Ein staatsmännischer Präsident ist nicht mehr

Das Nuklearforum Schweiz trauert um seinen Ehrenpräsidenten, Dr. Hans Jörg Huber, der am 7. Januar 2008 gestorben ist und entbietet den Angehörigen sein herzliches Beileid. Wir sind dem Verstorbenen zu grossem Dank verpflichtet für seinen ausserordentlichen Einsatz für die Nukleartechnik in einer schwierigen Epoche.

22. Jan. 2008

Der am 6. Juni 1932 geborene Hans Jörg Huber studierte Rechtswissenschaft und Philosophie an den Universitäten Perugia, Bern und Freiburg. Er gewann erste Führungserfahrungen im Militärdienst und als Zentralpräsident des Schweizerischen Studentenvereins. Als in Baden tätiger Anwalt machte er dank seiner hervorragenden Schaffenskraft und Disziplin sowohl in der Politik wie auch im Militär rasch Karriere.

Als Milizoffizier erreichte er mit dem Kommando der Grenzbrigade 5 (1982-1987) die höchstmögliche militärische Stufe. 1964 in den Grossen Rat des Kantons Aargau gewählt, wurde er Fraktionschef der CVP. Von 1976 bis 1988 bekleidete er das Amt eines Regierungsrates, wobei er dem Gesundheits- und Militärdepartement vorstand. Von 1988 an vertrat er den Kanton Aargau im Ständerat.

Die Schweizerische Vereinigung für Atomenergie (SVA), die Vorgängerin des Nuklearforums Schweiz, wählte Dr. Huber am 18. August 1988 zu ihrem Präsidenten - in einer Zeit, als der Kernenergie im Gefolge von Tschernobyl von einem beträchtlichen Teil der Medien und der Bevölkerung frontal ins Gesicht geblasen wurde. In seiner Antrittsrede erklärte Huber denn auch, dass er das Amt nur annehme einerseits wegen seiner Überzeugung, dass die Kernenergie unverzichtbar sei für das Wohlergehen unserer Gesellschaft und unserer Wirtschaft, und andererseits wegen seines bisherigen Einstehens für seinen nuklearfreundlichen Heimatkanton Aargau. Als Politiker liege ihm die sachliche und kompetente Informationstätigkeit der SVA ebenso am Herzen wie ihre Förderung der Aus- und Weiterbildung.

Als Präsident der SVA setzte Huber hohe Massstäbe an die Tätigkeit der Delegation, des Vorstands und der Geschäftsstelle. Seine Referate anlässlich der Generalversammlungen waren Musterbeispiele sachlicher Präzision und Klarheit - aber auch nicht einfache Vorgaben für die Gastreferenten, darunter nicht selten Bundesräte…

Mit Kritikern ging Huber ruhig und elegant um, indem er ihre Argumente ad absurdum führte. So meinte er 1988 zu Vorwürfen betreffend «Atomlobby»: «Es steht uns frei, unsere Meinung zu einem Thema zu äussern, von dem wir etwas verstehen, und uns offen einzusetzen für politische Entscheidungen, die uns weiterhelfen. Viele unserer Mitglieder haben die gesetzliche oder die politische Verpflichtung, die Versorgung eines Raumes mit elektrischer Energie sicherzustellen, und sie können das heute in der Schweiz nur mit Kernenergie. Wir leben auch nicht in einem ?Atomstaat?, was gleichbedeutend ist mit einer Beschränkung der persönlichen Freiheit und Sicherheit. Aber wir werden in einem ?überwachenden Rationierungsstaat? mit schweren wirtschaftlichen Folgen leben, wenn aus der Kernenergie ausgestiegen wird, ganz abgesehen von den Umweltschäden der fortgesetzten Verbrennung fossiler Brennstoffe.»

Zu den bevorstehenden Abstimmungen sagte Huber am 16. August 1990: «Ein Ausstieg aus der Kernenergie wäre eine Desolidarisierung mit der europäischen, ja globalen Energiepolitik. Diese geht davon aus, dass jedes Land seinen Energiebedarf soweit wie möglich selber deckt. Der europäische Stromverbund ist nur dazu da, um Notlagen von kurzer Dauer zu überwinden, nicht aber, um einen, der sich verweigert, auf die Dauer durchzufüttern.»

Und zu exzessiven Sparforderungen: «Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen wie unser Land als asketisch verzichtende Nation weiterlebt. Die Väter der antiautoritären Erziehung sind heute die Prediger des Ausstiegs: Sie werden staunend erkennen müssen, dass die Produkte ihrer Bildungspolitik nicht Spartaner und sparsame Konsumenten sind.»

Am 29. August 1991 musste Huber an der GV feststellen, dass durch die Abstimmung vom 23. September 1990 mit dem neuen Energieartikel, der Ablehnung der Ausstiegsinitiative und mit der Annahme eines 10-jährigen Moratoriums für weitere Kernkraftwerke eine neue Lage entstanden war. Die 1990er-Jahre waren dann auch geprägt von europaweiter Stagnation mit einem von den 1968ern dominierten antinuklearen und antiindustriellen Medienumfeld. Erschwerend wirkten die europäischen Beschlüsse zur Liberalisierung der Strommärkte, die die Investoren endgültig verunsicherten. Der Bau neuer Kraftwerke und Übertragungsleitungen kam fast europaweit zum Erliegen - mit den daraus resultierenden, praktisch unaufholbaren Versorgungsengpässen werden wir leider in den nächsten Jahren zu kämpfen haben…

Doch zurück zu den 1990er-Jahren: Da ging es um Leistungserhöhungen und Nachrüstungen bei den Kernkraftwerken, um das Vorantreiben weiterer Entsorgungsschritte und die Weiterführung der nuklearen Ausbildung und Forschung.

Die «Stromschwemme» als Folge der Stagnation und der beginnenden Marktöffnung gab den Gegnern Anlass, die Kernenergie als überflüssig und entbehrlich darzustellen. Selbst die Strombranche wurde verunsichert und auch Kernkraftwerke wurden in der kurzfristigen Finanzoptik als «nicht amortisierbare Investitionen» dargestellt. Da war es wichtig, dass Huber und «seine» SVA nicht müde wurden, auf die über ephemere Preisepisoden hinausgehende Bedeutung der Kernenergie für eine sichere, umweltschonende und bezahlbare Stromversorgung hinzuweisen und die Vorbereitungen für die Bekämpfung der neuen Ausstiegs- und Moratoriumsinitiativen anzustossen.

Als Hans Jörg Huber am 28. August 2001 das Präsidium seinem Nachfolger Bruno Pellaud übergab, konnte er das im Bewusstsein tun, das «Schiff» Kernenergie staatsmännisch ruhig durch stürmische Winde geleitet zu haben, mit neuen Ufern in Sicht.

Dr. Hans Fuchs, Vizepräsident Nuklearforum Schweiz

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