EU-weite Umfrage über radioaktiven Abfall

Im Auftrag der Generaldirektion Energie und Verkehr der EU-Kommission führte das Meinungsforschungsinstitut Inra (Europe) zusammen mit nationalen Instituten vom 13. Oktober bis 19. November 2001 in allen 15 EU-Ländern eine repräsentative Umfrage durch.

2. Mai 2002

Wie bereits im Herbst 1998 wurden rund 16'000 EU-Bürger im Alter von 15 und mehr Jahren bei sich zu Hause zu ihrer Meinung und ihrem Wissen über radioaktiven Abfall befragt. Die ausführlichen Ergebnisse der Studie liegen jetzt als Bericht "Eurobarometer 56.2 - Europeans and Radioactive Waste" vor. Im gleichen Zeitraum wurde auch in der Schweiz eine Befragung mit zum Teil sehr ähnlichen Ergebnissen durchgeführt.
Gemäss Eurobarometer meinen die meisten Befragten, dass die Option Kernenergie für die Stromerzeugung offen zu halten sei, wenn die Abfallfrage sicher gelöst werde, dass die heutige Generation ihre Abfälle beseitigen und nicht den Nachkommen überlassen solle und dass jedes Land sein eigenes Abfalllager einzurichten habe. Die Studie zeigt auf, dass die Öffentlichkeit - mehr noch als 1998 - über die bestehenden Abfallprogramme schlecht informiert ist. Auch weiss nur eine Minderheit, dass elektrische Energie in Kernkraftwerken praktisch CO2-frei erzeugt wird. Bei mehreren wichtigen Fragen streuen zudem die Meinungen zwischen den Ländern nach wie vor stark.
So bezeichneten sich in Belgien 48%, in Portugal 47% und in Spanien 43% als "überhaupt nicht gut über radioaktiven Abfall informiert", während dies in Finnland nur 16%, in Schweden nur 12% und in Dänemark gar nur 10% angaben. Auf die Frage, wem sie am meisten Vertrauen bei der Information über Abfallfragen schenkten, gaben im EU-Mittel 32% "unabhängige Wissenschaftler" und 31% private Organisationen - so genannte NGO - an. Nur 11% trauen den EU-Organen und 10% der Kernindustrie, wobei bestimmte Länder wieder stark vom Mittelwert abweichen. Gegenüber der Umfrage von 1998 haben besonders die Regierungen und die Medien als Informationsquellen Vertrauenspunkte verloren.
Bei Wissensfragen stellte sich einmal mehr das grosse Unwissen heraus. Zwar glaubten 91% richtig, dass Kernkraftwerke radioaktiven Abfall erzeugen, aber nur 69% war es klar, dass solche Abfälle auch aus medizinischen Anwendungen stammen, und weniger als die Hälfte wusste von den radioaktiven Abfällen aus der Industrie. Hingegen glaubten weiterhin 79% fälschlicherweise, dass "alle radioaktiven Abfälle sehr gefährlich" seien. Seit 1998 signifikant von 75% auf 63% gefallen ist hingegen der Anteil der Befragten, die meinen, jedes Land solle für sich allein die hochradioaktiven Abfälle entsorgen, während der Anteil der Befürworter einer Zusammenarbeit über die Landesgrenzen von 12% auf 18% gestiegen ist.
Bei der Aufgabe, aus einer Anzahl von Vorschlägen die als zutreffend empfundene Antwort auszusuchen, weshalb die Endlagerung hochradioaktiver Abfälle noch nicht realisiert sei, tippten 46%, es gebe gar keinen sicheren Weg zur Beseitigung dieser Abfälle. 20% meinten, ein solches Vorhaben sei eben politisch unpopulär. Ebenfalls 20% teilten die Ansicht, alle Risiken seien zuerst abzuklären und das brauche nun einmal Zeit. 14% gaben an, nicht zu wissen, welche Antwort zutreffe.
Weitere Wissensfragen betrafen die mutmasslichen Gefahren eines Endlagers und die Verfahren zur Beseitigung schwachradioaktiver Abfälle. Auf die Frage, ob die Behandlung der Abfälle im eigenen Land, in anderen EU-Ländern oder in Mittel- und Osteuropa Sorgen mache, zeigten sich im Mittel 29% über die Situation im eigenen Land "sehr besorgt". 1998 waren dies noch 41% gewesen. Weiter oben auf dem Sorgenbarometer stehen jedoch regelmässig die anderen EU-Länder sowie Mittel- und Osteuropa (49%). Bei den allgemeinen Fragen zur Kernenergie meinten rund 50%, die Medien würden fair darüber berichten, während 50% damit nicht einverstanden waren. In Schweden teilten 40% die Ansicht, die Industrie würde offen über Abfallfragen informieren, in Italien nur 10% und im europäischen Mittel 18%.
Über ein Drittel sagte, sie wüssten nicht, ob Kernkraftwerke Treibhausgase (CO2) abgeben - wieder mit grosser Streuung von 4% in Schweden bis 55% in Spanien. Im Mittel wussten 41%, dass Kernkraftwerke keine solchen Gase abgeben. 51% fanden, die Option Kernenergie sei offen zu halten, wenn das Abfallproblem gelöst werden könne, 25% teilten diese Ansicht nicht und 24% sagten, sie wüssten es nicht. In dieser Frage wich die Meinung nur in Österreich stark vom Mittelwert ab. Mit 80% Zustimmung fast ungeteilt herrschte schliesslich die Meinung vor, dass die heutige Generation die Abfallfrage zu lösen habe und sie nicht künftigen Generationen überlassen dürfe.

Quelle

P.B. nach EU-Unterlagen, 19. April, und Foratom-Mitteilung, 3. Mai 2002

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