Wie gut geht Klimaschutz ohne Kernenergie?

Jahresversammlung 2020 des Nuklearforums Schweiz

«Geht Klimaschutz ohne Kernenergie?» – Diese Frage stand im Mittelpunkt der Jahresversammlung 2020 des Nuklearforums Schweiz in Bern. Die Kernenergie sorgt seit Jahrzehnten zusammen mit der Wasserkraft für beinahe CO2-freien Schweizer Strom. Nach dem Ende der Schweizer Kernkarftwerke wird es schwierig, die Emissionen auf ähnlich tiefem Niveau zu halten. Neben Lukas Aebi, Geschäftsführer des Nuklearforums, äusserten sich auch ETH-Professor Reto Knutti und die Spitzen der Jungparteien in einer live übertragenen angeregten Diskussion zu dem Thema.

4. Nov. 2020
Jahresversammlung in Corona-Zeiten
Assemblée annuelle en période de COVID-19: Lukas Aebi, secrétaire général du Forum nucléaire suisse; Reto Knutti de l’EPF de Zurich; Ronja Jansen, Jeunesse socialiste Suisse; Julia Küng, Jeunes vert-e-s Suisse; Reto Brennwald; Matthias Müller, Jeunes vert’libéraux Suisse; Tobias Vögeli, Jeunes vert’libéraux Suisse; Sarah Bünter, Jeunes PDC; Alain Bütler, Jeunes UDC Argovie (de gauche à droite).
Quelle: Forum nucléaire Suisse

In vielen Staaten spielt die Kernenergie weiterhin eine wichtige Rolle in der Klimapolitik. Die Schweiz dagegen soll bis 2050 unter dem Strich keine Treibhausgase mehr ausstossen und in ungefähr der gleichen Frist auf ihre Kernkraftwerke und damit auf eine wichtige Stütze ihrer beinahe CO2-freien Stromversorgung verzichten.

Bei der Nachhaltigkeit die Besten auch dank Kernenergie
Lukas Aebi, Geschäftsführer des Nuklearforums, erinnerte an der Jahresversammlung an über 50 Jahre zuverlässige und klimaschonende Stromproduktion: «Dank Wasserkraft und Kernenergie mussten wir uns bis anhin in der Klimapolitik keine Gedanken um die inländische Stromproduktion machen. Das belegt einmal mehr auch der Weltenergierat in seinem jüngsten Energy Trilemma Index, wo wir – vor allem wegen unseres sauberen Stroms – auf dem ersten Gesamtrang liegen. Bei der Nachhaltigkeit der Energieversorgung sind wir die Besten». Der möglichst lange Weiterbetrieb der Schweizer Kernkraftwerke bewahre die Schweiz vor grossen, teuren und unter Umständen dreckigen Stromimporten, so Aebi. «Der Langzeitbetrieb ist ein wichtiger Beitrag zu einer glaubwürdigen und wirksamen Klimapolitik der Schweiz». Er appellierte an die Politik, die Rahmenbedingungen für den Betrieb der Kernkraftwerke nicht zusätzlich zu verschlechtern.

Noch nie so viele Möglichkeiten, aber wenig Zeit
Reto Knutti, seit 2007 Professor für Klimaphysik an der ETH Zürich und Hauptautor des vierten und fünften Klimaberichts des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC), hielt an der Jahresversammlung das Impulsreferat über die Herausforderungen des Klimawandels für die Schweizer Wirtschaft und Gesellschaft. «Die Auswirkungen des Klimawandels sind langfristig überwiegend negativ. Wir haben wenig Zeit zum Entscheiden, aber unser Handeln wird die Welt über Jahrhunderte prägen», sagte Knutti. Die CO2-Emissionen müssten in wenigen Jahrzehnten null sein, wofür die bisherigen Zusagen bei Weitem nicht genügen würden. «Nichts tun kostet langfristig mehr. Der Schweiz kommt eine Vorreiterrolle zu. Wir können die Zukunft gestalten. Alle können und müssen dazu beitragen, und wir hatten noch nie so viele Möglichkeiten wie jetzt. Aber ohne Rahmenbedingungen wird es nicht gehen», so Knutti.

Klimaschutz mit oder ohne Kernenergie?
Nach Knuttis Input befasste sich das Podium und der Moderator Reto Brennwald mit den Möglichkeiten und Grenzen der Klimapolitik mit und ohne Kernenergie. Die Positionen der Jungpolitiker waren wie erwartet sehr unterschiedlich. Ronja Jansen, Präsidentin Juso Schweiz und Julia Küng, Co-Präsidentin Junge Grüne Schweiz, sprachen sich deutlich gegen Kernenergie aus. «Kernenergie und fossile Energieformen sind keine Energien der Zukunft», betonten beide. Auch Tobias Vögeli, Präsident Junge Grünliberale Schweiz, sieht in der Kernenergie langfristig keine Option, auch wenn der Weltklimarat dieser Technologie eine wichtige Rolle zuordne. «Es geht nicht nur um den Klimaaspekt dieser Technologie, wenn wir über die Energieversorgung der Zukunft sprechen. Dafür verursacht die Kernenergie zu viele Probleme, wie die Endlagerung oder die Uranförderung.»

Matthias Müller, Präsident Jungfreisinnige Schweiz, hält dagegen die Kernenergie für unverzichtbar im Energiemix und betonte das Innovationspotenzial der Technologie: «Klimapolitisch macht der Verzicht auf Kernenergie keinen Sinn. Wir sollten die ideologischen Scheuklappen ablegen. Wie sollen wir denn den erheblichen Anteil der Kernenergie ersetzen, wenn wir bis 2050 klimaneutral sein wollen?»

Sarah Bünter, Präsidentin Junge CVP, unterstrich die Entscheidung des Schweizer Volkes zur Energiestrategie 2050, die den Ausstieg aus der Kernenergie vorsehe: «Ich meine, wir sind verpflichtet, diesen Weg auch zu gehen.»

Alain Bütler, Präsident Junge SVP Aargau, betonte die Bedeutung der Kernenergie für die Stromversorgung vor allem auch für die Industrie und im Winter. «Vielleicht werden wir noch merken, dass die Kernkraft doch nicht so falsch ist, wenn wir etwas für das Klima machen und gleichzeitig Versorgungssicherheit haben wollen.»

Kontakt

Stefan Diepenbrock, Leiter Kommunikation, stefan.diepenbrock@nuklearforum.ch  
Matthias Rey, Media Relations, matthias.rey@nuklearforum.ch
 
Nuklearforum Schweiz, Frohburgstrasse 20, 4600 Olten
Tel.: +41 (0)31 560 36 50

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