EU: Wann ist Wasserstoff «erneuerbar» produziert?

Die Europäische Kommission hat Vorschriften vorgeschlagen, mit denen definiert wird, was in der EU als erneuerbarer Wasserstoff gelten soll. Dies könnte ermöglichen, dass ein Teil des durch Kernenergiesysteme erzeugten Wasserstoffs auf die EU-Ziele für erneuerbare Energien angerechnet wird.

16. Feb. 2023
Flaggen EU vor Gebäude
Die Europäische Kommission will auch mit Atomkraft erzeugten Wasserstoff unter bestimmten Bedingungen als «erneuerbar» einstufen.
Quelle: Pixabay

Die Produktion von sauberem Wasserstoff ist von zentraler Bedeutung für Europas Pläne zur Dekarbonisierung der Schwerindustrie. Die neuen Vorschriften der Kommission sollen Anreize für Investoren und die Industrie schaffen, von Wasserstoff aus fossilen Brennstoffen auf Wasserstoff aus erneuerbaren Energien umzusteigen.

Wasserstoff, der mit Hilfe von Kernenergie hergestellt wird, wird jedoch nicht als «erneuerbar» bezeichnet, sondern als «kohlenstoffarm». Auf ihrer Website zu den Vorschriften, die in zwei delegierten Rechtsakten enthalten sind, erklärte die Kommission, dass sie kohlenstoffarmen Wasserstoff als Wasserstoff definiert, der aus nicht erneuerbaren Quellen stammt und während seines gesamten Lebenszyklus mindestens 70% weniger Treibhausgasemissionen erzeugt als fossiles Erdgas.

Die Frage, was die Europäische Union als «erneuerbar» einstuft, hat in den letzten Monaten zu einem Streit zwischen Frankreich und Ländern wie Deutschland geführt, die der Meinung sind, dass nukleare Brennstoffe nicht einbezogen werden sollten. Die EU-Kommission hat nun drei Arten von Wasserstoff definiert, die auf die Ziele für erneuerbare Energien angerechnet werden sollen. Dazu gehört Wasserstoff aus Produktionsanlagen, die direkt an eine neue Stromerzeugungsanlage für erneuerbare Energien angeschlossen sind sowie wenn das Elektrolysegerät für die Wasserstoffherstellung an ein örtliches Stromnetz angeschlossen ist, in das zu 90% Strom aus Erneuerbaren eingespeist wird. Zudem soll der Netzbetreiber einen langfristigen Stromabnahmevertrag für erneuerbaren Strom in der Region abgeschlossen haben. Die Auflage, dass die Hersteller entweder direkt neu installierten Strom aus erneuerbaren Energien nutzen oder einen langfristigen Stromabnahmevertrag zur Unterstützung neuer lokaler Projekte für erneuerbare Energien unterzeichnen müssen ist eine Vorsorgemassnahme: Es soll verhindert werden, dass die Wasserstoffproduzenten die vorhandenen Kapazitäten für erneuerbare Energien belasten, wodurch die Gefahr besteht, dass die Erzeugung fossiler Brennstoffe zur Deckung des Gesamtenergiebedarfs zunimmt.

Kadri Simson, EU-Kommissarin für Energie, erklärte, dass die Massnahmen das Vertrauen in den entstehenden Wasserstoffmarkt stärken würden: «Erneuerbarer Wasserstoff ist ein zentraler Bestandteil unserer Strategie für eine kosteneffiziente Energiewende und trägt dazu bei, in verschiedenen Industrieverfahren von fossilen Brennstoffen aus Russland unabhängig zu werden. Klare Vorschriften und ein zuverlässiges Zertifizierungssystem sind von entscheidender Bedeutung dafür, dass sich dieser aufstrebende Markt in Europa entwickeln und etablieren kann. Diese delegierten Rechtsakte bieten Investoren die dringend benötigte Rechtssicherheit und werden die Führungsrolle der EU-Industrie in diesem grünen Sektor weiter stärken.»

Das EU-Parlament und die Mitgliedstaaten haben nun zwei Monate Zeit, den Vorschlag der Europäischen Kommission zur Definition von grünem Wasserstoff zu prüfen und ihn abzulehnen oder anzunehmen. Änderungsvorschläge können sie nicht einreichen.

Berechnungsmethode noch nicht endgültig
Am 9. Februar 2023 hatte der Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie (ITRE) – einer der zwanzig ständigen Ausschüsse des Europäischen Parlaments – einer Definition für kohlenstoffarmen Wasserstoff zugestimmt. Um in der EU als kohlenstoffarm zu gelten, soll Wasserstoff einen Schwellenwert von 3,38 Kilo CO2-Äquivalent pro Kilo Wasserstoff (kgCO2e/kgH2) nicht überschreiten. Nahezu aller Wasserstoff, der derzeit aus Erdgas hergestellt wird, weist eine Kohlenstoffintensität von 11 kgCO2e/kgH2 auf.

Bislang wurde noch keine fixe Berechnungsmethode festgelegt, da diese innerhalb von sechs Monaten nach der endgültigen Verabschiedung der Gas- und Wasserstoffrichtlinie angenommen werden soll.

Mit dieser Definition ist kohlenstoffarmer Wasserstoff bei der Dekarbonisierung der europäischen Wirtschaft ebenso effizient wie erneuerbarer Wasserstoff, dessen Schwellenwert ebenfalls bei 3,38 kgCO2e/kgH2 liegt.

Frankreich kann laut der französischen Agence de la transition écologique (ADEME) Wasserstoff aus Kernkraft mit einer Kohlenstoffintensität von nur 2,77 kgCO2e/kgH2 produzieren.

Quelle

M.A. NucNet, 14. Februar 2023; EU-Kommission, Medienmitteilung, 13. Februar 2023 und Euractiv, 10. Februar 2023

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