Sicherheit in Kernkraftwerken
Zur nuklearen Sicherheit gehören technische Massnahmen wie gestaffelte Barrieren und mehrfach vorhandene Notfallsysteme. In der Schweiz herrscht darüber hinaus eine hohe Sicherheitskultur. Die Kernkraftwerke werden vorausschauend modernisiert und gewissenhaft gewartet.

Sicherheit ist in Atomkraftwerken oberstes Gebot und geht über Wirtschaftlichkeit. So will es das Kernenergiegesetz, und so verlangt es jeder Betreiber im eigenen Interesse. Denn nur eine sichere Anlage ist auch eine wirtschaftliche Anlage. Ob ein Kernkraftwerk sicher genug für den Betrieb ist, überprüft das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat (Ensi). Ohne dessen jährliche Betriebsfreigabe im Anschluss an die Jahreshauptrevision geht kein Kernkraftwerk ans Netz. Bei Zweifeln an der Sicherheit kann das Ensi jederzeit die vorzeitige Ausserbetriebnahme verfügen. Deshalb ist auch keine gesetzliche Laufzeitbegrenzung der Kernkraftwerke nötig.
Die Kernreaktoren sind so gebaut, dass sie der Betriebsmannschaft selbst bei schweren Störfällen genügend Zeit zum Eingreifen lassen. Die Sicherheitssysteme sind so ausgelegt, dass sie auch schwere Störfälle beherrschen. Zudem arbeiten Wissenschaftler und Ingenieure seit Beginn der Kerntechnik daran, die Sicherheit der Kernkraftwerke weiter zu verbessern. Neue Forschungserkenntnisse fliessen in Modernisierungen ein, sodass die Anlagen stets auf dem aktuellen Stand der Nachrüstungstechnik bleiben.
Durch die permanenten Nachrüstungen sind die Schweizer Kernkraftwerke heute sicherer denn je. Es ist heute gemäss Ensi-Direktor Hans Wanner um den Faktor 100 sicherer als bei seiner Inbetriebnahme. So wurden beispielsweise Sicherheitssysteme, die in Fukushima für die Beherrschung des Unfalls entscheidend fehlten, hierzulande schon in den 1990er-Jahren nachgerüstet.
Allein das Kernkraftwerk Leibstadt hat seit der Inbetriebsetzung im Jahr 1984 rund 1,5 Milliarden Franken in die Erneuerung der Anlage und damit auch in die Sicherheit investiert.
Dank dieser ausgeprägten Sicherheitskultur gehört die Kernenergie in den westlichen Industrieländern zu den sichersten Energiesystemen. Anlagen wie jene in Fukushima, welche seit ihrer Inbetriebnahme kaum mehr nachgerüstet wurden, wären in der Schweiz längst stillgelegt worden.
Vorsorge für alle Fälle
Auch wenn Menschen Fehler machen oder die Technik versagt, muss die Sicherheit einer Kernanlage permanent gewährleistet sein. Dazu kombinieren Kernkraftwerke bauliche, technische und organisatorische Sicherheitsmassnahmen, die laufend der Entwicklung der Technik angepasst werden:
- Betrieb der Kernkraftwerke nach strenger Gesetzgebung und präzisen Richtlinien auf Basis technisch-wissenschaftlicher Grundlagen (Kernenergiegesetz, Kernenergieverordnung und viele andere mehr). Transparente Darstellung der Sicherheitsanforderungen und Kriterien für die Arbeit der Aufsichtsbehörde.
- Aufsicht durch die Kontrollbehörde ENSI über regelmässige Inspektionen und periodische Sicherheitsüberprüfungen. Grundlagen und Richtlinien für die Aufsicht werden vom ENSI nach dem Stand von Wissenschaft und Technik weiterentwickelt.
- Gute Aus- und Weiterbildung der Mitarbeitenden der Kernkraftwerke einschliesslich regelmässiger Prüfungen. So müssen Operateure, ähnlich wie Piloten, im Kontrollraum-Simulator eine vorgeschriebene Anzahl Trainingsstunden erfolgreich absolvieren, um ihre Lizenz regelmässig zu erneuern.
- Laufende Investitionen in die Sicherheit, sodass die Anlagen stets auf dem Stand der Nachrüstungstechnik sind.
- Auslegung der Sicherheitssysteme der Kernkraftwerke: alle plausiblen Störfälle werden ohne Gefährdung von Mensch und Umwelt beherrscht.
- Mehrfache und voneinander unabhängige Sicherheitssysteme – beispielsweise Notkühlsysteme – gewährleisten die Sicherheit auch dann, wenn einzelne Teile versagen oder ein ganzes System ausfällt.
- Schutz durch übereinanderliegende Barrieren, die auch bei einem schweren Unfall den Austritt von radioaktiven Stoffen in die Umwelt sehr unwahrscheinlich machen.
- Autarke, gebunkerte Notstandssysteme bieten einen sehr hohen Schutzgrad gegen externe Ereignisse wie Erdbeben und Überflutung. Sie übernehmen die wichtige Wärmeabfuhr der Reaktoren, sollten selbst Notsysteme versagen.
- Wasserstoff-Rekombinatoren verhindern bei einer Kernschmelze die gefürchteten Wasserstoffexplosionen, die das Barrierensystem verletzen könnten.
Aus Störfällen und Fehlern lernen Kerntechniker weltweit. Die Kernkraftwerke in der Schweiz pflegen eine offene Fehlerkultur und einen intensiven Erfahrungsaustausch.