Elektrizitätsunternehmen sind attraktiv bewertet

Die Katastrophe in Japan hat viele Aktien von Elektrizitätsunternehmen belastet. Die Kursverluste fielen allerdings unterschiedlich aus. Ein Einstieg könnte sich für die Anleger lohnen.

18. Apr. 2011

Nach dem schweren Erdbeben und Tsunami vom 11. März 2011 in Japan kamen die Aktien der Elektrizitätsunternehmen unmittelbar unter Druck. Innerhalb weniger Tage verlor der WNA Nuclear Energy Index (WNAI) 13%. Zum Vergleich: Der Swiss Market Index verlor 6% und der Deutsche Aktienindex 9%. Der japanische Nikkei-Index gab hingegen 20% nach. Aus dieser Perspektive war der Rückschlag der Stromaktien nicht derart dramatisch. Allerdings: Viele Stromaktien waren aufgrund des Margendrucks seit längerer Zeit bei den Anlegern nicht mehr erste Wahl. Ausgerechnet bei den Margen könnte sich das Blatt erneut wenden. Exponenten wie Branchenbeobachter sagen höhere Strompreise voraus. Das freut die Aktionäre. Es ist deshalb zu erwarten, dass sich bei den Aktienkursen der Elektrizitätsbranche die Situation stabilisiert – trotz erhöhter Unsicherheit betreffend Kernenergie-Standbein.

Unternehmen, die im Inland mit massiv erschwerten Bedingungen zu rechnen haben, litten an der Börse stärker. Der Kernenergie-Umsatzanteil schien zweitrangig. So wären bei der weltweit grössten Kernkraftwerkbetreiberin, der Electricité de France (EDF), in den ersten panischen Reaktionen die höchsten Verluste zu erwarten gewesen. Doch weit gefehlt: EDF verlor in den ersten Handelstagen nach Beginn der Katastrophe in Fukushima bloss 12%. Die Marktkapitalisierung des Konzerns mit Sitz in Paris lag immer noch bei CHF 65 Mrd. Obwohl der deutsche Konzern RWE aufgrund seiner Geschäftsfelder breiter aufgestellt ist, verlor seine Aktie zwischenzeitlich noch mehr als EDF. Mittlerweile beträgt das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) der RWE noch 8 (EDF: 15). Ähnlich hektisch war der Aktienverlauf der E.On: Die Aktie ist derzeit zu einem attraktiven Kurs zu haben (KGV von 10).

Die deutschen Konzerne leiden unter der Aussicht vorzeitiger Abschaltung. Zudem ist die Kernenergie-Akzeptanz in Deutschland vor und nach Fukushima erheblich tiefer als in Frankreich. Betreiber wie die EDF sind deshalb weniger exponiert als die deutschen Konkurrenten. Spürbar war das Kursgewitter ebenso an der Schweizer Börse. Die Aktie der Alpiq hat sich jedoch schnell wieder erholt. Die BKW wiederum ist aufgrund der Diskussionen um das Kernkraftwerk Mühleberg stark in Mitleidenschaft gezogen worden. Einige Aktionäre haben in einer ersten Reaktion offensichtlich auch dem Energiemix der verschiedenen Konzerne wenig Beachtung geschenkt.

Viele Elektrizitätsunternehmen mit Kernenergiebeteiligungen können offenbar trotz allem mit einem soliden Geschäftsgang rechnen. Davon gehen zum Beispiel die Analysten der Zürcher Kantonalbank (ZKB) aus. Sie stufen die BKW-Aktie auf «marktgewichten» ein. Das ist eine neutrale Gewichtung – weder eine spezielle Verkauf- noch Kaufempfehlung. Die BKW-Aktie dürfte im Jahresverlauf von den im Oktober 2010 implementierten Preiserhöhungen im Schweizer Geschäft von rund 6% profitieren. Positiv sollte sich auch der Energiederivatehandel entwickeln. Nach der Katastrophe in Japan seien die Grosshandelspreise deutlich angestiegen. Sollten sie auf dem erhöhten Niveau bleiben, könnte dies das Ergebnis der BKW bei einem unveränderten Produktionspark – das heisst ohne Stilllegung des Kernkraftwerks Mühleberg – begünstigen.

Die ZKB führt dazu wörtlich aus: «Die BKW bezieht fast 60% ihrer Stromproduktion (ohne Berücksichtigung des Handels) aus Kernenergie. Es gibt Befürchtungen, dass entweder das Kernkraftwerk Mühleberg zu hohen Kosten nachgerüstet oder dass es deutlich früher als geplant vom Netz genommen werden muss.» Die Auswirkung solcher hypothetischen Massnahmen seien schwierig zu quantifizieren, würden jedoch bei einer Schliessung die Long-Position reduzieren und entsprechend zu Opportunitätsverlusten im Bereich Energie International/Trading (Betriebsgewinn-Beitrag 2010: CHF 51 Mio.) führen. 2009 hatte die Verlängerung der Laufzeit von 40 auf 50 Jahre den Gewinn mit CHF 39 Mio. positiv beeinflusst, und die Auflösung von Rückstellungen führte zusätzlich zu einem um CHF 89 Mio. tieferen Anschaffungswert. Das gestiegene politische Risiko wird gemäss ZKB die Kursentwicklung limitieren. Die BKW mit einer Bilanzsumme von CHF 6,5 Mrd. hat im vergangenen Jahr einen operativen Cashflow von CHF 275 Mio. erzielt (Vorjahr: 603 Mio.). Für die BKW wie für etliche andere Kernenergiebetreiber dürfte gelten: Die Aktie ist bewertet, sie ist attraktiv (KGV von 15). Die Risiken weiterer Kursverluste sind begrenzt.

Quelle

Hans Peter Arnold

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