis von Plasmaprozessen verbessern. Zudem planen wir, substanzielle Ressourcen in die Vorbereitung einer neuen Iter-Generation von Forschenden auf allen Bildungsstufen der Hochschule zu stecken. Die neue Roadmap soll am 1. Januar 2014 implementiert werden. Zusammenfassend kann man sagen, wir lenken die Stromproduktion mittels Fusion in eine ausgesprochen angewandte Richtung.

Quelle

D.S. nach NucNet, 9. Dezember 2013

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