Abschaltkriterien für Schweizer Kernanlagen

Die in der Kernenergieverordnung (KEV) formulierten Abschaltkriterien, bei deren Erfüllung Kernanlagen vorläufig ausser Betrieb genommen und nachgerüstet werden müssen, widersprechen dem Volkswillen, da sie teilweise eine vorzeitige Stilllegung der Kernkraftwerke bewirken sollen.

10. Aug. 2004

Dies schreibt die Swissnuclear, die Fachgruppe Kernenergie der Swisselectric, in ihrer Medienmitteilung vom 11. August 2004, anlässlich der Vernehmlassung zur KEV.
Das neue Kernenergiegesetz (KEG) hält in Art. 22, Abs. 3 fest, dass der Bundesrat die Abschaltkriterien bezeichnet. Die KEV spezifiziert in Art. 43, Abs. 1 folgende Kriterien: Ereignisse oder Befunde die zeigen, dass die Kernkühlung bei Störfällen (Art. 43, Abs. 1 lit. a) oder die Integrität des Primärkreislaufs (Art. 43, Abs. 1 lit. b) nicht mehr gewährleistet sind. Art. 43, Abs. 1 lit. c formuliert, dass das Kriterium erfüllt ist, wenn Ereignisse oder Befunde zeigen, dass die Kernschadenshäufigkeit für interne und externe auslösende Ereignisse 10-4 pro Jahr übersteigt.
Die Elektrizitätsbranche der Schweiz hat im Rahmen der KEV-Vernehmlassung beantragt, Art. 43, Abs. 1 lit. c ersatzlos zu streichen, weil die Festschreibung eines Wertes für die Kernschadenhäufigkeit dem Prinzip der gesamtheitlichen/integralen Sicherheitsbetrachtung nicht gerecht wird, weil es weltweit nirgends als gesetzliches Entscheidungskriterium angewendet wird und es auf diesem Gebiet keinen etablierten Kenntnisstand gibt sowie endlose Diskussionen und juristische Auseinandersetzungen zur Folge hat.
Jedes Schweizer Kernkraftwerk benutzt zudem ein anderes Modell zur Berechnung der Kernschadenhäufigkeit, da sich die Anlagen stark unterscheiden. Dies relativiert die Vergleichbarkeit der Werte verschiedener Werke stark und verunmöglicht damit die Festlegung eines allgemein gültigen Wertes auf Verordnungsstufe. Eine reihum akzeptierte Berechnungsmethodik existiert nicht. Auch in den technischen Richtlinien der Internationalen Atomenergie-Organisation wird festgestellt, dass die Sicherheit nicht mit einem einzigen Zahlenwert bewertet werden kann.
Die Swissnuclear resümiert in ihrem auch am 11. August 2004 im Anhang zur Medienmitteilung veröffentlichten Faktenblatt, dass die Abschaltkriterien in Art. 43, Abs. 1 lit. a und b der KEV sämtliche sicherheitsrelevanten Aspekte des nuklearen Bereichs eines Kernkraftwerks abdecken. Art. 43, Abs. 1 lit. c sollte ersatzlos gestrichen werden. Aus den Ausführungen des KEG geht zudem klar hervor, dass der Bund, vertreten durch die Aufsichtsbehörden, auch ohne ein explizites Abschaltkriterium, also auch ohne konkret festgeschriebenen Kernschadenhäufigkeitswert, jederzeit die Möglichkeit hat, eine sofortige Abschaltung der Schweizer Kernkraftwerke zu erwirken (Art. 72, Abs. 3).

Quelle

D.S. nach Swissnuclear, Medienmitteilung und Faktenblatt, 11. August 2004

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