Die Bundeskanzlerin und die Kernenergie

In einem Interview mit der«Financial Times Deutschland» vom 3. Januar 2007 erklärte Bundeskanzlerin Angela Merkel, dass sie in der laufenden Wahlperiode nicht mit einer Abkehr vom Atomausstieg in Deutschland rechne. Merkel äusserte sich zugleich zurückhaltend zu den Chancen der Energieversorger RWE und EnBW, Reststrommengen von neuen auf alte Kernkraftwerke zu übertragen.

19. Nov. 2006
Angela Merkel möchte die Kernenergie in Deutschland länger nutzen, rechnet aber nicht mit einer baldigen Abkehr vom Atomausstieg
Angela Merkel möchte die Kernenergie in Deutschland länger nutzen, rechnet aber nicht mit einer baldigen Abkehr vom Atomausstieg
Quelle: CDU

Zur Frage der «Financial Times», ob sie am nächsten Energiegipfel vom Frühjahr 2007 eine lebendige Debatte über den Atomausstieg in Deutschland erwarte, meinte Merkel: «Nein, die Positionen in der Koalition sind doch bekannt. CDU und CSU sind gegen einen vorzeitigen Ausstieg. Die SPD hat sich in Sachen Kernenergie in eine bestimmte Richtung entschieden, und ich rechne auch nicht damit, dass sie diese Entscheidung in naher Zukunft revidiert. Deshalb nützt es nichts, wenn man jeden Morgen einmal darüber spricht.»

Übertrag von Reststrommengen

Die Rechtslage bei Anträgen auf Strommengenübertrag sei laut Merkel klar: «Der Umweltminister entscheidet und hat dabei das Einvernehmen mit anderen Ressorts zu suchen. Hier sind klare gesetzliche Vorgaben da und an denen wird sich nichts ändern. Man muss der Stromwirtschaft immer wieder sagen, sie hat damals, wenn auch nicht ganz freiwillig, den Atomausstieg unterschrieben. Und mit den Unterschriften und den daraus folgenden Massnahmen im Atomgesetz müssen jetzt alle Beteiligten leben. Ich würde den Ausstieg aus der Kernenergie jetzt nicht machen, so lange die Kernkraftwerke in Deutschland technisch ordentlich laufen. Aber es sieht nicht so aus, als wenn die SPD ihre Meinung an dieser Stelle ändern wird.»

Am 21. Dezember 2006 hatte die EnBW Kernkraft GmbH beim deutschen Bundesumweltministerium einen Antrag auf Strommengenübertragung auf ihr Kernkraftwerk Neckarwestheim-1 (Neckar-1) gestellt. Die RWE Power AG ihrerseits hatte bereits im Herbst 2006 einen Strommengenübertrag auf Block A ihres Kernkraftwerks Biblis gefordert. Laut Merkel gibt es «keine Anzeichen» dafür, dass Umweltminister Sigmar Gabriel diesen Anträgen stattgeben wird.

Die Kanzlerin machte zudem deutlich, dass Atomstrom für sie bei der Einhaltung der Klimaschutzziele des Kyoto-Abkommens nur begrenzte Bedeutung hat. «Es ist nicht so, dass die Kyoto-Ziele eins zu eins von der Kernenergie abhängig sind und dass man automatisch alle Kyoto-Ziele verpasst, wenn man die Kernenergie reduziert.»

Die persönliche Meinung der Kanzlerin

Am Parteitag der CDU vom 27./28. November 2006 in Dresden hatte sich Merkel deutlich für eine längere Nutzung der Kernenergie ausgesprochen. Sie rief die Koalitionspartner damals auf, die «alten ideologischen Debatten endlich zu beenden». Im Hinblick auf den im Koalitionsvertrag festgeschriebenen Atomausstieg meinte sie: «Ich werde es immer für unsinnig halten, technisch sichere Atomkraftwerke, die kein CO2 emittieren, abzuschalten. Eines Tages werden auch die Sozialdemokraten das einsehen. Es dauert halt immer etwas länger.»

Eine Woche zuvor hatte Michael Glos, Bundesminister für Wirtschaft und Technologie, an der Konferenz des Wirtschaftsrates der CDU darauf hingewiesen, dass auf den Beitrag der Kernenergie zur Versorgungssicherheit, zur Wirtschaftlichkeit und zum Klimaschutz auf absehbare Zeit nicht verzichtet werden kann.

Quelle

M.A. nach «Financial Times Deutschland», 3. Januar 2007, 20. Parteitag der CDU, Redetext Angela Merkel, 27. November 2006, und Konferenz des Wirtschaftsrates der CDU, Redetext Michael Glos, 20. November 2006

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