Entwicklungsziele für den russischen Nuklearsektor

Die Kommission für Industrie, Transport und Kommunikation des russischen Parlaments - der Staatsduma - empfiehlt der Regierung im Rahmen einer Strategie zur Verbesserung der Energieeffizienz, im Zeitraum von 2005 bis 2010 Reaktorsysteme mit geschlossenem Kernbrennstoffkreislauf weiter zu entwickeln.

18. Okt. 2004

Namentlich ist für die Kommission der Bau Schneller Reaktoren und die Schliessung des Brennstoffkreislaufs ein Weg, um bereits in naher Zukunft die Energieversorgung Russlands nachhaltiger zu machen.
Der Vorsitzende der Kommission, Wladimir Gratschew, stellte mit Befriedigung fest, die Kernenergie, die früher Umweltprobleme geschaffen habe, löse diese jetzt. Oleg Saraew, Generaldirektor des staatlichen Elektrizitätsunternehmens Rosenergoatom, betonte, Schnelle Reaktoren seien für die Umwelt besser, da dieser Reaktortyp die langlebigen Abfälle aus dem Brennstoffzyklus verbrenne. Nach 20 Jahren wären bei geschlossenem Brennstoffkreislauf alle Plutoniumvorräte Russlands aus den Kernkraftwerken und Waffenprogrammen aufgebraucht.
Im kommenden Jahr will die Rosenergoatom rund RUR 900 Mio. (CHF 37 Mio.) investieren, um die Auslegung des Kernkraftwerks BN-800 mit einem Schnellem Brutreaktor voranzutreiben, das in Belojarsk gebaut werden soll. Um die Projektgruppe zu erhalten, wären gemäss Saraew indessen RUR 2 Mrd. (CHF 82 Mio.) jährlich nötig. Die Rosenergoatom hoffe jetzt auf eine direkte Förderung durch die Regierung. Damit könnte Russland die führende Stellung in der Brütertechnologie halten und ausbauen. Am Standort Belojarsk steht seit 1980 der Brüter BN-600 in Betrieb. Das BN-800-Projekt wurde 1985 lanciert, aber nach dem Unfall in Tschernobyl bis vor kurzem suspendiert. Jetzt soll die Einheit 2010 in Betrieb gehen. Die Investition in einen Schnellen Brüter sind laut den Rosenergoatom-Experten 20% bis 30% höher als in einen Druckwasserreaktor. Dennoch soll die Erzeugung elektrischer Energie später 15% bis 20% weniger kosten, betonen die Experten. Das Unternehmen investiert allerdings nach wie vor am meisten in den Neubau und die Nachrüstung seiner herkömmlichen Kernkraftwerke. Im Budget für 2005 sind dafür annähernd RUR 18 Mrd. (rund CHF 730 Mio.) vorgesehen.
Ein Bericht des kürzlich verstorbenen stellvertretenden Vorstehers der Russischen Föderativen Atomenergieorganisation Rosatom, Boris Jurlow, für das Jahressymposium 2004 der World Nuclear Association bestätigt das Wachstumsziel der Regierung für die Kernenergie von 4% jährlich: 2020 sollen die russischen Kernkraftwerke mit einer installierten Gesamtleistung von 40'000 MW rund 30 Mrd. kWh Strom liefern. Zwei Wege sollen zu diesem Ziel führen: Einerseits werden es Ertüchtigungsmassnahmen erlauben, die mittlere Auslastung der bestehenden Werke auf 85% zu steigern. Andererseits geht der Bau neuer Druckwassereinheiten weiter. Jurlow bestätigt in seinem Bericht Meldungen vom Januar 2004, wonach Rosatom (damals noch unter dem Namen Minatom) an der Entwicklung eines fortgeschrittenen Druckwasserreaktortpys WWER-1500 mit einer Blockleistung von rund 1500 MW arbeitet und die Weiterentwicklung der Brütertechnologie unterstützt.
Doch auch im Kernbrennstoffkreislauf wird investiert. Russland hält laut Jurlow heute bereits einen Anteil von 17% am Weltmarkt für Brennelemente mit Lieferungen in 13 Länder. Die Rosatom, die immer mehr nach marktwirtschaftlichen Grundsätzen arbeitet, konzentriert die Entwicklung in diesem Bereich heute auf Brennelemente für Druckwasserreaktoren westlicher Bauart. Bei der Lieferung von Kernkraftwerken ins Ausland will sie künftig wieder - wie schon zu sowjetischen Zeiten -den Brennstoff für die ganze Reaktorlebensdauer mitliefern und die bestrahlten Brennelemente systematisch zurücknehmen. Sie würde also eigentlich nur den Abbrand verkaufen und damit einen umfassenden Nonproliferationsschutz bieten.

Quelle

P.B. nach NucNet, 18. und 19. Oktober 2004

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