Sicherheitsreserven bei auslegungsüberschreitenden Störfällen

In ihrem Forschungszentrum in Erlangen betreibt die Siemens AG, Bereich Energieerzeugung (KWU), eine Hochdruckversuchsanlage zur Klärung thermohydraulischer Fragestellungen.

14. Jan. 1999

So wurden mit dieser Anlage an einem Originaldampferzeugerrohr der Einfluss einer Einschnürung auf die sekundärseitige Wärmeübertragung sowie die Übertragungsleistung von Dampfumformern gemessen. In einem anderen Vorhaben wurden die Hüllrohrtemperaturen von nachgebildeten Brennelementausschnitten bestimmt, wobei unterschiedliche Abstandhalter eingesetzt wurden.
Die aktuellen Messungen, die im akkreditierten wärmetechnischen Prüflabor in Erlangen durchgeführt wurden, zeigen, dass bei Leichtwasserreaktoren unter bestimmten Randbedingungen bisher nicht berücksichtigte Sicherheitsreserven bei auslegungsüberschreitenden Störfällen existieren. Bislang war nicht nachvollziehbar, warum es 1979 beim TMI-Störfall zu keinem Anschmelzen der Wand des Reaktordruckbehälters gekommen ist, obwohl etwa 20 Tonnen geschmolzenes Inventar ins untere Plenum gelangt sind und die entsprechende Nachzerfallswärme abzuführen war. Nachgewiesen war bereits, dass das geschmolzene Kernmaterial beim Kontakt mit dem noch im Reaktordruckbehälter verbliebenen Wasser verkrustete und sich so Spalten zwischen Schmelze mit poröser Kruste und der Behälterwand bilden konnten. Die neuen Experimente von Siemens weisen darauf hin, dass in diesem Fall die intensive Kühlung durch Verdampfung des Wassers ausreicht, um die Nachzerfallswärme abzuführen, so dass es nicht zu einer Überhitzung der Behälterwand kommt.
Für die experimentelle Verifikation der Spaltkühlung wurde eine Hochdruckversuchsanlage eingesetzt, in die eine der Aufgabe speziell angepasste Testapparatur integriert wurde. Damit war es möglich, die Spaltweite zwischen simulierter Debris-Kruste und Behälterwand sowie den Systemdruck zu variieren. Zur Bestimmung der maximal möglichen Wärmeabfuhr wurde der Wärmeeintrag aus dem nachgebildeten Kernmaterial durch elektrische Beheizung solange erhöht, bis der Anstieg der Heizflächentemperatur das Auftreten der Siedekrise signalisierte. Dabei zeigte sich, dass selbst bei sehr geringen Spaltweiten grosse Wärmemengen an das Wasser abgeführt werden können. Da die Nachbildung der Reaktordruckbehälterwand dabei gut gekühlt blieb, lässt sich ableiten, dass - eine Wasserüberdeckung des Spalts vorausgesetzt - dieser Kühlmechanismus eine Überhitzung der Wand bei Kernschmelzunfällen vermeiden kann.

Quelle

H.K. nach Siemens Service & Fuel 4/98

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