Energiepolitik zwischen Wirtschaft und Gesellschaft

14. Feb. 2003

Dr. Michael Kohn ist Präsident des Arbeitskreises "Kapital und Wirtschaft", Zürich und der Energiekommission der Internationalen Handelskammer (ICC), Paris

A. Einleitung: Polarisierung statt Konsens

Die Schweizer und Schweizerinnen haben die vergangenen Neujahrstage festlich, aber doch in getrübter Stimmung begangen. Die Zukunftsaussichten sind nicht rosig. Die Schweizer Wirtschaft stagniert, die Zahl der Arbeitslosen steigt. Zwar ist Pessimismus nicht angebracht. Aber der Konjunktureinbruch und die wirtschaftliche Unsicherheit erfüllen die Bevölkerung mit Sorge. Die Schweiz wird zur Beseitigung ihrer Schwächen und Mängel in der nächsten Zeit tatkräftige Abhilfe schaffen müssen.
Es gibt allerdings Bereiche, die kerngesund sind, wenn man ihnen nicht Krankheiten andichtet: zum Beispiel die hiesige Energieversorgung. Gott sei Dank ist das so! Geregelte energiepolitische Verhältnisse sind eine Voraussetzung, um die wirtschaftliche Entwicklung wieder in Gang zu bringen. Die Schweizer Energieversorgung ist in der Tat leistungsfähig und zeitgerecht, sie erhält von internationalen Institutionen, zum Beispiel von der Internationalen Energieagentur (IEA), dauernd gute Noten und sie respektiert auch den Umweltschutz. Wir können mit ihr zufrieden sein.
Nun gibt es in der Energieszene wie auch in anderen Bereichen zwei Kategorien von Schweizern: die Zufriedenen und die Unzufriedenen. Diejenigen, die unserem Energiesystem positiv gegenüberstehen und diejenigen, die es abwegig finden und umstrukturieren wollen. Diejenigen, welche eine gesicherte Energieversorgung im Gleichgewicht zwischen Ökonomie und Ökologie, zwischen Staat und Wirtschaft beibehalten wollen und dem Markt vertrauen und diejenigen, die unter dem Motto "Energiewende" eine alternative Energiepolitik, eine Vorzugstellung der Ökologie und die Mehrung des staatlichen Einflusses herbeiwünschen. Für die einen ist Energie in erster Linie eine "commodity", eine Ware, von der man Qualität, Kontinuität, Wirtschaftlichkeit und auch ökologische Rücksichten erwartet; für die anderen ist die Energieversorgung Gesellschaftspolitik, die den Strukturwandel anpeilt, von der Grosstechnologie und den traditionellen Energieformen Abstand nimmt und dezentrale Lösungen fordert. Durch diese Antinomie hat eine zunehmende Polarisierung stattgefunden. Die Basis für einen breit abgestützten energiepolitischen Konsens, den das Land eigentlich dringend brauchte, ist abhanden gekommen.
In den nachstehenden Ausführungen soll untersucht werden, ob die Schweizer Energieversorgung den Qualitätsansprüchen einer modernen Industriegesellschaft wirklich genügt und welche Kräfte und Aktionen am Werk sind, das System zu verbessern, zu verschlimmbessern oder gar umzukrempeln.

B. Die Schweiz hat eine Energiepolitik

1. Steckbrief der aktuellen Energiepolitik

Die Schweiz hat eine Energiepolitik, und keine schlechte obendrein.
Jahrzehntelang und auch heute noch stützt sich die Energieversorgung auf den Markt ab. Eine leistungsfähige Energiewirtschaft, an der man zwar ständig herumkritisiert, hat dafür gesorgt und sorgt noch immer dafür, dass die Konsumenten Licht, Kraft und Wärme geliefert erhalten, an jedem Ort, zu jeglicher Zeit und zu annehmbaren Preisen. Da der Markt nicht alles und jedes regeln kann, hat ihm der Gesetzgeber eine Rahmenordnung auferlegt: einen zentralen Verfassungstext des Bundes, (BV Artikel 89, Energiepolitik), einen reichlich regulierenden Kranz eidgenössischer, kantonaler und kommunaler Gesetze und Verordnungen, insbesondere auch Vorschriften über die Verwendung von Kernenergie sowie über den Transport und die Lieferung elektrischer Energie und den Schutz der Gesundheit.
Im Zentrum steht der Verfassungstext, der lautet: "Bund und Kantone setzen sich im Rahmen ihrer Zuständigkeiten für eine ausreichende, breit gefächerte, sichere, wirtschaftliche und umweltverträgliche Energieversorgung sowie für einen sparsamen und rationellen Energieverbrauch ein."
Die Energieversorgung steht demnach auf drei Säulen und hat folgender Zieldefinition zu genügen. Sie muss

  • ausreichend und sicher
  • ökonomie-orientiert
  • ökologieverträglich sein.

Typisch für dieses Energiekonzept ist, dass Ökonomie und Ökologie im Gleichgewicht sind.
Um die energiepolitischen Ziele zu erreichen, sieht das Gesetzeswerk grundsätzlich folgende Postulate und Massnahmen vor:

  • Energiesparen zur Schonung des Portemonnaies, der Ressourcen und der Umwelt;
  • Diversifizieren, gemäss Verfassung "breit fächern", damit eine einseitige Abhängigkeit vermieden und die grosse Erdölabhängigkeit durch Substitution abgebaut werden kann;
  • Forschen, damit energiesparende Systeme entwickelt und neue, umweltfreundliche Energiequellen erforscht und gefördert werden können.

Das ist in wenigen Worten die politische Stossrichtung unserer Energieversorgung, die nun schon seit Jahren gut funktioniert. Diese Politik ist charakterisiert durch offene Grenzen mit noch immer starken Öl- und Gasimporten und grenzüberschreitendem Stromaustausch. Sie kann gekennzeichnet werden als liberale Politik unter Einbezug der Mittel der Information, Freiwilligkeit und der privaten Initiative, eingerahmt von sachbezogenen staatlichen Rahmenbedingungen (Gebote und Verbote). Es handelt sich wohlverstanden bis anhin um eine Energiepolitik, bei der im Rahmen des Energieartikels und des Energiegesetzes keine Steuern und Abgaben vorgesehen waren. Summa summarum ist es eine Politik, die in den allgemeinen Konsens der Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik eingebettet ist (der Energieartikel wurde mit grossem Mehr angenommen), ohne Gefährdung der wirtschaftlichen Grundlagen, ohne abrupte Abkehr von bewährten Strukturen und ohne energiepolitische Experimente (auch ohne Absage an die Kernenergie). Sie ist als Dienstleistung für Wirtschaft und Gesellschaft gedacht und kann als Standardmodell bezeichnet werden.
Zieht man eine Zwischenbilanz, so lässt sich feststellen, dass den vorgezeichneten Postulaten zwar nicht mit Volldampf, aber doch zielgerecht nachgelebt wurde. Nicht wenig wurde der Realisation der Postulate dank dem Projekt Energie 2000 respektive Energie Schweiz des Bundes nachgeholfen.
Das Energiesparen wurde nicht klein geschrieben. Natürlich kann man mehr machen. Der Schweizer ist kein Energieverschwender. Sein Beitrag an die weltweite Umweltverschmutzung figuriert auf einer Stelle nach dem Komma. Beim Energieverbrauch pro Kopf der Bevölkerung findet sich die Schweiz auf den hinteren Rängen. Unter den Industrienationen hat die Schweiz noch immer die tiefste Energie-Intensität, das heisst den kleinsten Energieverbrauch pro Einheit Bruttosozialprodukt; der IEA-Durchschnitt ist doppelt so hoch und die amerikanische Kennziffer dreimal.
Die Diversifikation, das zweite der in der Verfassung vorgezeichneten Postulate, macht Fortschritte. Der Erdölanteil ist seit der Ölkrise 1973 von 80% auf 60% gefallen. Der Rückgang ist auf einen starken Vormarsch des umweltfreundlicheren Erdgases sowie durch einen grösseren Anteil der Elektrizität zurückzuführen. Die Stromversorgung stützt sich - erdölfrei - auf 60% Wasserkraft und 40% Kernenergie ab.
Auch in der Energieforschung, dem dritten Postulat, darf sich die Schweiz im internationalen Vergleich sehen lassen. Mit einem öffentlichen Mitteleinsatz von rund 0,5 Promille des Bruttosozialprodukts rangierte sie im 2001 auf dem dritten Platz hinter Japan und Finnland. Betrachtet man nur die Aufwendungen im nichtnuklearen Bereich, stösst die Schweiz zusammen mit den Niederlanden gar auf den zweiten Platz vor. Dabei bezieht sich diese Statistik nur auf den Beitrag der öffentlichen Hand: dieser bezifferte sich im Jahr 2001 auf 173 Mio. Franken, vor allem seitens des Bundes. Dazu kommt der beträchtliche Aufwand der Privatwirtschaft im Umfang von 725 Mio. Franken, total demnach rund 900 Mio. Franken für die Energieforschung des Jahres 2001. Das ist nicht wenig.
Auch das Forschungsportefeuille erscheint zeitgerecht. Von den 173 Mio. Franken der öffentlichen Hand gehen je ein Drittel in die Rationelle Energienutzung, ein Drittel in die Erneuerbaren Energien und nur ein Drittel in die Kernenergie. Im 1982 beanspruchte die Kernenergie noch 60%. Kommt dazu, dass der Aufwand des privaten Sektors überwiegend dem rationellen Energieverbrauch und den alternativen Energien gewidmet ist. Die Behauptung von Umweltkreisen, in der Schweiz werde die Forschung bei den Erneuerbaren Energien vernachlässigt, ist eine Mär.
Das gibt Gelegenheit, einen Moment beim Umweltschutz zu verweilen. Punkto Ökologie bewegt sich die Schweiz, allen Unkenrufen zum Trotz, in der Champions League. Abgesehen von der fortschrittlichen Umweltschutzgesetzgebung, haben vor allem die Massnahmen zur Entschärfung des Klimaproblems, gemeint ist das CO2-Gesetz, die Energiepolitik ökologisch bereichert. Tatsache ist, dass die Schweiz als erstes Land ein modernes CO2-Gesetz hat. Laut diesem verpflichtet sich die Schweiz, in eiliger Erfüllung der Kyoto-Vereinbarung, ihren CO2-Ausstoss - 0,2% des Weltausstosses - bis 2010 um 10% unter das Niveau des Jahres 1990 zu reduzieren. Damit die 10%-ige Reduktion erreicht wird, soll der Sektor Brennstoff 15%, der Sektor Treibstoff 8% zum Abbau der CO2-Emissionen beitragen. Während das international verbindliche Kyoto-Protokoll, 10 Jahre nach Rio und 5 Jahre nach textlichem Zustandekommen in Kyoto 1997, noch nicht rechtskräftig ist, weil die USA ausgestiegen sind und Russland, Kanada und sogar die Schweiz das Vertragswerk noch nicht ratifiziert haben, nähert sich die Schweiz in vorauseilendem Gehorsam dem Jahr 2004, in welchem über eine CO2-Abgabe entschieden wird: Während die anderen Länder (ausser das eifrige Deutschland) noch gar nicht am Tisch sitzen, beissen wir uns vertragstreu durch das klimapolitische Menu, das ein paar schwerverdauliche Brocken aufweist.
Derzeit läuft beim CO2-Gesetz die Phase der Freiwilligkeit. Die Energieagentur der Wirtschaft ist daran, Industrie-, Gewerbe- und Dienstleistungssektor zu den vorgezeichneten Reduktionsmassnahmen zu verpflichten. Die Kantone konzentrieren sich auf die Gebäude und propagieren die Minergie-Bauweise, mit der sich rund 50 Prozent Brennstoff(kosten) einsparen lassen sollen. Der Bund befasst sich mit dem Verkehr. Trotz einer ansprechenden Vereinbarung für den Import immer verbrauchsärmerer Fahrzeuge ist das Ziel kaum zu erreichen. Denn die Konsumenten kaufen immer schwerere Fahrzeuge, die mehr Sprit brauchen, als "Bern" will. Der Verkehr soll seinen CO2-Ausstoss um 8 Prozent unter den Stand 1990 reduzieren. Aktuell emittiert er aber bereits 7 Prozent mehr als 1990. Die geplanten Massnahmen wie Energieetikette für Personenwagen, die Förderung schwefelfreier Treibstoffe und eine allfällige Verbilligung von Gastreibstoffen werden nicht ausreichen. Bundesrat Leuenberger meinte kürzlich im Parlament, "wenn in irgendeinem Bereich im Moment abzusehen ist, dass es doch zu einer CO2-Abgabe kommen muss, ist es der Verkehrsbereich".
Wenn die Schweiz den praktischen Klimaschutz in Anwendung des Kyoto-Protokolls fast allein betreibt und sich zu seiner Erfüllung auf eine CO2-Abgabe von bis zu 50 Rappen pro Liter Treibstoff vorbereiten muss, wäre es billig, dass bei der Bemessung der Abgabenhöhe durch Bundesrat und Parlament die Erleichterungen wahrgenommen werden, die das übergeordnete Kyoto-Protokoll bietet: es lässt nämlich die Berücksichtigung der sogenannten CO2-Senken wie den Wald oder terrestrische Ökosysteme zu. Auch diese binden das Kohlendioxyd, das durch die Verbrennung fossiler Energien entsteht. Gemäss CO2-Gesetz sind dagegen die Senken von den Emissionsbilanzen ausgeschlossen. Es ist nicht einzusehen, warum wir brave Schweizer Vorbildfunktionen und Zusatzlasten übernehmen sollen. Forschungsinstitute sind dabei, das hiesige Senkenpotential zu ermitteln. Jedenfalls kann sich die Schweiz nicht leisten, zwei Klimapolitiken zu folgen und Dienerin zweier Herren zu sein: dem Kyoto-Protokoll und dem CO2-Gesetz. Bei der kommenden Behandlung der Ratifikation des Kyoto-Protokolls im Nationalrat will dem Vernehmen nach die SVP diese Diskrepanz aufbringen. Die wirtschaftsfreundliche FDP wird wahrscheinlich wieder schlafen.
Zusammenfassend kann alles in allem gesehen festgestellt werden, dass unsere Energiepolitik gesund und solid ist. Trotzdem wird ständig an ihr herumlaboriert, weil sie für verschiedene Gruppierungen, vor allem für Umweltschutzkreise, zu wenig angriffig, zu wenig "grün" ist. Deshalb wird eine "Energiewende" angestrebt, was immer darunter zu verstehen ist. Das Schweizer Energiesystem wird krank geschrieben; der Kranke ist gesund.

2. Unsicherheiten und Schwachstellen in der Energiepolitik
Bei aller Würdigung unseres Energiesystems weist es einige Schwachstellen auf, die behoben werden sollten - nicht im Sinne der geforderten Umkrempelung, sondern zur Behebung einiger Unsicherheiten und Ungereimtheiten.
Da ist einmal die relativ grosse Auslandsabhängigkeit und einseitige Fächerung der Energiequellen. 60% Anteil des Erdöls und über 12% des Erdgases begründen den Löwenanteil der fossilen Nutzung. Das Uran für die Kernenergie ist zwar auch kein heimischer Rohstoff. Aber die inhärente Energiedichte ermöglicht länger dauernde Betriebszyklen. Mit Blick auf die europäische Integration und internationale Kooperation ist eine starke Auslandsabhängigkeit kein Sündenfall mehr. Wir sind noch immer der Idee der Kriegsvorsorge seligen Angedenkens verhaftet. Aber die Klimapolitik einerseits und das Damoklesschwert internationaler Verwicklungen wie ein Irak-Krieg anderseits rufen in Erinnerung, wie gross unsere Ölabhängigkeit ist. Durch eine verlässliche Reservehaltung gestützt auf das Landesversorgungsgesetz sollte unser Land im Falle kriegerischer Ereignisse ohne wesentliche Abstriche an Versorgungssicherheit über die Runden kommen -falls der Krieg von so kurzer Dauer sein wird, wie behauptet wird.
Eine andere Schwachstelle der Energieversorgung findet sich im Monopolsystem der Stromversorgung. Das Elektrizitätsmarktgesetz (EMG) ist kürzlich verworfen worden. Der Souverän hat zur Marktöffnung, Liberalisierung und zum Wettbewerb Nein gesagt. Auf die Gründe soll später eingegangen werden. Tatsache ist, dass die privaten Haushalte nicht besonders an einer Marktöffnung interessiert waren, weil der Monopolbetrieb stets funktioniert hat und die Preise günstig waren. Auch die Grossunternehmen hatten durch ihre Marktmacht von einem vorgezogenem Wettbewerb zwischen den Stromlieferanten profitiert. Auf der Strecke geblieben sind der gewerbliche Sektor und insbesondere die KMU's, vor allem diejenigen, bei denen die Stromkosten bei der Produktion ins Gewicht fallen. Kleine und mittlere Unternehmen bezahlen im Schnitt weiterhin über 40 Prozent mehr als ihre ausländische Konkurrenz. Der Druck auf Preissenkungen ist vorderhand weg. Das ist eine Ungereimtheit des Systems.
Auf die Ablehnung des EMG folgte vorerst Ratlosigkeit, dann verbale Betriebsamkeit. Die Zeitungen waren voll von gutgemeinten Vorschlägen; aber gut gemeint ist nicht immer gut. Einzelne Grosskunden werden versuchen, über das Kartellgesetz freien Netzzugang zu erstreiten. Heikle Rechtsfragen werden das Bundesgericht und wohl auch noch den Bundesrat beschäftigen. Das Kartellgesetz kann jedoch das EMG nicht ersetzen. Andere sehen das Heil in einer Branchenvereinbarung, welche die Marktöffnung auf freiwilliger Basis realisieren könnte; doch sind die Chancen für eine Einigung in der Branche gering. Neuere Überlegungen aus dem Bundesamt für Energie gehen dahin, bei einem neuen Anlauf von einer totalen Marktöffnung abzulassen und von zwei getrennten Märkten auszugehen: Einer für kommerzielle Kunden, Stromproduzenten und -lieferanten mit geregeltem Netzzugang und konkurrenzierenden Preisen; einen zweiten für die Haushalte, die in den bisherigen Monopolstrukturen eingeschlossen blieben, denen aber angemessene Preise garantiert werden müssten. Auch diese Dual-Konzeption wird nicht greifen. Der Markt ist nicht teilbar. Ab 1. Juli 2007 sind in der EU flächendeckend alle Verbraucher, inklusive die Haushalte von der Marktöffnung erfasst. Die einzige vernünftige Lösung würde für unser Land in einer neuen Auflage des Gesetzes, eines verbesserten, verständlicheren "EMG 2", liegen. Gespräche des Bundes mit Vertretern von Behörden, der Strombranche, den Konsumenten- und Umweltorganisationen finden statt. Doch wird eine neue Vorlage erst in einigen Jahren ins Parlament kommen und spruchreif sein. Eine Karenzzeit ist ohnehin empfehlenswert.
Obwohl unmittelbarer Handlungsbedarf im Nachgang der EMG-Pleite verneint wird, gibt es allerdings ein Gebiet, in welchem er besteht: die Herstellung der Reziprozität mit dem Ausland. Um allfällige Retorsionsmassnahmen zu vermeiden, ist eine Regelung bezüglich des "Cross Border Tradings" und der Transitkapazität über das Schweizer Hochspannungsnetz vordringlich. In Kreisen der Überlandwerke wird die Idee ventiliert, die im EMG vorgesehene privatrechtliche Schweizer Netzgesellschaft eventuell doch zu gründen. Von linker Seite wird aber bereits eine Verstaatlichung des Hochspannungsnetzes gefordert.
Dem Schweizer Gewerbe ist mit all diesen Lösungsvarianten nicht geholfen. Die KMU's, Rückgrat der Wirtschaft, haben das Nachsehen. Sie wollen ihre Marktlage verbessern. Wenn dies rechtlich nicht geht, führt vielleicht der Weg über die "moral suasion". Vielleicht zeigen sich volkswirtschaftlich einsichtige Stromlieferanten bereit, bei der freien Gestaltung ihrer Preispolitikjenen KMU's mit grossem Stromanteil in ihrer Produktion moderate Rabatte zu gewähren. Voraussetzung aber ist, dass die Elektrizitätswirtschaft nicht weiter gerupft und mit Steuern und Abgaben belastet und durch eine wirklichkeitsfremde Energiepolitik unter dem Titel "Energiewende" finanziell ausgehöhlt wird.

C. Verwirrungen und Verzerrungen in der Schweizer Energiepolitik

Während sich das Schweizer Energiesystem, abgesehen von den erwähnten remedurbedürftigen Defiziten als solid präsentiert, erweckt die Flut von Volksinitiativen und parlamentarischen Vorstössen sowie die Forderung nach alternativen Lösungen den Eindruck, als liege es im argen. Die Vorstösse sind in ihrem Endeffekt geeignet, die im Sinne der "Nachhaltigen Entwicklung" postulierte Balance zwischen Ökonomie, Ökologie und Sozialem zu verzerren und Unruhe zu schaffen.
Folgende Stossrichtungen drohen, die bewährten Grundlagen des Systems zu unterwandern:

  1. Die Ökologisierung und Fiskalisierung
  2. Der Widerstand gegen die Kernenergie
  3. Der Dissens in der Ordnungspolitik

Alle drei Tendenzen sollen durch Beispiele verdeutlicht werden.

1. Ökologisierung: die Forcierung der "renewables"
Erneuerbare Energien (Sonne, Wind, Geothermik, Biomasse, Abfallverwertung etc.) werden von interessierter Seite und vor allem in den Medien hochgejubelt und ihre massive Förderung verlangt. Da die herkömmlichen Energien vom Erdöl, der Kohle, dem Erdgas bis zum Uran jede auf ihre Art umweltbelastend sind, wird das Heil in den "renewables" gesucht. Sie tragen in der Tat zum Umweltschutz bei. Sie sollen erforscht und gefördert, aber nicht vergöttert werden. Ökologie Ja, Ökologisierung Nein! Eine massive Verbreitung setzt automatisch die Erhebung von Energiesteuern und Zweckabgaben zur Alimentierung einer reichhaltigen Subventionspolitik voraus. Das Pendant zur Ökologisierung ist die Fiskalisierung.
Alternative, erneuerbare Energien zu fördern ist kein Sakrileg. Sie sollen eine Chance haben. Sie sind durchaus geeignet, allmählich einen festen Platz in der internationalen wie nationalen Energieversorgung einzunehmen. Wer will denn gegen Sonne, Wind oder Biogas sein? Dass man sich für sie einsetzt, ist legitim. Was Unwille erweckt ist der Alleinvertretungs-, der Monopolanspruch. Nur so sei eine heile Welt erreichbar. Eines muss akzeptiert werden: Die "renewables" können und sollen ergänzen. Sie stellen additive Lösungen dar - Alternativen sind sie nicht. Um ihnen einen Platz an der Sonne zu erkämpfen, wird nach grosszügiger finanzieller Förderung gerufen. In der internationalen Energiedebatte hat sich aber die Einsicht durchgesetzt, dass unwirtschaftlichen Energieträgern -und das sind zum grossen Teil die "renewables" -zwar eine Starthilfe, das heisst zeitlich befristete Subventionen zur Erleichterung des Markteintritts gewährt werden sollen, aber keine Dauersubventionierung über Jahrzehnte.
Dass eine Privilegierung der "Erneuerbaren" happige Subventionen erheischt, zeigte die Energieabstimmung vom 24. September 2000. Alle Vorlagen wurden abgelehnt. Die Annahme hätte der Sonnenenergie (Solar-Initiative) während 25 Jahren und als Gegenvorschlag des Parlaments den erneuerbaren Energien, der Wasserkraft und der rationellen Energienutzung während 10 bis 15 Jahren (Förderabgabegesetz FAG) eine substantielle Finanzierung gebracht. Im ersten Fall ging es um Subventionen von jährlich 400 Mio. Franken, im zweiten Fall um jährliche 450 Mio. Franken, wovon ein Viertel für die Sonnenenergie reserviert waren. Mit diesen Vorlagen wäre eine bisher vermiedene Fiskalisierung der Energiepolitik und eine gross angelegte Subventionswirtschaft eingeleitet worden - auf dem Buckel der Konsumenten. Der Souverän hat mit Realitätssinn reagiert. Die Schweiz hat enorme Finanzbedürfnisse im Sozial-, Gesundheits- und Infrastrukturbereich. Da fragt es sich, ob eine forcierte Ökologisierung des Energiesystems mit einem Milliardenaufwand eine prioritäre Massnahme schweizerischer Politik sein muss.
Solche Überlegungen sind offenbar den Ökosozialen fremd. Sonst hätte nach dem Volks-Nein vom 24. September 2000 zu den damaligen Energievorlagen die Subventionslust abgenommen. Das Gegenteil ist der Fall. Wenn es nicht an der Urne geht, versucht man es über Hintertüren und Schleichwege. Bei der gegenwärtigen parlamentarischen Behandlung des Kernenergiegesetzes (KEG) waren Anträge eingereicht worden, welche eine massive zusätzliche Subventionierung der erneuerbaren Energien zum Ziele hatten. Da war die Rede von einem "Einspeisegesetz" für Elektrizität aus einheimischer Biomasse, Géothermie, Wind- und Sonnenenergie für eine Dauer von 20 Jahren, ausgerichtet an "Gestehungskosten", wie es im Antrag hiess. Das hätte eine neue Belastung von 130 Mio. Franken pro Jahr bedeutet. Zum Glück ging der Ständerat auf dieses Ansinnen gar nicht ein.
Aber auch der noch hängige Antrag einer Lenkungsabgabe auf Kernenergie-Strom von 0,3 Rp./ kwh während 10, eventuell 20 Jahren zugunsten der erneuerbaren Energien hätte einen Subventionsschub von rund 70 Mio. Franken ausgelöst. Solche Subventionsgelüste so kurz nach dem Volks-Nein wieder auf den Tisch zu bringen, ist staatspolitisch höchst fragwürdig. Das Kernenergiegesetz wird missbraucht, um Vorlagen durchzubringen, die beim Volk nicht mehrheitsfähig waren. Dabei ist es nicht so, dass die Förderung der "renewables" in unserem Land etwa klein geschrieben würde. Dank dem Aktionsprogramm Energie Schweiz (55 Mio. Franken), anderen Massnahmen des Bundes und freiwilligen Einspeisevergütungen der Elektrizitätswirtschaft fliessen ansehnliche Gelder in Richtung Alternativpolitik. Eine Statistik der IEA zeigt auf, dass bei den staatlichen pro Kopf-Ausgaben für regenerierbare Energien in den zwei Dutzend lEA-Ländern die Schweiz in der Spitzengruppe liegt und in Europa nur von Dänemark, Schweden und Deutschland übertroffen wird.
Bei aller Förderung der "Erneuerbaren" darf nicht vergessen werden, dass es noch andere Energiequellen gibt. Auch in der Welt draussen wird nicht nur auf die Karte der erneuerbaren Energien gesetzt. Das wäre auch nicht sinnvoll, wenn man weiss, dass der Energiehunger gewaltig ist und anderthalb Milliarden Menschen ohne Energieversorgung leben. Da werden alle verfügbaren, sauberen, betrieblich bewährten, fortschrittlichen, effizienten, preislich akzeptablen und umweltverträglichen Energiequellen gebraucht, auch die erneuerbaren, aber nicht nur diese. Am kürzlichen Erdgipfel in Johannesburg haben sich 190 Regierungsdelegationen auf die Formel geeinigt (Art. 19e des "Plans of Implementation"):
"Diversify energy supply by developing advan-ced, cleaner, more efficient, affordable and costeffective energy technologies, including fossil fuel technologies and renewable energy technologies, hydro included, and their transfer to developing countries..."
Es sind demnach alle Energieträger zugelassen, wenn sie die genannten Kriterien erfüllen, inklusive die fossilen und die erneuerbaren Quellen. Die Kernenergie ist nicht ausgeschlossen.
In ähnlicher Weise äussert sich der Weltenergierat (Wold Energy Council, London UK) in seinem neuesten Positionspapier WEC 2003:
"WEC believes renewables must be able to find their own füll cost position in the energy mixand should not be subsidized in industrialized countries.... Shielding renewables from compétition can hâve a completely opposite effect. Removing compétitive pressure can slow down further development".
Im Zusammenhang mit dem Ausstieg aus der Kernenergie werden die Sonnen- und vor allem die Windenergie als Ersatzlösungen propagiert. Die Stromerzeugung auf photovoltaischem Weg ist nach wie vor spürbar teuer und beansprucht viel Fläche; sie wird von den Initianten der Ausstiegsinitiativen in letzter Zeit eher zurückhaltend ins Feld geführt. Mit Fanfarenklängen wird neuerdings die Windenergie als Patentlösung angekündigt. Nach Meinung des Bundesamts für Energie (BFE) könnte die Windenergie bis zum Jahr 2010, dem Zeitpunkt der Ausgrenzung aller Nuklearanlagen in unserem Land, höchstens 2 Promille des Strombedarfs decken, gemäss Hoffnungen der Windkraftindustrie könnten es 1 bis 2 Promille mehr sein. Durch die Stilllegung der fünf Schweizer Kernkraftwerke sind 40% der Stromversorgung mit rund 25 Milliarden Kilowattstunden Jahresproduktion wettzumachen. Es wäre also die Bereitstellung entsprechend hoher Reserven nötig.
Dazu kommt, dass Sonne und Wind nicht Bandenergie liefern wie die Kernkraftwerke, da ihre Jahresverfügbarkeit limitiert ist: bei der Sonne sind es 10%, bei der Windenergie im Binnenland 12%, an offenen Meeresküsten 20%. Der Windstrom kommt nur, wenn der Wind weht. Ginge es darum, die Kapazität von 3200 MW unserer Kernkraftwerke durch Windstrom aus Offshore-Windkraftanlagen in der Nordsee zu ersetzen, müssten dort Windparks von rund 5 mal mehr, also rund 15000 MW erstellt werden. Das ist fast so viel wie Deutschland für seinen Bedarf realisieren will. Die Produktion müsste mit potenten Übertragungsleitungen quer durch Deutschland transportiert werden, die noch nicht existieren. Es ist nicht anzunehmen, dass der Bau solcher Anlagen im Norden Deutschlands Schweizerischen Firmen übertragen würde. Man kann es drehen wir man will: Die stillgelegten, helvetischen Nuklearwerke durch Windenergie zu ersetzen ist eine Fiktion.

2. Der Widerstand gegen die Kernenergie
Ein weiteres Phänomen, das laufend Unruhe und Dissens in die Energiepolitik einführt, ist die Opposition gegen die Nukleartechnik. Nachdem der Souverän den Ausstieg aus der Kernenergie schon dreimal abgelehnt hat, kommt es am 18. Mai nächsthin zur vierten Runde im Abstimmungskampf über zwei neue Volksbegehren. Das eine fordert die Stilllegung unserer klaglos operierenden Kernkraftwerke in kurzer Frist, das andere, unter dem trügerischen Namen "Moratorium Plus", will den Ausstieg auf kaltem Wege durchziehen. Die Häufung solcher Abstimmungskampagnen wird zu Schaukämpfen zwischen Illusion und Wirklichkeit. Sie verstetigen in unserem Land die energiepolitische Polarisierung.
Im Telegrammstil soll nochmals an die unvermindert gültigen Gründe erinnert werden, weshalb eine Ablehnung der Initiativen dem Landesinteresse dient:
Die Schweizer Stromversorgung stützt sich auf eine bewährte Kombination zweier Energieträger ab: 60% Wasserkraft, 40% Kernkraft. Diese bewährte Zauberformel trägt zu einer hohen Versorgungssicherheit und zu einem betriebswirtschaftlichen optimalen Strommix bei. Die nuklearen und hydraulischen Laufkraftwerke liefern kontinuierliche Bandenergie, die grossen Speicherwerke der Alpen sorgen für die Deckung der Verbrauchsspitzen. Mit der Wasserkraft wird der einzige Schweizer Rohstoff genutzt und die Bergregion belebt, mit der Kernenergie wird der Grundbedarf befriedigt und der Service Public vollzogen. Die Attacke gegen die Zauberformel 60:40 würde das Fundament der Schweizer Stromversorgung erschüttern.
Der Schweizer Strommix ist frei von Luftschadstoffen und Treibhausgasen (CO2). Es wäre ein Schildbürgerstreich, im Zeitalter der Klimapolitik und der Entkarbonisierung eine klimagerechte Produktionsstruktur wie die hiesige durch die Schliessung der fünf Schweizer Kernkraftwerke auseinander zu reissen. Wer die Kernkraftwerke schliesst, öffnet die Öl- und Gashahnen.
Kernenergie ist keine harmlose Energieform. Reaktivität hat ihre Tücken und Tschernobyl hat Wunden ins Energiebewusstsein geschlagen. Aber Beznau, Mühleberg, Gösgen und Leibstadt sind nicht Tschernobyl. Das ist hundertfach nachgewiesen. Nukleare Sicherheit wird in unserem Land gross geschrieben. Auch die nukleare Entsorgung, die Unbehagen hervorruft, ist beherrschbar. Es gibt eine ganze Reihe von Ländern, welche die Entsorgungsproblematik im Urteil von Politik und Gesellschaft gemeistert haben.
In der Energiedebatte sind offenbar Ängste an der Tagesordnung. Aber etwas Vernunft darf auch sein! Eine totale Abwendung von der Kernenergie sollte erst dann erfolgen, wenn die Konsequenzen des Ausstiegs vorurteilslos geprüft und die Frage beantwortet ist: Wenn nicht Kernenergie, was dann?
Als Ersatzlösungen werden die erneuerbaren Energien Sonne, Wind etc. angeboten. Sie werden hoch gelobt. Aus quantitativen wie qualitativen Gründen sind diese Alternativen nicht in der Lage, den Ausfall der Kernkraftwerke wettzumachen. Bevor man sich von der Kernenergie loslöst, muss man echte Alternativen, nicht Attrappen bereithalten, sonst würde der Ausstieg zu einem Sprung ins Leere. Aussteigen tut man besser auf Bahnhöfen, nicht auf offener Strecke.
Auch mit Stromsparen lässt sich kein Staat machen. Um den Stromverbrauch um 40% zu reduzieren, brauchte es einen rigorosen behördlichen Eingriff. Lieber 1000 nukleare Megawatt als 1000 neue Vorschriften. Kommt dazu, dass das mit Elektrizität gekoppelte Wachstum des Bruttosozialprodukts mit Blick auf Modernisierung und Automatisierung mit der Zurückdämmung der Elektrizität unterbunden würde.
Der unilaterale Ausstieg würde der Schweiz grosse Belastungen wirtschaftlicher Art bringen. Der Ausstieg würde zu einem provinziellen Kraftakt, der unsere wirtschaftliche Potenz schwächt, ohne unsere Sicherheit zu erhöhen. Denn im Umkreis von 2000 km um die Schweiz sind und bleiben rund 200 Reaktoren im Betrieb. Das Risiko der Kernenergie kennt keine territorialen Grenzen. Die Lösung des nuklearen Dilemmas kann nicht darin bestehen, die Kernkraftwerke in einzelnen Ländern abzustellen und in anderen nicht. Entweder heisst die Lösung "alle aussteigen" oder "alle einsteigen", um in internationaler Kooperation die nuklearen Werke auf den höchsten Sicherheitsstandard zu heben.
Die Ausserbetriebnahme der Kernkraftwerke hätte auch in der Schweiz schwerwiegende finanzielle Folgen. Sie käme einer Kapitalvernichtung gleich. Sachwerte würden brachliegen. Die Werkbetreiber müssten horrende Abschreibungen vornehmen, und auch die Ersatzenergie, soweit vorhanden, berappen. Die Leidtragenden wären der Konsument und die Konsumentin. Der Ausstieg aus der Kernenergie geht über das Portemonnaie.
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die Stilllegung der Kernkraftwerke unseres Landes energiepolitisch unsinnig, ökologisch fragwürdig, finanziell verheerend und wirtschaftlich unverantwortbar wäre. Der Ausstieg aus der Kernenergie führt auf Abwege.

3. Die Ordnungspolitik oder die Antinomie zwischen Staat und Wirtschaft
In der Energiepolitik wirken noch andere Kräfte, welche die Konsensbildung lähmen: die Gegensätze zwischen Staat und Wirtschaft, Markt- und Planwirtschaft, Liberalismus und Interventionismus.
Kehren wir zurück zum Elektrizitätsmarktgesetz und seinem Niedergang: Neben vielen anderen Gründen hat die Gegensätzlichkeit Staat gegen Wirtschaft die Vorlage zu Fall gebracht. Während in den Neunzigerjahren die Meinung vorherrschte, dass die Wirtschaft gegenüber dem Staat die Oberhand hat, wechselte in den letzten Jahren die Rangfolge. Durch die Häufung der Firmendesaster, das Versagen der Manager und die Abzockerei in den Chefetagen ist die Wirtschaft in Verruf geraten; sie machte zweite. Und da es nicht gelang, in der Abstimmungskampagne über das EMG den Unterschied zwischen Liberalisierung und Verselbständigung einerseits und Privatisierung andererseits deutlich zu machen, verschloss sich das Publikum der Idee, den Betrieb der Stromversorgung der Wirtschaft zu überlassen. Die Präsidentin der SP, Christiane Brunner, fasste die Haltung der Nein-Sager mit dem Satz zusammen: "Die Stromversorgung muss in staatlicher Hand bleiben." Diese ist in der Hand der Kantone und Gemeinden. Es war nie geplant, sie den Kantonen, den eigentlichen Eigentümern der Kraftwerke, zu entreissen. Ferner hört sich das Brunner'sche Motto von der Wahrung des staatlichen Besitzes etwas gekünstelt an, wenn man bedenkt, dass unsere Erdölversorgung, die mit 60% den Verbrauch dominiert, ganz in privaten Händen ist und erst noch in ausländischen. Aber die Feindseligkeit gegenüber der Wirtschaft ist gross, so gross, dass Zürcher Alternativpolitiker sogar fordern, die vertraglichen Abmachungen des EWZ mit Grossbezügern über gewährte Rabatte seien rückgängig zu machen: Nivellierung und Gleichmacherei auf der ganzen Linie.
Aber wenn ein EMG, welches als Helferin der Wirtschaft auserkoren worden war, brüsk abgelehnt wird, weil man die Stromversorgung von den Versagern der Wirtschaft fernhalten will, dann muss die gleiche Wirtschaft wie ein Mann aufstehen und sich dagegen verwahren, mit den Versagern in den gleichen Topf geworfen zu werden. Die grosse Mehrheit der Schweizer Industrie, des Gewerbes inklusive KMU's wird anständig und effizient geführt. Es sind die Grossen, die versagt haben, nicht die Kleinen. Die KMU's, die das Holz sind, aus dem die Schweiz geschnitzt ist, brauchten sich nicht zu verstecken. Als das EMG zur Debatte stand, hätten es gerade die Vertreter der Industrie und der KMU's sein sollen, sich öffentlich für das EMG zu engagieren. Ein Grossteil des Gewerbes stand in der Öffentlichkeit abseits. Das ist die Lehre, die aus dem EMG-Fiasko zu ziehen ist: Wenn die Leistungsfähigkeit und die Solidität unserer Energieversorgung bewahrt und realitätsfremde Experimente abschmettert werden sollen, müssen sich Industrie und Gewerbe in der Energiedebatte melden, sich bei Abstimmungskämpfen profilieren, etwas mehr Feuer zeigen. Wer nicht handelt, wird behandelt und wer zu spät kommt, den bestraft die Geschichte.

Quelle

Dr. Michael Kohn, Zürich

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