Australien: neues Material für Urangewinnung aus Meerwasser entwickelt

In Australien wurde ein Material entwickelt, das Uran hochselektiv aus Meerwasser entfernen kann. Dazu wurde die Struktur des Grundmaterials durch die Zugabe kleinster Mengen an Neodym verändert. Da diese Materialien kostengünstig herzustellen sind, könnten sie zur Uranextraktion in grossem Massstab eingesetzt werden.

18. Okt. 2023
Meer
Geschätzte 4,5 Milliarden Tonnen Uran befinden sich in den Weltmeeren. Mit Hilfe eines schichtartig aufgebauten Materials, das in Australien entwickelt wurde, könnte es nahezu unbegrenzt aus Meerwasser gewonnen werden.
Quelle: Sean Oulashin via Unsplash

Aus dem Erdboden gewonnenes Uran wird weltweit als Kernbrennstoff eingesetzt. Mit einer Menge von insgesamt 4,5 Milliarden Tonnen steckt mehr als tausend Mal so viel Uran aber in den Ozeanen. Es liegt jedoch stark verdünnt vor und ist sehr schwer zu gewinnen. «Das Hauptproblem besteht darin, dass andere Stoffe im Meerwasser, Salz und Mineralien wie Eisen und Kalzium, in viel grösseren Mengen vorhanden sind als Uran», erklärte die australische Forscherin Jessica Veliscek Carolan von der University of New South Wales (UNSW). An der kostengünstigen Gewinnung von Uran aus Meerwasser arbeiten auch andere Nationen. China gab im Mai 2023 bekannt, dass es dazu im Südchinesischen Meer Feldtests mit Materialprüfungs- und Scale-up-Experimenten durchführt.

Vielversprechendes Material zur Urangewinnung gefunden
Die UNSW-Forscherin leitet ein internationales Team, das «herausgefunden hat, dass durch Dotierung eines vielversprechenden Materials eine einfache, wirksame Methode zur Gewinnung von Uran aus Meerwasser möglich ist», schrieb die ebenfalls an der Studie beteiligte Australian Nuclear Science and Technology Organisation (Ansto). Beim Material handle es sich um «Layered double hydroxides» (LDHs), also schichtartig aufgebaute Doppelhydroxide. «LDHs stossen wegen ihrer Fähigkeit, Metalle zu entfernen, auf Interesse. Die Materialien, sind relativ einfach herzustellen und können modifiziert werden, um ihre Funktionsweise zu verbessern. Da diese Schichten positive und negative Ladungen haben, können sie so angepasst werden, dass sie bestimmte Stoffe wie Uran einfangen», schrieb Ansto.

Vereinfacht gesagt, kann man sich unter LDHs ein mehrlagiges Sandwich vorstellen. Die Schichten (Brotscheiben) bestehen aus positiv geladenen Metallionen (z.B. von Magnesium und Aluminium) und zwei Hydroxid-Ionen. Zwischen den Brotscheiben sitzt die Belegung des Sandwichs: Wassermoleküle und negativ geladene Anionen wie Nitrat und Carbonat, die für den Ladungsausgleich sorgen. Auch Uranylcarbonat, das aus Meerwasser herausgefiltert werden soll, ist ein Anion.

Verbesserte Eigenschaften durch Zugabe an Fremdstoffen
Gemäss Ansto haben die Forscher dem Material kleine Mengen an den Fremdstoffen (Dotierstoffe) Neodym, Europium und Terbium zugegeben, um deren Wirkung zu testen. «Durch die Zugabe von Neodym zu LDH wurde deren Fähigkeit verbessert, Uran selektiv aus Meerwasser abzuscheiden», erklärte Ansto und ergänzte: «Als Neodym zu LDHs [mit Magnesium und Aluminium] hinzugefügt wurde, bevorzugten diese Materialien das Uran gegenüber zehn anderen, häufiger in realen Meerwasserproben vorkommenden Elementen.»

Mit einer Reihe von Untersuchungsmethoden konnten die Forscher erkennen, wie das Uran aus dem Meerwasser (liegt als negativ geladenes Uranylcarbonat-Ion vor) mit den positiv geladenen Metallionen in LDH wechselwirkt und was Neodym für eine Rolle spielt: «Eine entscheidende Erkenntnis war, dass der Dotierstoff Neodym die Art und Weise verändert, wie Uran an die LDHs bindet. Durch die Zugabe von Neodym […] zur LDH-Struktur wurde die chemische Bindung zwischen den Metallatomen und dem Sauerstoff [des Uranylcarbonats] im LDH ionischer. Durch diese verbesserte ionische Bindung konnten diese Materialien über ionische Oberflächenwechselwirkungen viel besser an Uran binden», schrieb Ansto.

LDHs seien einfach und kostengünstig herzustellen, was sie zu einer kosteneffizienten Wahl für die Uranextraktion in grossem Massstab machen würden, so die Forschenden.

Quelle

B.G. nach Ansto, Medienmeldung, 12. Oktober 2023 und Energy Advances, Ausgabe 8, Studie, 1. August 2023

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