Grossbritannien: Rohrdefekt-Zwischenfall in Thorp

Wegen eines am 19. April 2005 entdeckten Rohrdefekts im Vorlagefiltrierbehälter wurde die Wiederaufarbeitungsanlage für Leichtwasserreaktor-Kernbrennstoffe Thorp (Thermal Oxide Reprocessing Plant) in Sellafield abgestellt.

26 mai 2005
Rohrbruch-Zwischenfall in der Wiederaufarbeitungsanlage Thorp (dunkles Gebäude in der Bildmitte): Ursache geklärt.
Rohrbruch-Zwischenfall in der Wiederaufarbeitungsanlage Thorp (dunkles Gebäude in der Bildmitte): Ursache geklärt.
Source: British Nuclear Fuels plc (BNFL)

Der Vorfall wurde der Stufe 3 der internationalen Störfall-Bewertungsskala für Kernanlagen (Ines) zugeordnet, wie die Internationale Atomenergie-Organisation (IAEO) mitteilte.
Gemäss einem Bericht, den die Betreiberin von Thorp, British Nuclear Group, am 12. Mai bei der IAEO einreichte, wurde der Rohrdefekt mit einer Videokamera in einer Zufuhrleitung zu einem Eingangs-Messtank festgestellt. Durch das Leck floss eine bedeutende Menge Lösungsflüssigkeit aus dem gebrochenen Rohr (primäres Containment) in die umgebende Edelstahlzelle, was zur Korrosion einiger Stahlstrukturen im Innern der Zelle führte. Laut Bericht beträgt das Flüssigkeitsvolumen rund 83 m3. Es handelt sich um Salpetersäure mit gelöstem bestrahltem Uran, dem zugehörigen Plutonium und Spaltprodukten.
Wie der Bericht bzw. eine detaillierte Medienmitteilung der British Nuclear Group vom 27. Mai 2005 festhalten, kam es zu keiner Strahlenexposition von Arbeitern und zu keiner anormalen Abgabe von Radioaktivität an die Umgebung. Die mit Edelstahl ausgekleidete Zelle mit dicken Betonwänden sei als sekundäres Containment für das Auffangen wesentlich grösserer Mengen austretender Lösungsflüssigkeit ausgelegt, und es gebe keine Hinweise auf irgend ein Leck in der Zelle. Die Zelle sei mit einem technischen System ausgestattet, mit dem die Flüssigkeit vom Zellenboden in Tanks des primären Containments zurückgepumpt werden könne. «Es gibt kein Kritikahtätsrisiko in der Zelle, und die Situation innerhalb der Zelle und in der übrigen Anlage ist stabil», unterstreicht der Bericht. Laut der Medienmitteilung vom 27. Mai 2005 hat die Rückführung der Flüssigkeit begonnen und soll rund weitere vier Wochen dauern. Barry Snelson, Direktor in Sellafield, versicherte: «Gemäss den heute zur Verfügung stehenden Informationen sind wir zuversichtlich, dass wir Thorp wieder in Betrieb nehmen können.»
Ein Untersuchungsausschuss wurde einberufen, der die Ursache des Rohrdefekts ermittelt, zusammen mit einer Projektgruppe, die bestellt wurde, um die defekte Rohrleitung zu untersuchen und das Vorgehen zur Wiederinbetriebnahme der Anlage festzulegen. Die Hauptereignisse der Untersuchung wurden von der British Nuclear Group wie folgt zusammengefasst:

  • - Das Rohr versagte wegen eines Ermüdungsbruchs. Grund war die erhöhte Beanspruchung, denn das Rohr war an einem - zum Wägen seines Inhalts - beweglich aufgehängten Tank befestigt. Dies ist der einzige Ort in Thorp (und ganz Sellafield), wo solche Tanks verwendet werden.
  • - Das sekundäre Containment verhielt sich auslegungsgemäss. Nachdem das Rohr brach, wurde das heraustretende Material im dafür vorgesehenen Raum gesammelt, wobei eine Freisetzung und Gefährdung der Umwelt und Angestellten verhindert wurden.
  • - Die Ursache des Defekts liegt an einer Änderung in der Auslegung der Tankaufhängung, welche zu einer Belastung des Rohrs führte, die höher ausfiel als erwartet.
  • - Es gibt Anzeichen, dass das Rohr bereits im August 2004 undicht wurde. Der Rohrdefekt (Zeitpunkt, ab dem bedeutende Mengen an Flüssigkeit in die Zelle flössen) ist sehr wahrscheinlich Mitte Januar 2005 aufgetreten.
  • - In der Periode zwischen Januar 2005 (ev. früher) und 19. April 2005 wurden Gelegenheiten - wie Probeentnahmen in der Zelle und Füllstandmessungen - verpasst, die aufgezeigt hätten, dass Material in das sekundäre Containment floss. Zu diesem Zeitpunkt hätte das Leck zwar nicht verhindert werden können, aber durch die Wahrnehmung dieser Gelegenheiten wäre bedeutend weniger Flüssigkeit freigegeben worden.

Die Untersuchung ergab folgende Empfehlungen, die in drei Kategorien eingeteilt werden können:

  • - Durch eine detaillierte ingenieurtechnische Nachprüfung sicherstellen, dass mögliche spannungsinduzierte Materialermüdungen in Sellafield durchgehend angemessen angegangen werden.
  • - Verbessern des Unterhalts, der Überprüfung und der Verlässlichkeit der Zellinstrumentation und anderer Systeme, die auf Werksanomalien hindeuten können.
  • - Überprüfen der Betriebspraxis innerhalb des gesamten Werks um sicherzustellen, dass aus den Fehlern gelernt wird und Verbesserungen in die Tat umgesetzt werden.

Source

M.A./P.H. nach British Nuclear Group, Pressemitteilungen, 10. und 27. Mai 2005 und NucNet, 18. Mai 2005

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