CO2-Reduktionsziele der EU erfordern Bau neuer KKW

Nach einer neuen Studie müssen die EU-Länder im Lauf der nächsten 25 Jahre ca. 100 GW neuer nuklearer Produktionskapazität bauen, wenn sie ihre CO2-Reduktionsziele erreichen wollen.

30. Apr. 2000

Die Studie wurde von der in London ansässigen Umwelt-Beratungsfirma ERM Energy erarbeitet. Sie geht davon aus, dass die momentan laufenden Kernkraftwerke nach 40 Jahren Betriebszeit abgeschaltet werden. Ohne deren Ersatz durch neue KKW muss mit einer massiven Zunahme der Treibhausgasemissionen der EU gerechnet werden, insbesondere nach dem "Kyoto-Zieljahr" 2010.
Die 187 Seiten umfassende "Study of the Contribution of Nuclear Power to the Reduction of Carbon Dioxide Emissions from Electricity Generation" wurde von der Transport- und Energiedirektion der Europäischen Kommission in Auftrag gegeben. Die Autoren stellen die momentane "Unsicherheit" über die Zukunft der Kernenergie in Europa der "wachsenden internationalen Besorgnis" über den Klimawandel gegenüber: "Die EU und ihre Mitgliedsstaaten stehen vor einem Dilemma, wenn sie beurteilen müssen, ob die Klima-Vorteile der Option Kernenergie stärker ins Gewicht fallen als die wirtschaftlichen Kosten und die Auswirkungen der Kernenergie selbst auf die Umwelt."
In der Studie wurden mit einem Modell die CO2-Emissionen für sieben Stromerzeugungsmix-Szenarios berechnet: Ein "Basis"-Szenario plus Varianten für grosse und kleine Anteile an Kernenergie, Gas, Kohle und erneuerbaren Energien. Im Szenario "nuklear hoch" würde die gesamte installierte nukleare Erzeugungskapazität der EU von 125 GW (Stand 1995) bis zum Jahr 2025 auf 164 GW ansteigen, womit die Kernenergie ihren Anteil von 23% an der gesamten Kraftwerksleistung - dies entspricht ungefähr 35% der Stromproduktion - beibehalten könnte. Wenn die bestehenden Kernkraftwerke nach 40 Betriebsjahren abgeschaltet würden, wäre der Bau von 100 GW neuer nuklearer Leistung bis zum Jahr 2025 nötig. Bei der Variante "nuklear hoch" würden die CO2-Emissionen des Kraftwerkssektors der EU im Jahr 2010 ungefähr auf dem Niveau von 1990 liegen, im Jahr 2025 rund 4% darunter. Gemäss Kyoto-Protokoll müssen die Treibhausgasemissionen der Union im Zeitraum 2008-2012 durchschnittlich 8% unter dem Stand von 1990 liegen.
Im "Basis"-Szenario fällt die installierte nukleare Leistung der EU bis zum Jahr 2025 auf 66 GW oder 9% der gesamten Stromproduktionskapazität. Dies hätte bis zum Jahr 2010 eine Erhöhung der CO2-Emissionen des Kraftwerkssektors um 4% und bis zum Jahr 2025 um 22% gegenüber dem Stand von 1990 zur Folge, da die Nachfrage nach Elektrizität steigt und Kernkraftwerke abgeschaltet würden. Im Szenario "nuklear tief", bei dem die Kernkraftwerke nach 30 Jahren Betrieb abgeschaltet werden, fällt die nukleare Erzeugungskapazität bis 2025 auf 7 GW (1% der gesamten Stromproduktionskapazität). Die CO2-Emissionen des EU-Kraftwerkssektors wären bei dieser Variante im Jahr 2010 ungefähr 12% höher als 1990, im Jahr 2025 gar 40% höher.
In der Studie wurden auch Modellrechnungen zur Menge erzeugter radioaktiver Abfälle durchgeführt. Dabei fällt auf, dass sogar im Szenario "nuklear hoch" in Zukunft weniger bestrahlter Kernbrennstoff entsteht. Die Menge stabilisiert sich bei 2800 t Schwermetall pro Jahr, 20% weniger als 1995. Im Bericht wird die "signifikante Auswirkung" der Wiederaufarbeitung auf die Abfallmenge hervorgehoben. Im Szenario "nuklear hoch" wird unter Ausnutzung der aktuellen Wiederaufarbeitungskapazität der EU von 2300 t Schwermetall pro Jahr das Gesamtinventar an bestrahltem Kernbrennstoff bis 2025 auf rund 20'000 t reduziert (94'000 t ohne Wiederaufarbeitung), im Szenario "nuklear tief" auf 0 (58'000 t ohne Wiederaufarbeitung). Wenn der Einsatz von Uran-Plutonium-Mischoxid (Mox) bis 2025 so zunimmt, dass er dannzumal 30% des Kernbrennstoffbedarfs deckt, würde das Inventar an freiem Plutonium im "Basis"-Szenario und bei der Variante "nuklear hoch" auf 0 reduziert, bei der Variante "nuklear tief" blieben noch 100 t übrig.

Quelle

M.S.

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