Fokussiert auf nukleare Technik

Einige Reaktor-Hersteller sind dabei, ihre Umsatzziele zu erhöhen. Zu dieser Gruppe gehört der japanische Konzern Toshiba – mit Westinghouse als strategischem Standbein.

27. Jan. 2011

«No company is more focused on nuclear technology.» So lautet amerikanisch selbstbewusst der Slogan der Westinghouse Electric Company. Das Unternehmen gehört seit vier Jahren zur traditionell eher bescheiden auftretenden Toshiba. An der Expertise fehlt es Westinghouse mit Bestimmtheit nicht: Nahezu die Hälfte aller Reaktoren auf der Welt basieren auf der Technologie von Westinghouse. In den USA beträgt dieser Anteil 60%.

Die Westinghouse, die 15'000 Menschen beschäftigt, gehört zu den Pionieren der Reaktortechnik. 1957 lieferte das Unternehmen mit Sitz in Cranberry Township (Pennsylvania) den ersten Druckwasserreaktor, den Pressurized Water Reactor (PWR). Heute fokussieren sich diverse Unternehmenssparten auf Reaktorauslegung, Automation, nuklearer Brennstoffzyklus und Service.

Vor Jahresfrist erlitt zwar das Establishment der Reaktorhersteller – von Areva über Mitsubishi und Hitachi bis Westinghouse – einen empfindlichen Rückschlag: Damals hatten die Arabischen Emirate überraschend der Korean Electric Power Corporation (Kepco) einen Grossauftrag im Wert von USD 20 Mrd. (CHF 19 Mrd.) vergeben.

Aber dessen ungeachtet hat die Toshiba soeben die Erwartungen nach oben korrigiert. Das Kernenergiegeschäft werde bis zum Geschäftsjahr 2013 JPY 1 Billion (CHF 11 Mrd.) Umsatz generieren, meinte Toshiba-Präsident Norio Sasaki. Bisher gaben die Konzernverantwortlichen an, diesen Umsatz bis ins Jahr 2015 zu erreichen. Sasaki macht dafür die wachsende Nachfrage in den Schwellenländern sowie in den USA geltend. Die Westinghouse könne jährlich den Umsatz um 20% steigern (auf Basis USD).

Nach dem Zukauf der Westinghouse vor vier Jahren setzte sich die Toshiba das Ziel, 39 Aufträge für Reaktoren bis 2015 zu verbuchen. Nun sieht Sasaki gute Chancen, diese Zielsetzung zu übertreffen. Neben China stehen die Länder Vietnam, Türkei und Saudi Arabien im Fokus.

Da und dort werden Spekulationen laut, einige Schwellenländer könnten bald auf die Hilfe von aussen verzichten. Für Stirnrunzeln sorgte etwa Ende 2010 die Übergabe von 72'000 Dokumenten von Westinghouse an chinesische Kunden. Es handelte sich um einen Technologietransfer, welcher integraler Bestandteil für den Auftrag der vier AP1000-Reaktoren für China war. Die Westinghouse interpretiert diese Zugeständnisse, die auch unter den Aspekten der Reaktorsicherheit zu würdigen sind, als Bestandteil einer langfristigen Zusammenarbeit. Gegenüber der «Financial Times» hielt Jack Allen, Chef Westinghouse Asien, allerdings wörtlich fest: «Es gibt keine Garantien, dass wir nach der Fertigstellung der vier Reaktoren weiter zum Zuge kommen.» Er erwarte aber nicht, dass sie danach abziehen müssten. Die erwähnten Technologie-Abkommen hätte es im Übrigen auch mit Italien, Spanien, Frankreich und Korea gegeben.

Die Westinghouse gehört zu den traditionsreichsten Industriekonzernen der Vereinigten Staaten. George Westinghouse gründete 1886 die Firma in Pennsylvania. Das Unternehmen patentierte die Wechselstromübertragung. Diese Technik setzte sich gegenüber der von General Electric (GE) propagierten Gleichspannung in wichtigen Bereichen durch. Die Westinghouse gilt als Pionierin der Hochspannungsübertragung. Sie stellte sich (ähnlich wie GE oder Siemens) breit auf. Zum Konglomerat gehörten in den 1990er-Jahre auch die Medien von CBS. Danach wurde das Konglomerat in Einzelteile zerlegt und verkauft.

British Nuclear Fuels (BNFL) übernahm 1998 die nukleare Sparte der Westinghouse. Anfang 2006 erwarb schliesslich die Toshiba für USD 5,4 Mrd. (CHF 5,1 Mrd.) die Nuklearsparte der BNFL. Seither gilt Toshiba als weltweit grösster Hersteller von Kernkraftwerken.

Quelle

Hans Peter Arnold

Bleiben Sie auf dem Laufenden

Abonnieren Sie unseren Newsletter

Zur Newsletter-Anmeldung

Profitieren Sie als Mitglied

Werden Sie Mitglied im grössten nuklearen Netzwerk der Schweiz!

Vorteile einer Mitgliedschaft