Bundesrat Samuel Schmid zu den zwei Ausstiegsinitiativen

Auszug aus der Rede von Bundesrat Samuel Schmid, anlässlich der Delegiertenversammlung der SVP des Kantons Solothurn vom 3. April 2003

2. Apr. 2003

Ich gehe davon aus, dass sie mit der Delegiertenversammlung nicht ganz ohne Absicht hierher gekommen sind! Es stehen zwei Initiativen zur Abstimmung, "Strom ohne Atom" und "Moratorium plus".
"Strom ohne Atom" ist eine sehr strikte Forderung.
Die Initiative verlangt die schrittweise StiIIlegung aller Kernkraftwerke in der Schweiz. Gösgen und Leibstadt würden spätestens nach 30 Betriebsjahren stillgelegt. Für Gösgen wäre dies 2009, für Leibstadt 2014, die KKW Beznau und Mühleberg müssten bereits in den nächsten zwei Jahren stillgelegt werden. Weiter wird gefordert, diese nicht durch Öl-, Gas- oder Kohlekraftwerke zu ersetzen. Jedenfalls nicht durch solche Kraftwerke, welche bei der Stromproduktion die Abwärme nicht nutzen würden.
Die Initiative verlangt eine dauerhafte Lagerung von den in der Schweiz produzierten radioaktiven Abfällen und sagt, dass die Wiederaufarbeitung von abgebrannten Brennelementen verboten ist. Die Kernkraftwerke müssen den Betrieb sowie die Stilllegung selber bezahlen. Diese Forderungen sagen ganz deutlich, wohin man will: Keine Kernenergie mehr.
Will man die Energie intern anders produzieren, so muss dies durch die entsprechende Nutzung der Abwärme geschehen. Das ist durchaus denkbar. Aber das Ganze passiert in sehr kurzer Zeit, nämlich beginnend in den nächsten zwei Jahren bis und mit 2009 resp. 2014. Dies bei Überwälzung sämtlicher Kosten. Das bedeutet, dass die Strombezüger in der Zwischenzeit die Abschreibungen zu bezahlen haben.
Es ist leicht zu erkennen, dass dieser Strom fehlen wird. Die Fristen reichen nicht, um in dieser Zeit alles zu ersetzen, umso mehr als jede andere Bewilligung, sei es die Erhöhung von Staumauern für die Verbesserung der Wasserkraft - man denke an das Problem Grimsel - oder die Erweiterungen von Flusskraftwerken sofort via langwierige Bewilligungsverfahren soweit verzögert werden können, dass in dieser Zeit Ersatz nicht möglich ist. Also hat man keine andere Wahl als Import-in der naiven Vorstellung dass dort alles umweltgerecht produziert wird. Das mag ehrlich gemeint zu sein, doch es ist nicht realistisch.
Bundesrat und Parlament empfehlen ganz klar, diese Initiative abzulehnen.
"Moratorium plus" ist etwas moderater, aber in der Wirkung nicht anders. Bei den bestehenden Kraftwerken, welche länger als 40 Jahre betrieben werden sollen, müssten das Parlament und - im Falle eines Referendums - das Volk einer Verlängerung zustimmen.
Die Betriebsdauer könnte jeweils um 10 Jahre verlängert werden. Während 10 Jahren nach Annahme der Initiative dürften weder neue Kernanlagen noch Leistungserhöhungen von Kernanlagen bewilligt werden. Dies würde bedeuten, dass die fünf Kernkraftwerke zwischen 2009 und 2024 ihren Betrieb einstellen müssen, falls nicht das Parlament oder das Volk verlängern würden. Bei diesem langsameren Ausstieg, welcher wirtschaftlichverträglicher wäre, muss man die Sache jedoch beim Namen nennen. Auch hier führt es - bei einer für diese Anlagen kurzfristigen Etappierung von immer wieder nurzehn Jahren, mit dem Risiko, dass das Parlament oder das Volk anders entscheiden - zu einem entsprechenden wirtschaftlichen Verhalten der Energieproduzenten.
Parlament und Bundesrat sind auch hier der Auffassung, diese Initiative sei abzulehnen.
Es gibt Berechnungen von Spezialisten, welche besagen, dass ein genereller Ausstieg aus der Kernenergie, welche 40% des Stroms erzeugt, die Schweiz bis zu 62 Mrd. Franken kosten würde. Immerhin dürfen wir mit Stolz behaupten, dass 60% unserer Energie von erneuerbareren Energieträgern stammt. Die restlichen 40% stammen aus der Kernenergie und sind kurzfristig nicht zu ersetzen. Dies ist schlicht nicht möglich.
Die volkswirtschaftlichen Kosten kommen noch dazu. Wir haben Industrien, die mit Strom Maschinen betreiben, die Stromkosten schlagen sich nieder auf die Produkte, und diese Produkte haben sich auf dem Weltmarkt durchzusetzen. Die volkswirtschaftlichen Kosten wären gemäss der Spezialisten noch höher. Schliesslich müsste die CO2-Abgabe erhöht werden, weil die Umwelt nicht über CO2 zusätzlich belastet werden soll. Auch diese Kostenerhöhung würde die Produktion verteuern. Die Meinung, das wäre einfach so verkraftbar, ist falsch. Folglich gibt es für Unternehmerinnen oder Unternehmerfolgende Möglichkeiten: Entweder eine Schliessung, was mit Sicherheit nicht im Interesse des Landes liegt. Oder eine Auslagerung des Unternehmens ins Ausland, wo die Produktionsfaktoren weniger teuer sind. Das ist mit Sicherheit auch nicht im Interesse des Landes. Die dritte Möglichkeit ist die Verteuerung der Produkte soweit, dass man das bezahlen kann. Dies ist jedoch nur möglich, solange man auf dem Markt ist. Dann tritt wieder Variante eins in Kraft.
Aus diesen Gründen beantragen Bundesrat und Parlament, beide Initiativen abzulehnen.

Quelle

Bundesrat Samuel Schmid

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