Deutschland: Forschende am European XFEL revolutionieren Atomuhren mit Scandium-Technologie

Ein internationales Forschungsteam hat am europäischen Röntgenlaser European XFEL bei Hamburg einen bedeutenden Meilenstein in der Entwicklung einer neuen Generation von Atomuhren erreicht. Das Team hat mit dem Element Scandium einen Taktgeber geschaffen, der eine Genauigkeit von einer Sekunde in 300 Milliarden Jahren aufweist. Die revolutionäre Atomuhr ist somit tausendmal präziser als eine aktuelle Atomuhr.

3. Nov. 2023
Symbolbild einer Scandium-Uhr
Künstlerische Darstellung der Scandium-Atomkernuhr: Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler konnten mit den Röntgenpulsen des European XFEL im Kern von Scandium-Atomen jene Prozesse anregen, die ein Uhrensignal mit einer noch nie dagewesenen Präzision von einer Sekunde auf 300 Milliarden Jahre generieren können.
Quelle: European XFEL/Helmholtz-Institut Jena, Tobias Wüstefeld/Ralf Röhlsberger

Atomuhren sind die genauesten Zeitmesser, die wir kennen. Bisherige Atomuhren nutzen Elektronen in der Atomhülle chemischer Elemente, wie Cäsium, als Taktgeber. Diese Elektronen können mit Mikrowellen einer bestimmten Frequenz auf ein höheres Energieniveau gehoben werden, wobei sie die Mikrowellenstrahlung absorbieren. Die Frequenz dieser Mikrowellen wird so reguliert, dass sie von den Cäsiumatomen maximal absorbiert wird, ein Phänomen, das als Resonanz bezeichnet wird.

Laut European XFEL weichen Cäsium-Uhren über 300 Millionen Jahren nur um eine Sekunde ab. Eine neue Atomkernuhr basierend auf Scandium hingegen, sei tausendfach genauer und weiche nur noch eine Sekunde in 300 Milliarden Jahren ab. Forschende würden seit einigen Jahren an einer Atomkernuhr wie der Scandium-Uhr arbeiten, schrieb das European XFEL und ergänzte: «Eine Atomkernuhr nutzt die Übergänge im Atomkern statt in der Atomhülle als Taktgeber». Die viel schwieriger anzuregenden Kernresonanzen seien deutlich schärfer als die Resonanzen von Elektronen in der Atomhülle, was die höhere Genauigkeit bei Atomkernuhren ermögliche. Kernübergänge bei Scandium erforderten eine Anregung mit Röntgenstrahlung von 12,4 Kilo-Elektronenvolt und einer Breite von winzigen 1,4 femto-Elektronenvolt (femto: 10-15). Erst mit dem Röntgenlasern wie dem European XFEL stünden geeignete Röntgenquellen zur Verfügung.

«In dem bahnbrechenden Experiment bestrahlte das Team eine 0,025 Millimeter dünne Scandiumfolie mit Röntgenlaserlicht und konnte ein charakteristisches Nachleuchten detektieren, welches von den angeregten Atomkernen ausgesendet wurde und ein eindeutiger Nachweis der extrem schmalen Resonanzlinie des Scandiums ist», so die Forschenden. Wichtig für den Bau von Atomuhren sie auch die exakte Kenntnis der Energie der Röntgenlaserstrahlung, bei der die Resonanz eintrete. Den Forschenden sei es gelungen die «Scandium-Resonanzenergie mit 12,38959 keV bis auf die fünfte Stelle hinter dem Komma zu bestimmen». Basierend auf dem Durchbruch der Scandium-Messungen würden die Forschenden nur weitere Schritte zur Verwirklichung einer solchen Atomkernuhr erkunden. Aber auch für die Ultrapräzisionsspektroskopie und für Präzisionsmessung von fundamentalen physikalischen Effekten würden sich neue Möglichkeiten eröffnen.

Quelle

B.G. nach European XFEL, Medienmitteilung 27, September 2023 und Nature, Publikation zu den Scandium-Experimenten, 27. September 2023

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