Nuklearforums-Medienreise «Entsorgung» nach Schweden und Finnland

In Schweden und Finnland sind Endlager für schwach- und mittelradioaktive Abfälle seit Jahren in Betrieb. In Finnland ist die Standortwahl für ein Endlager für hochaktive Abfälle getroffen, in Schweden steht sie kurz bevor. Diese Tatsachen und damit die Hauptaussage, dass die Endlagerung technisch machbar, in der Schweiz aber bisher wegen politischer Probleme nicht gelöst ist, bildete ein thematischer Schwerpunkt im Programm einer vom Nuklearforum Schweiz organisierten Reise, an welcher anfangs Mai 2005 17 Journalistinnen und Journalisten teilnahmen. Begleitet wurde die Reise durch sechs Vertreter von Swissnuclear, der Nagra und des Nuklearforums Schweiz.

14. Juni 2005
Kupferbehälter im «Canister Laboratory» in Oskarshamn: In solchen Gebinden will Schweden dereinst seine Brennelemente endlagern.
Kupferbehälter im «Canister Laboratory» in Oskarshamn: In solchen Gebinden will Schweden dereinst seine Brennelemente endlagern.
Quelle: Marcel Zürcher

Das Felslabor Äspö in Schweden

Das Programm startete in Oskarshamn (Schweden) mit einem Besuch des Felslabors Äspö, wo die Svensk Kärnbränslehantering AB SKB, das schwedische Pendant zur Schweizerischen Nagra, seit 1995 ihre Forschungen betreibt. Diese haben zum Ziel, die Eignung des Grundgesteins in der Region zur Aufnahme eines Endlagers für hochaktive Stoffe noch detaillierter abzuklären, als es durch die Untersuchungen von der Oberfläche aus möglich gewesen war. Durch einen 3600 Meter langen Tunnel erreicht man auf fast 500 Metern unter Meeresniveau das eigentliche Felslabor. Es besteht aus einem Haupttunnel und Nischen, in denen Versuche durchgeführt werden. Das Felslabor wird keine Abfälle aufnehmen, es dient alleine der Forschung. Finnland, Frankreich, Japan, Spanien, die Schweiz, die USA und die EU sind an der Forschung beteiligt. Das schwedische Konzept sieht vor, in Granit Endlager für hochaktive und schwach- und mittelaktive Abfälle (bereits realisiert) zu errichten. Die Tests im Felslabor dienen der Abklärung der Langzeitsicherheit, der Erforschung der natürlichen Bedingungen im Gestein und des Zusammenspiels zwischen den technischen Barrieren. Das Ziel ist ein Endlager für hochaktive Abfälle.

Canister Laboratory in Oskarshamn

Im Anschluss daran folgte ein Besuch im Canister Laboratory. Dieses befindet sich im Hafenbereich auf dem Gebiet der Gemeinde Oskarshamn. Im Konzept der Schweden bilden die technischen Barrieren (speziell die Kupferbehälter für abgebrannte Brennelemente) eine entscheidende Rolle für die Langzeitsicherheit eines geologischen Tiefenlagers. Das nasse Regime des Granits (teilweise Wasserfluss) fordert ein starkes und langlebiges technisches Barrierenkonzept. Die radioaktiven Stoffe müssen möglichst lange durch die «physikalische Barriere Lagerbehälter» isoliert werden. Die Rolle der Canister Laboratories ist die Entwicklung der anspruchsvollen Einschlusstechnologie für abgebrannte Brennelemente in massiven Kupferbehältern. Vor allem das Verschweissen von Deckel und Behälterstehtim Fokus der Technologie-Entwicklung. Auch Dichteprüfungen sind wichtige Elemente der Arbeiten. Strahlenschutz ist in dieser Anlage nicht nötig, da keine Tests mit radioaktiven Materialien durchgeführt werden.

Die Halbinsel Olkiluoto in Finnland

Auf der Halbinsel Olkiluoto in Finnland konnten die Reiseteilnehmer am nächsten Tag ein breites Spektrum von Kernenergie-Anlagen und -Projekten kennenlernen: Auf diesem Gelände betreibt die Posiva Oy (das finnische Pendant zur Nagra) ihr Zwischenlager für abgebrannte Brennelemente und ein Endlager für schwach- und mittelaktive Abfälle. Sie errichtet dort zudem das Felslabor Onkalo, das als Vorstufe für das gleichenorts bewilligte Endlager für hochaktive Abfälle dient. Olkiluoto ist gleichzeitig Standort von zwei Kernkraftwerken (Olkiluoto-1 und -2) und seit einiger Zeit Bauplatz für das fünfte finnische Kernkraftwerk, Olkiluoto-3.

Am Standort Okiluoto, wo bereits zwei Kernkraftwerke in Betrieb stehen, kommen die Bauarbeiten für den weltweit ersten europäischen Druckwasserreaktor vom Typ EPR voran.
Am Standort Okiluoto, wo bereits zwei Kernkraftwerke in Betrieb stehen, kommen die Bauarbeiten für den weltweit ersten europäischen Druckwasserreaktor vom Typ EPR voran.
Quelle: Marcel Zürcher

Das zentrale Zwischenlager

Die «Interim Storage Facility for Spent Fuel» (zentrales Zwischenlager für abgebrannte Brennelemente) wurde 1987 in Betrieb genommen und liegt an der Oberfläche. Es nimmt alle hochaktiven Abfälle bzw. abgebrannten Brennelemente Finnlands auf. Nachdem die Brennelemente aus dem Reaktor entnommen worden sind, bleiben sie rund ein bis drei Jahre vor Ort in Nasslagern. In dieser Zeit zerfällt über 90% der Anfangsradioaktivität. Danach werden die Brennelemente per Transportbehälter (Bahn, Schiff oder LKW) in die «Interim Storage Facility» transportiert, wo sie mindestens 20 Jahre zwischengelagert werden. Die Brennelemente werden in Wasser nassgelagert, welches zur Abschirmung der Strahlung und gleichzeitig zur Kühlung dient.

Endlager für schwach- und mittelaktive Abfälle

Finnland betreibt für die Entsorgung schwach- und mittelaktiver Abfälle aus den vier Reaktoren zwei geologische Tiefenlager an den Kernkraftwerk-Standorten: bei Olkiluoto seit 1992 (Ulko-pää cape, weniger als einen Kilometer entfernt von den Kernkraftwerken) und in Loviisa seit 1997. Die Untersuchungen des Gesteins in Olkiluoto begannen 1980. Die beiden Silos liegen in einer Tiefe zwischen 60 und 100 Metern unter der Oberfläche. Jedes Silo fasst je rund 8000 Kubikmeter. Zur Zeit befinden sich rund 4000 Kubikmeter schwach- und mittelaktiver Abfall in den beiden Silos.

Das Felslabor Onkalo

«Onkalo» ist der Name des Felslabors des künftigen Endlagers für hochaktive Abfälle in Finnland. Die Posiva Oy hat die Rahmenbewilligung für ihr geologisches Tiefenlager im Dezember 2000 mit grossem Mehr des Parlamentes erhalten. Mit Onkalo will die Posiva Oy das künftige Lagergestein am Standort genau charakterisieren, erkunden und die definitive Eignung bestimmen. Im Juni 2004 wurde mit dem Bau des Zugangstollens von der Oberfläche her begonnen. Das Labor wird laufend erweitert und soll 2008 fertig gebaut sein. Der bestehende Zugang zum Felslabor wird später auch der Zugang des geologischen Tiefenlagers sein. Er wird eine gesamte Länge von 5,5 km aufweisen. Bis 2010 sollen auf zwei Niveaus (bei 420 Metern und bei 520 Metern, was dem künftigen Lagerniveau entspricht) Untersuchungen zur Eignung des Gesteins und zu Einlagerungstechniken durchgeführt werden. Onkalo wird unmittelbar am Zugangsstollen des künftigen Lagers liegen. Das Labor erlaubt, vor der Einlagerung der ersten Behälter mit hochaktiven Brennelementen, Einlagerungstechniken unter realistischen Bedingungen zu testen.

Vor dem Eingang zu Onkalo: Das künftige Endlager für hochaktive Abfälle in Finnland
Vor dem Eingang zu Onkalo: Das künftige Endlager für hochaktive Abfälle in Finnland

Bau einer Verpackungsanlage für Brennelemente

Ab 2010 wird Finnland mit dem Bau einer «encapsulation plant» (Verpackungsanlage) an der Oberfläche und des eigentlichen Tiefenlagers beginnen. Auch Finnland (analog zu Schweden) kennt mit geringen technischen Abweichungen das Konzept der Kupferbehälter. Bis 2020 soll der erste Teil der Lagerstollen bereit sein. Anschliessend kann die Einlagerung der (vermutlich weltweit ersten) abgebrannten Brennelemente im geologischen Tiefenlager beginnen. Der Verschluss der Anlage ist nach dem Jahr 2120 geplant.

Auf der Baustelle von Olkiluoto-3

Als Höhepunkt der Reise betrachteten viele der Teilnehmer den Besuch auf der Baustelle für das fünfte finnische Kernkraftwerk, Olkiluoto-3. Die Betreiberin der Kernkraftwerke Olkiluoto, die Teollisuuden Voima Oy (TVO), erhielt anfangs 2005 von der Standortgemeinde Eurajoki und von der finnischen Regierung die notwendigen Bewilligungen, worauf der Bau gestartet wurde. Olkiluoto-3 ist weltweit das erste Kernkraftwerk des Typs European Pressurized Water Reactor (EPR), das gebaut wird. Entwickelt wurde dieser KKW-Typ vom französisch-deutschen Konsortium Framatome ANP, einem Joint Venture der französischen Areva und der deutschen Siemens.

Quelle

H.R. und Heinz Sager, Nagra

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