Szenario für weitere Nutzung der Kernenergie in der Schweiz

White Paper des Nuklearforums «Innovation und Wirtschaftlichkeit bei Kernkraftwerken»

Das Nuklearforum Schweiz zeigt in einem neuen White Paper einen möglichen Weg für die weitere Nutzung der Kernenergie in der Schweiz auf. Angesichts der enormen Herausforderungen für eine sichere Stromversorgung und des Klimawandels sollten alle klimafreundlichen Stromerzeugungstechnologien technologieoffen und nach ökonomischen Gesichtspunkten betrachtet werden.

19. Dez. 2023
Small Modular Reactor BWRX-300 von GE Hitachi
Der Small Modular Reactor BWRX-300 von GE Hitachi ist derzeit einer der am weitesten fortgeschrittenen SMR-Typen. Er soll 2028 erstmals in Kanada gebaut werden.
Quelle: GE Hitachi Nuclear Energy

Das neue White Paper «Innovation und Wirtschaftlichkeit bei Kernkraftwerken», verfasst von einer Arbeitsgruppe des Nuklearforums, setzt sich mit den Fragen auseinander, welche Hürden es in der Schweiz für die Kernenergie gibt und was notwendig ist, um der Technologie wieder zum Durchbruch zu verhelfen. «Es braucht nicht Kernenergie oder erneuerbare Energien. Es braucht schlicht alle möglichen Quellen, um den Herausforderungen der Zukunft begegnen zu können», so Hans-Ulrich Bigler, Präsident des Nuklearforums.

Anhand von Beispielen aus dem Ausland zeigt das White Paper, dass sich die internationale Nuklearbranche sehr dynamisch entwickelt und eine Vielzahl neuer Lieferanten und Konzepte hervorgebracht habe. Insbesondere bei den kleinen, modularen Reaktoren (Small Modular Reactors - SMR) sei ein regelrechter Boom ausgebrochen – insbesondere in Kanada, den USA und Grossbritannien. In der Kernenergie habe international eine neue Welle an Innovation und Dynamik begonnen. «Der weltweite Trend, im Rahmen der Dekarbonisierung und gleichzeitigen Sicherstellung von Versorgungssicherheit auf die Kombination aus Kernenergie und erneuerbaren Energie zu setzen, sorgt international für eine noch bedeutendere Rolle der Kernenergie», so die Autoren. Angesichts von Energiekrisen und Klimawandel setzen auch gerade in Europa wieder mehr Länder auf den Ausbau der oder den Einstieg in die Kernenergie.

Langzeitbetrieb und Wirtschaftlichkeit neuer Anlagen
Die Berechnungen zeigen, dass die laufenden Kernkraftwerke der Schweiz im Vergleich zu anderen Energieformen tiefe Gestehungskosten haben. Der Langzeitbetrieb ist und bleibt damit eine sehr wirtschaftliche Option. Zur Frage nach der Wirtschaftlichkeit neuer Kernkraftwerke hat die Arbeitsgruppe aktuellen Berechnungen der Gestehungskosten verschiedener Energiequellen vorgenommen und kommt zu dem Schluss: «Im Ergebnis bleibt die Kernenergie eine wirtschaftlich attraktive Option.». Zwar bestünden grosse Unterschiede bei den Anfangsinvestitionen. Die lange Laufzeit und die enormen Mengen an klimafreundlicher Energie, welche über Jahrzehnte aus Kernkraftwerken gewonnen werden können, führten aber insgesamt zu wettbewerbsfähigen Gestehungskosten.

In verschiedenen Szenarien denken
Vor diesem Hintergrund weist das White Paper einen möglichen Weg, falls in der Schweiz doch wieder einmal neue Kernkraftwerke gebaut werden sollten. Grundsätzlich verfüge das Land derzeit über eine Reihe von Standortvorteilen: Eine bestehende Nuklearindustrie, die über das notwendige Know-how verfügt und die seit Jahrzehnten die Kernkraftwerke sicher und mit hoher Verfügbarkeit betreibt. Dazu kommen mit dem Paul Scherrer Institut (PSI) und den zugehörigen Laboratorien der ETH Zürich und der EPF Lausanne Forschungsinstitutionen, die auf dem weltweit neuesten Stand sind und diesen Stand auch an die Industrie weitergeben.

Das Szenario des White Papers sieht unter anderem eine breit angelegte Informationspolitik gegenüber der Bevölkerung vor. In Bezug auf die gesetzlichen Rahmenbedingungen sollte in der Schweiz unter Beteiligung aller relevanten Stakeholder eine Roadmap erstellt werden. Damit könnten die konkreten Schritte hin zu neuen Nuklearanlagen aufgezeigt, Konfliktpotenziale vorweggenommen und die Akzeptanz sichergestellt werden. Zu den weiteren Rahmenbedingungen skizziert die Arbeitsgruppe die Förderung der Forschung und Ausbildung sowie die technische und finanzielle Integration in das bestehende Stromsystem der Schweiz. Die gesamte Dauer eines möglichen Neubauprojekts wird auf etwa 20 Jahren beziffert.

Handlungsempfehlungen für die Politik:

  1. Kompetenzerhalt für den Langzeitbetrieb sichern und neue Entwicklungen verfolgen
  2. Transparenz bezüglich Wirtschaftlichkeit schaffen
  3. Vorteile neuer Kernkraftwerke anerkennen und in der Energiestrategie berücksichtigen
  4. Technologieverbote sind für die künftige Stromversorgung der Schweiz nicht hilfreich
  5. Die Winterstromlücke ernst nehmen und langfristig mit Kernkraftwerken sicher und klimafreundlich schliessen
  6. Ein Szenario für SMRs in der Schweiz entwickeln – es braucht einen runden Tisch Kernenergie
  7. Schweizer Humankapital für Kernenergie besser nutzen, bestehendes Know-how erhalten und Fördermittel verstärkt auf Kerntechnik ausrichten
  8. Technologien sinnvoll kombinieren, statt sie gegeneinander auszuspielen
  9. Augenmass und auf das Ausland abgestimmte Regulierung – kein Swiss Finish!

Kontakt

Stefan Diepenbrock, Leiter Kommunikation, stefan.diepenbrock@nuklearforum.ch  
Matthias Rey, Media Relations, matthias.rey@nuklearforum.ch
 
Nuklearforum Schweiz, Frohburgstrasse 20, 4600 Olten
Tel.: +41 (0)31 560 36 50

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