Eurobarometer zur Sicherheit der Kernenergie
Eine EU-weite Umfrage im Auftrag der Generaldirektion Energie und Verkehr hat ergeben, dass die Wertschätzung der Kernenergie in den vergangenen drei Jahren gestiegen ist. Die Mehrheit der Befragten sieht in der Kernenergie einen Beitrag zu einer unabhängigen Energieversorgung. Am aktuellen Kernenergieanteil im Strommix festhalten oder diesen erhöhen wollen 56%, auch wenn nur für 35% der EU-Bürger die Vorteile der Kernenergie die Nachteile überwiegen. Drei Viertel aller Befragten fühlen sich schlecht informiert.

56% der EU-Bürgerinnen und -Bürger wollen den Anteil der Kernenergie am Strommix beibehalten oder erhöhen. Das sind 8% mehr als 2006. Knapp 70% sind der Meinung, Europa wäre weniger abhängig von Brennstoffimporten, wenn mehr Kernenergie eingesetzt würde. Stabile Strompreise und der Kampf gegen die Klimaerwärmung sprechen laut rund der Hälfte aller Befragten zusätzlich für die Kernenergie. Zu diesen Schlüssen kommt die Eurobarometer-Umfrage «Europeans and Nuclear Safety», die das «TNS Opinion & Social»-Zentrum im Auftrag der EU-Generaldirektion Energie und Verkehr durchgeführt hat. Dafür sind im Herbst 2009 knapp 26’500 Bürgerinnen und Bürger der 27 EU-Mitgliedsstaaten befragt worden.
Sicherheitsbedenken
Die Hälfte der Befragten betrachtet die Kernenergie nach wie vor als Bedrohung, wogegen für 35% die Vorteile überwiegen. Trotzdem sind 59% der Meinung, der sichere Betrieb von Kernkraftwerken (KKW) sei gegeben. In Ländern, die Kernenergie verwenden, ist dieser Anteil im Allgemeinen höher mit Ausnahme von Frankreich (53%) und Deutschland (51%). Am höchsten liegt er in Ungarn und Finnland (80% und 78%), am tiefsten in Österreich und Zypern (33% und 31%). Dabei verlassen sich mit 51% knapp mehr EU-Bürger auf die Sicherheitsbehörden als auf die Betreiberfirmen, denen 47% einen sicheren Betrieb zutrauen. Die grössten Sicherheitsbedenken bestehen im Zusammenhang mit Terrorismus und dem Missbrauch von Nuklearmaterial zur Herstellung von Waffen. Gut die Hälfte der Befragten hält die europäischen Kernkraftwerke für ungenügend geschützt vor Terrorangriffen und 45% glauben nicht, dass radioaktives Material genügend gegen die Weiterverbreitung geschützt ist. Im europaweiten Schnitt ist zudem rund die Hälfte der Meinung, radioaktive Abfälle könnten nicht sicher entsorgt werden. Dabei ist beim Vergleich einzelner Länder ein grosses Gefälle zu beobachten. In gut der Hälfte der EU-27-Staaten glaubt eine relative Mehrheit an die Machbarkeit einer sicheren Entsorgung. Mit Ausnahme von Estland sind in diesen 14 Ländern überall KKW in Betrieb. Andererseits gibt es auch Staaten mit KKW, wo eine ablehnende Haltung stark überwiegt: 70% der Deutschen und 66% der Franzosen sind der Meinung, eine sichere Entsorgung radioaktiver Abfälle sei nicht machbar. Damit rangieren diese beiden Länder auf einer Stufe mit solchen ohne KKW wie Österreich (69%) oder Luxemburg (65%).
Ungedeckter Informationsbedarf
Beinahe drei Viertel der EU-Bürger fühlen sich in Sachen Kernenergie «nicht sehr gut» oder «gar nicht» informiert, und vor allem in Ländern ohne Kernkraftwerke sind sie es auch nicht, wie die Antworten auf Wissensfragen zeigen. Obwohl die Massenmedien die Hauptinformationsquelle darstellen, belegen Journalisten im Glaubwürdigkeitsrating nur den vierten Platz hinter internationalen Kerntechnik-Organisationen wie der Internationen Atomenergie-Organisation (24%), nationalen Sicherheitsbehörden (30%) und der Wissenschaft (46%). Nur noch auf dem fünften Rang liegen Nichtregierungsorganisationen (19%), deren Glaubwürdigkeit gegenüber 2006 elf Prozentpunkte eingebüsst hat.
Quelle
M.Re. nach European Commission, «Special Eurobarometer 324: Europeans and Nuclear Safety», März 2010, und Foratom, Medienmitteilung 3. Mai 2010