Deutsches Atomforum fordert Neubewertung der Kernenergiepolitik in Deutschland
Dr. Walter Hohlefelder, Präsident des Deutschen Atomforums (DAtF), eröffnete am 12. Mai 2009 die Jahrestagung Kerntechnik 2009, die das DAtF und die Kerntechnische Gesellschaft (KTG) gemeinsam in Dresden vom 12. bis 14. Mai 2009 veranstalteten. Dabei betonte er, dass sich seit dem Regierungsbeschluss zum Atomausstieg 2001 die nationalen und internationalen Rahmenbedingungen völlig verändert hätten. Daher halte die Branche in jedem Fall eine Neubewertung der Kernenergiepolitik in Deutschland – das heisst Laufzeitverlängerungen und wirkliche Fortschritte zur Lösung der Entsorgungsfrage – für zwingend notwendig.

Der weltweite Kampf gegen den Klimawandel, die Risiken einer wachsenden Importabhängigkeit vom Erdgas infolge des Atomausstiegs, die in der Wirtschaftskrise immer wichtigere Strompreisdämpfung durch Kernenergie und deren internationale Neubewertung dürften nicht länger ignoriert werden, warnte Hohlefelder.
Verweis auf Europa
Hohlefelder stellte fest, dass sich die Bedingungen seit dem Ausstiegsbeschluss im Jahr 2001 geändert hätten. Schweden und Grossbritannien hätten den Bau neuer Reaktoren beschlossen. Auch Italien habe seinen Ausstiegsbeschluss revidiert. Daher müsse es ebenfalls in Deutschland zu einer Neubewertung der Kernenergie kommen. Nachdem ein Atomausstieg vor allem durch Gaskraftwerke kompensiert werden müsste, würde die Importabhängigkeit weiter steigen.
Vorschlag einer Allianz mit den Erneuerbaren
Hohlefelder erklärte, dass die Kernkraftwerksbetreiber grundsätzlich einverstanden seien, einen politischen Preis für die Laufzeitverlängerung zu zahlen. «Wir hatten in den 70er- und 80er-Jahren ein politisch gewolltes enges Zusammenspiel, eine Allianz zwischen heimischer Kohle und Kernenergie. Warum sollte dies heute auf der Basis des politischen Preises nicht auch zwischen Erneuerbaren, Energieeffizienzanstrengungen und der Kernenergie möglich sein?» Konkret schlug Hohlefelder vor, Kernkraftwerke länger laufen zu lassen und daraus entstehende Zusatzgewinne auch im Bereich der erneuerbaren Energien und der Energieeffizienz einzusetzen.
Kernenergiegegner: Allianz kann es nicht geben
Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD), die Bundespartei Bündnis 90/Die Grünen, die Deutsche Energie-Agentur (dena), die Deutsche Umwelthilfe (DUH), der Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE) und der Bundesverband WindEnergie lehnten den Vorschlag Hohlefelders in Pressemitteilungen kategorisch ab: «Entweder Atomkraft oder Erneuerbare, eine Energiewende mit beiden kann es nicht geben», liess Gabriel verlauten und erklärte: «Atomkraft und Erneuerbare passen nicht zusammen, weil sich die Leistung von Atomkraftwerken nicht kurzfristig nach dem aktuellen Bedarf regeln lässt.»
Befürworter: ein «Miteinander» ist richtig
Demgegenüber sprachen sich die Bundestagsfraktionen der CDU/CSU und der FDP für ein «Miteinander» aus. Joachim Pfeiffer, stellvertretender wirtschaftspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, meinte: «Nicht gegeneinander, sondern miteinander ist bei der Energieversorgung der richtige Ansatz.» Statt die Energieträger gegeneinander auszuspielen, setze die Union auf einen breiten Energiemix. Die Sprecherin für Energiepolitik und Welthandelsfragen der FDP-Bundestagsfraktion, Gudrun Kopp, mahnte: «Es ist höchste Zeit für eine Kooperation statt ständiger Konfrontation zwischen der Kernenergie und den erneuerbaren Energien.»
Die Rede Hohlefelders und ein Videomitschnitt des Plenartags sind online verfügbar.

Quelle
M.A. nach DAtF, Pressemitteilung und Redetext, 12. Mai, BMU, Pressemitteilung, 11. Mai, Bundestagsfraktionen der CDU/CSU und der FDP, dena, DUH, BEE, WindEnergie, Pressemitteilungen, 12. Mai, Bündnis 90/Die Grünen, Pressemitteilung, 13. Mai 2009