Vorentwurf für "Iter light" bewilligt

Das Aufsichtsgremium des Projekts "Internationaler Thermonuklearer Experimentalreaktor" (Iter) hat an seiner Sitzung vom 19. und 20. Januar 2000 in Tokio einer kostenreduzierenden Überarbeitung des Projektentwurfs zugestimmt.

26. Jan. 2000

Der Iter ist der nächste Meilenstein in der Entwicklung der Kernfusion. Er wird von den grossen Fusionsprogrammen der Welt - in Europa, Japan und der Russischen Föderation - gemeinsam vorbereitet. Der Experimentalreaktor soll zeigen, dass es möglich ist, aus der Verschmelzung von Atomkernen Energie zu gewinnen und so die Energieerzeugung der Sonne auf der Erde nachzuvollziehen. Dem Aufsichtsgremium gehören Regierungsvertreter sowie Wissenschaftler aller beteiligten Staaten an.
Der Projektentwurf wurde wegen Finanzschwierigkeiten in den Partnerländern überarbeitet. Dazu waren die technischen Ziele der Anlage abzuschwächen, ohne die Ziele des ganzen Programms zu verletzen. So weit als möglich sollte dabei auf die vorhandenen Entwürfe zurückgegriffen werden. Mit einer Verkleinerung des Plasmavolumens von ursprünglich 2000 auf 840 m3 lassen sich die Baukosten von DM 13 Mrd. ungefähr halbieren. Die gewichtigsten Einsparungen ergeben sich bei den Gebäuden und den supraleitenden Magnetspulen, deren Kosten durch die Grössenreduzierung um mehr als die Hälfte geringer werden. Der von den Spulen erzeugte Magnetfeldkäfig schliesst einen Plasmaring ein, dessen Radius von zuvor 8 auf jetzt 6 m gekürzt wurde. Daraus folgt eine reduzierte Fusionsleistung von 500 MW (zuvor 1500) und ein Energiegewinnungsfaktor von etwa 10, d.h. das Zehnfache der zur Plasmaheizung aufgewendeten Energie wird als Fusionsenergie gewonnen.
Neben der Verkleinerung der Anlage und der damit verbundenen Einschränkung der technischen Ziele konnte man zur Kostensenkung ebenso neue technologische Erkenntnisse nutzen. So sind die im Iter-Technologieprogramm gewonnenen fertigungstechnischen Erfahrungen in den Neuentwurf eingeflossen. "Auf diese Weise ist es gelungen, das ursprüngliche Konzept so zu verändern", so der Iter-Direktor Robert Aymar, "dass auch die verkleinerte Maschine - wenn auch mit weniger anspruchsvollen Zielwerten - alle zur Vorbereitung eines Fusionskraftwerks nötigen Aspekte untersuchen kann. Mit dem jetzt auf 6 m reduzierten Plasmaradius haben wir dabei allerdings die unterste Grenze erreicht."
Das mit Iter angestrebte Ziel der weltweiten Fusionsforschung ist es, erstmals ein für längere Zeit energielieferndes Plasma zu erzeugen. Zudem soll der Experimentalreaktor wesentliche technische Funktionen eines Fusionskraftwerks testen. Brennstoff für diese nahezu unerschöpfliche Energiequelle ist ein dünnes Gas aus den beiden Wasserstoffisotopen Deuterium und Tritium. Zum Entfachen des Fusionsfeuers muss es gelingen, den Brennstoff in Magnetfeldern einzuschliessen und auf extrem hohe Temperaturen aufzuheizen.
Das Iter-Projekt wurde 1985 in Gesprächen des damaligen sowjetischen Generalsekretärs Gorbatschow mit den Präsidenten Frankreichs und der USA, Mitterand und Reagan, eingeleitet. Von 1988 bis 1990 arbeitete die europäisch-japanisch-amerikanisch-russische Iter-Studiengruppe im Max-Planck-Institut für Plasmaphysik (IPP) in Garching als Gastlabor am Entwurf des Versuchsreaktors. In der anschliessenden detaillierten Planungsphase von Juli 1992 bis Juli 1998 war das gemeinsame Team an drei Fusionszentren beschäftigt: in San Diego, im japanischen Naka und wiederum am IPP. Mit dem 1998 vorgelegten Abschlussbericht (Bulletin 6/1998) lagen erstmals detaillierte Baupläne für einen experimentellen Fusionsreaktor vor - das gebündelte physikalische und technologische Wissen der weltweiten Fusionsforschung.
Obwohl damit aus wissenschaftlich-technischer Sicht aller Beteiligten eine ausreichende Grundlage für den Bau der Anlage vorlag und die Kosten von DM 13 Mrd. im zuvor genehmigten Finanzrahmen blieben, konnte man angesichts der Finanzschwierigkeiten in den Partnerländern nicht zu einer Bauentscheidung kommen. 1998 zogen sich die USA - zumindest vorübergehend - aus dem Projekt zurück, beteiligten sich aber noch bis Mitte 1999 an den Iter-Technologieprojekten. Die verbleibenden Partner beschlossen, den Iter-Entwurf kostensparend zu überarbeiten. Die Planungsphase wurde daher um drei Jahre verlängert; zugleich begann man mit Vorverhandlungen für den gemeinsamen Bau des Iter. Die Planungsarbeiten auf der Basis des jetzt genehmigten Vorentwurfs sollen Mitte 2001 beendet sein. Ungefähr zehn Jahre nach der Baugenehmigung könnte der Iter das erste Plasma erzeugen.

Quelle

M.S. nach Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Plasmaphysik, 27. Januar 2000

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