Belgien: Plan zur Stromversorgungssicherheit

Der belgische Staatssekretär für Umwelt, Energie, Mobilität und institutionelle Reformen, Melchior Wathelet, hat am 4. Juli 2012 dem Conseil des ministres restreint seinen Plan zur nationalen Stromversorgungssicherheit vorgestellt. Ziel ist, die Kernenergiefrage abschliessend zu regeln.

6. Juli 2012
Tihange-1 (PWR, 962 MW), 25 km südwestlich von Lüttich gelegen, soll doch erst 2025 statt 2015 vom Netz genommen werden, da die belgische Regierung andernfalls Engpässe in der Stromversorgung befürchtet.
Tihange-1 (PWR, 962 MW), 25 km südwestlich von Lüttich gelegen, soll doch erst 2025 statt 2015 vom Netz genommen werden, da die belgische Regierung andernfalls Engpässe in der Stromversorgung befürchtet.
Quelle: Hullie@wikipedia.org

Belgien hatte bereits 2003 ein Gesetz verabschiedet, das mit dem Verbot des Baus neuer Kernkraftwerke und der Begrenzung der Betriebsdauer der bestehenden Blöcke auf 40 Jahre den schrittweisen Ausstieg des Landes aus der Kernenergie von 2015 bis 2025 vorsieht. Von diesem Ausstiegsplan darf allerdings laut Gesetz aus dringenden Gründen abgewichen werden, zu denen auch die Versorgungssicherheit gehört. Die Regierung unter Premier Van Rompuy hiess 2009 eine Verschiebung der Stilllegung der drei ältesten Kernkraftwerksblöcke des Landes um zehn Jahre gut. Auch die vorhergehende Regierung Leterme hatte sich bereits für eine Verschiebung des Kernenergieausstiegs ausgesprochen.

Wathelet, belgischer Staatssekretär für Umwelt, Energie, Mobilität und institutionelle Reformen der Regierung Di Rupio, die seit Dezember 2011 im Amt steht, hatte Ende 2011 angekündigt, die drei ältesten (Doel-1 und -2 sowie Tihange-1) der sieben belgischen Kernkraftwerkseinheiten doch bereits 2015 vom Netz nehmen zu wollen.

Zur Sicherung der nationalen Stromversorgung hat Wathelet seinen Plan in der Zwischenzeit überarbeitet. Der engere Ministerrat beschloss am 4. Juli 2012, darauf einzutreten und die beiden Kernkraftwerkseinheiten Doel-1 und -2 wie von Wathelet vorgeschlagen 2015 vom Netz zu nehmen, die Laufzeit von Tihange-1 jedoch um zehn Jahre bis 2025 zu verlängern. Die übrigen vier Blöcke (Doel-3 und -4 sowie Tihange-2 und -3) sollen wie bereits angekündigt bis 2025 abgeschaltet werden. Weiter werden 1000 MW nukleare Leistung auf dem Strommarkt «bereitgestellt», um den Wettbewerb zwischen den Versorgungsunternehmen zu erhöhen und damit möglichst tiefe Preise für Endkonsumenten zu erzielen. Auch hat die Regierung rechtliche Rahmenmassnahmen getroffen, um bei einem möglichen Abschalten bestehender klassisch-thermischer Anlagen einschreiten oder die Abschaltung verbieten zu können. Der engere Ministerrat beschloss zudem, dass vom Fahrplan des Kernenergieausstiegs nicht mehr einfach mit einem königlichen Erlass abgewichen werden darf. Laut dem engeren Ministerrat wird Wathelet den Stromversorgungsplan anhand dieser Entscheide fertigstellen.

Harsche Reaktion der Electrabel

Die Betreiberin aller belgischen Kernkraftwerke – die Electrabel GDF Suez – hält in einer Stellungnahme zum Beschluss vom 4. Juli 2012 – von dem sie laut eigenen Angaben aus der Presse erfahren hat – fest, dass die Regierung die Übereinstimmungserklärung vom Oktober 2009 zwischen dem belgischen Staat und der Groupe GDF Suez nicht einhalte. Diese Erklärung beinhalte klare und für beide Parteien verbindliche Zusagen, so die zehnjährige Laufzeitverlängerung der Kernkraftwerkseinheiten Doel-1 und -2 sowie Tihange-1. Laut Informationen, die der Electrabel vorlägen, verlange die Regierung eine «Bereitstellung» nuklearer Erzeugungskapazitäten, schreibt das Unternehmen weiter. Dies stimme in keiner Weise mit dem Ziel überein, die Versorgungssicherheit des Landes zu garantieren. Ausserdem verstosse die Idee einer «Bereitstellung» gegen den freien Markt, wie ihn das EU-Recht vorsehe, und verletzte klar Eigentumsrechte des Unternehmens. Die Electrabel moniert zudem, die Regierung stelle keine Grundlage zur Verfügung, damit die wirtschaftliche Nachhaltigkeit eines solchen Plans abgeschätzt werden könne, obwohl die Electrabel bedeutende Investitionen von über EUR 500 Mio. (CHF 600 Mio.) je Standort tätigen müsste.

Bericht zum Langzeitbetrieb «angemessen»

Einen Tag zuvor hatte die Agence fédérale de contrôle nucléaire (FANC-AFCN) zu dem von ihr verlangten technischen Bericht der Electrabel über die vorgesehenen Investitionen und die Planung der zehnjährigen Lebensdauerverlängerung der drei ältesten Einheiten Stellung genommen. Sie kommt darin zum Schluss, dass der im Bericht der Electrabel vorgestellte Ansatz und die geplanten Nachrüstmassnahmen «angemessen» sind. Einige zusätzliche Abklärungen seien indessen nötig.

Quelle

M.A. nach belgischem Premierminister und Electrabel, Medienmitteilungen, 4. Juli, sowie AFCN, Medienmittielung, 3. Juli 2012

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