Belgien: Forschungszentrum SCK-CEN verdoppelt Kapazität zur Brennstoffprüfung

Das belgische Kernforschungszentrum SCK-CEN testet neu entwickelte Brennstäbe auf ihre Sicherheit bei extremen Bedingungen in einem Reaktor. Als einzige Einrichtung in Europa führt es Transientenversuche durch, bei denen plötzliche Leistungsanstiege simuliert werden. Mit einer zweiten Prüfanlage hat das Zentrum seine Testkapazität nun verdoppelt.

12. Mai 2025
Belgischer Forschunsgreaktor BR2
Der Forschungsreaktor BR2 am SCK-CEN in Mol wird für Transientenversuche, Materialbestrahlungen und die Produktion medizinischer Radioisotope genutzt.
Quelle: SCK-CEN

SCK-CEN hat bekanntgegeben, dass es seine Kapazität für Transientenversuche mit Kernbrennstäben verdoppelt hat. Die Tests werden in einer Anlage mit einer speziellen Kapsel durchgeführt. Das Forschungszentrum hat nun eine zweite solche Anlage mit Kapsel gefertigt und im Einsatz. «Mit den zwei Anlagen hat das SCK-CEN nicht nur seine Kapazität verdoppelt, sondern das Kernforschungszentrum kann bei einem Versagen eines Brennstabs auch schneller weitere Tests einplanen», schreibt SCK-CEN. Wird ein Brennstab während dem Belastungstest undicht, so muss die gesamte Versuchsanlage mit der Kapsel zeitaufwendig gesäubert werden.

Wozu Transientenversuche?

Kein Automodell darf auf den Markt kommen, ohne einen Crashtest bestanden zu haben. «Ein Crashtest bewertet die Auswirkungen eines Unfalls und damit die Sicherheit. Das Äquivalent für Kernbrennstoffe ist der Transientenversuch», sagt Marc Verwerft, Experte für Kernbrennstoffe bei SCK-CEN. Ein Transientenversuch simuliert eine plötzliche Leistungserhöhung in einem Reaktor. Ziel ist es, zu testen, bei welcher Leistungserhöhung das Hüllrohr eines Brennstabs – die erste physikalische Barriere, welche den Brennstoff einschliesst – versagen wird. Das SCK-CEN ist europaweit die einzige Einrichtung, die solche Versuche durchführt.

Testvorbereitung
Mitarbeiter führen die Testanlage mit der Pressurized Water Capsule (PWC), die den Testbrennstab enthält, in den Reaktorkern des Forschungsreaktors BR2 ein.
Quelle: SCK-CEN

Wie läuft ein Transientenversuch ab?

Kommerzielle Brennstäbe sind vier Meter lange, gasdicht verschlossene Rohre, die im Innern aufeinandergestapelte Uranoxid-Brennstoffpellets enthalten. Für einen Transientenversuch genügt ein kürzerer Teststab von einem halben Meter Länge. Dieser wird in der speziellen Kapsel «Pressurized Water Capsule (PWC)» eingeschlossen und im Reaktorkern des belgischen Forschungsreaktors BR2 positioniert. Die wassergefüllte Kapsel bildet die Bedingungen nach, die in einem Druckwasserreaktor herrschen und isoliert den Teststab vom Primärkühlkreislauf des BR2-Reaktors. Der Reaktor läuft gemäss SCK-CEN einen Tag lang mit geringer Leistung, danach verdoppeln die Reaktorbetreiber die Leistung in weniger als zwei Minuten. Durch diese Erhöhung steige die Temperatur des Teststabs. Die Aussentemperatur bleibe auf der normalen Betriebstemperatur, aber im Kern verdoppele sich die Temperatur auf weit über 2000°C.

«Mit steigender Temperatur dehnt sich der Brennstoff aus und übt Druck auf die Hülle aus. Wenn wir Aktivitäten im Wasser der PWC feststellen, ist die Hüllrohrwand beschädigt und der Test wird abgebrochen, damit die Schäden in unserem Laboratory for High and Medium Activity (LHMA) untersucht werden können», erklärt Brian Boer, Projektleiter Brennstoffforschung am SCK-CEN. Wenn keine aus dem Teststab ausgetretene Aktivität in Form von Spaltprodukten zu beobachten seien, werde die Leistung zwölf Stunden lang aufrechterhalten. Dann werde der Teststab in der heissen Zelle auf Schäden untersucht. «Das können zum Beispiel kleine Risse sein, die mit blossem Auge nicht zu erkennen sind», sagt Boer.

«Die Ergebnisse des Transientenversuchs dienen zur Validierung von Rechnercodes, mit denen dann Dutzende oder Hunderte von Simulationen durchgeführt werden können», schreibt das Forschungszentrum. Diese Erkenntnisse ermögliche es den Herstellern von Kernbrennstoffen, Sicherheitsgrenzen für den Betrieb von kommerziellen Reaktoren festzulegen und Innovationen sicher umzusetzen.

Quelle

B.G. nach SCK-CEN, Medienmitteilungen vom 29. April 2025 und 21. September 2023, Bericht zu Highlights aus dem Kernforschungszentrum 2020

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