Effektive Klimapolitik nur mit Tabubruch?

Nur mit einem möglichst raschen weltweiten Ausbau der Kernenergie könne der Klimawandel ohne massive Wohlstandseinbussen gebremst werden. Dafür plädiert das Buch «A Bright Future» – und hat es damit auf die Titelseite der «NZZ am Sonntag» geschafft».

25. Feb. 2019

«Das Tabu» betitelte Wissenschaftsredaktor Andreas Hirstein in der «NZZ am Sonntag» vom 24. Februar 2019 seine Rezension des neuen Buches «A Bright Future: How Some Countries Have Solved Climate Change and the Rest Can Follow» von Joshua Goldstein und Staffan Qvist. Der emeritierte Professor für internationale Beziehungen aus den USA und der schwedische Ingenieur und Energieberater zeigen darin einen Weg auf, wie der Anstieg der globalen Temperatur zu mässigen und bis in rund 50 Jahren zu stoppen wäre. Dazu bräuchte es gemäss den Autoren vor allem das, was in der «NZZ am Sonntag» eben als grosses «Tabu» bezeichnet wird: sehr viel Kernenergie.

Das Pariser Klimaabkommen von 2015, so die Zeitung, habe am Anstieg der weltweiten Treibausgasemissionen «genauso wenig ändern können wie alle anderen Beschlüsse der Klimapolitik zuvor». Der Klimaerwärmung sei «mit einer Änderung des Lebensstils nicht beizukommen». Vielmehr brauche die Welt «eine konsequente, schnelle und sofort beginnende Dekarbonisierung der Wirtschaft, der vollkommene Verzicht auf fossile Brennstoffe». Mit einer jährlichen Reduktion der Emissionen um 2–3% ab 2020 würden gemäss den beiden Autoren «die globalen Durchschnittstemperaturen bis 2070 um 2 Grad ansteigen und dann konstant bleiben». Aus ihrer Sicht ist der einzige realistische Ansatz zur Erreichung dieses Ziels ein rascher Ausbau der weltweiten Kernenergiekapazitäten. Wie dies gehen kann, oder eben nicht, wird im Buch an den Beispielen von Schweden und Deutschland erläutert. Aber «Goldstein und Qvist sind nicht gegen erneuerbare Energien», so die «NZZ am Sonntag». «Lediglich halten sie eine 100-prozentige Deckung unseres Strombedarfs aus diesen Quellen in der erforderlich kurzen Übergangszeit für unmöglich».

Sowohl als auch

Die Autoren blenden auch die Schwachpunkte der Kernenergie nicht aus und gehen zum Beispiel auf die hohen Kosten und Verzögerungen beim Kernkraftwerksneubau in Finnland ein. Ihrer Ansicht nach wird aber «der Zuwachs CO2-freien Stroms im finnischen Netz noch schneller sein, als es durch den Zubau von Windkraftanlagen möglich gewesen wäre». Auch Reaktorunfälle wie in Fukushima und Tschernobyl lassen sie als Argument für den Atomausstieg nicht gelten: «Die Bilanz der Tsunami-Katastrophe spreche nicht gegen die Kernenergie, sondern für sie». Während durch das Erdbeben und die Flutwellen rund 18’000 und aufgrund der Evakuierungen etwa 1600 Menschen ihr Leben verloren hätten, habe die ausgetretene Radioaktivität keine Todesopfer gefordert. «Das sagt nicht die japanische Atomlobby, sondern die Weltgesundheitsbehörde WHO», schreibt dazu die «NZZ am Sonntag». Im Gegenzug gehen die Autoren von etwa 10’000 Todesfällen aufgrund der gestiegenen Luftverschmutzung durch den Ersatz deutscher und japanischer Reaktoren mit fossilen Kraftwerken aus. Auch auf die Entsorgungsproblematik gehen die Autoren ein: Für sie liegt darin aber gemäss dem Artikel «nur ein weiteres Beispiel für die irrationale Angst und einer aus dem Ruder gelaufenen Null-Risiko-Politik». Und «der Bau von Endlagern stosse nicht auf technische, sondern lediglich auf politische und gesellschaftliche Hürden».

Im Weiteren widmen Goldstein und Qvist sich unter anderem neuen Reaktortechnologien, den Entwicklungen in China, Indien und Russland sowie der Notwendigkeit eines globalen Ansatzes bei der Klimapolitik. Ihr Buch, das gemäss dem Vorwort des Harvard-Psychologen Steven Pinker, «buchstäblich die Welt retten könnte», ist demnächst im Buchhandel erhältlich (ISBN 978-1-5417-2410-5).

Quelle

M.Re. nach «NZZ am Sonntag», 24. Februar 2019, und www.brightfuturebook.com

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