Frühjahrssession 2011: neu eingereichte parlamentarische Vorstösse zum Thema Sicherheit der Kernenergie

In der Frühjahrssession 2011 der eidgenössischen Räte 1 wurden wiederum zahlreiche parlamentarische Vorstösse eingereicht. Verschiedene dieser Vorstösse befassen sich aufgrund des Reaktorunglücks in Japan mit Fragen der Sicherheit der Kernenergie.

2. Apr. 2011

Die Interpellation von NR Max Chopard-Acklin (SP/AG) «Atomkraftwerk Beznau: Erdbebensicherheit?» (11.3098) greift Fragen aus einem früheren Vorstoss auf, den der Bundesrat mit Verweis auf ein laufendes Aufsichtsbeschwerdeverfahren nicht materiell beantwortet hat. Die Fragen betreffen die Sicherheit der Notkühlsysteme, die Anwendung der Ausserbetriebnahmekriterien durch das Ensi und die Sicherheit der verschiedenen Komponenten im Fall eines Erdbebens.

Mit dem Postulat «Sicherheit der schweizerischen Kernkraftwerke. Überprüfung der Energiepolitik» (11.3115) der CVP/EVP/glp-Fraktion soll der Bundesrat darlegen, ob die Sicherheit der Schweizer Kernkraftwerke im Fall von Naturkatastrophen gewährleistet ist, ob allfällige Mängel behoben werden können und unter welchen Voraussetzungen eine Verlängerung der Betriebsbewilligung verantwortbar ist. Der Bundesrat soll zudem aufzeigen, wie die Schweizer Energieversorgung ohne oder mit stark eingeschränkter Nutzung der Kernenergie gewährleistet werden kann und welche Auswirkungen dies auf die CO2-Ziele, die Strompreise und die Versorgungssicherheit hätte.

Die Motion von SR Anita Fetz (SP/BS) «Teilnahme der Schweiz an europäischen AKW-Stresstests» (11.3304) erwartet vom Bundesrat, dass er sich für die Durchführung von Sicherheitsprüfungen für alle europäischen Kernkraftwerke einsetzt und die Schweizer Kernkraftwerke denselben Tests unterzieht. Die Pegasos-Erkenntnisse sollen in die Tests einbezogen werden.

Die Interpellation von NR Yvonne Gilli (G/SG) «Atomkatastrophe in Japan» (11.3136) erkundigt sich nach den konkreten Hilfeleistungen der Schweiz an Japan und insbesondere nach der Existenz eines interdisziplinären Krisenstabs, der kurzfristige Hilfestellungen vorbereitet, Wissen bereit stellt, Ressourcen erfasst und die Hilfe koordiniert.

Die Interpellation von NR Bastien Girod (G/ZH) «AKW-Unglück in Japan: Konsequenzen für die Schweizer AKW» (11.3129) erkundigt sich nach Gemeinsamkeiten und Unterschieden zwischen den schweizerischen und den japanischen Kernkraftwerken, nach dem Schutz der Kühl- und Notversorgungssysteme vor Naturgefahren, Terrorakten und Unfällen, nach der Notwendigkeit von Evakuationen im Ereignisfall und den potenziell verstrahlten Gebieten, nach den Schadenskosten und dem entsprechenden Kostenanteil des Bundes und nach den Massnahmen, um einen Unfall wie in Japan zu vermeiden.

Das Postulat von NR Bea Heim (SP/SO) «Sicherheit von atomaren End- und Zwischenlagern?» (11.3217) verlangt, dass der Bundesrat aufzeigt, wie die Sicherheit atomarer Zwischenlager und potentieller Endlagerstandorte geprüft werden kann. Zudem soll er vertiefte Abklärungen für starke Erdbeben veranlassen. Schliesslich soll der Untergrund von Kernkraftwerken und Tiefenlager auf Vorzeichen potenzieller Schwachstellen untersucht und kartiert werden und es soll geprüft werden, ob noch nicht im Gestein erkenntliche Schwachstellen monitorisiert werden können.

Die Motion von NR Maja Ingold (EVP/ZH) «AKW. Nach 40 Jahren entscheidet der Bundesrat» (11.3279) verlangt, dass die Betriebsbewilligungen der Schweizer Kernkraftwerke nach 40 Betriebsjahren jeweils auf ein Jahr befristet erteilt und jährlich erneuert werden. Das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat (Ensi) soll alle für die nukleare Sicherheit notwendigen Massnahmen anordnen. Es entzieht die Bewilligung, wenn ein Kernkraftwerk die Bewilligungsvoraussetzungen nicht oder nicht mehr erfüllt und das Departement ordnet die Stilllegung an.

Ingold reichte zudem die Interpellation «Aufsicht über die Kernkraftwerke» (11.3250) ein. Diese thematisiert die Unabhängigkeit des Ensi und erkundigt sich, mit welcher Häufigkeit überprüft wird, ob die Ausserbetriebnahme- und Abschaltkriterien erfüllt sind. Zudem fragt sie nach der für einen Entscheid über die maximale Betriebsdauer kompetenteste Behörde.

Die Interpellation von NR Anita Lachenmeier-Thüring (G/BS) «Informations- und Massnahmenszenario bei einem AKW-Unfall» (11.3109) bittet den Bundesrat um detaillierte Ausführungen über die Existenz und die Ausgestaltung eines Informations- und Massnahmenszenarios im Fall eines AKW-Unfalls in der Schweiz.

Die Interpellation von NR Josef Lang (G/ZG) «AKW-Risiko Terrorangriff» (11.3205) erkundigt sich insbesondere nach einer Neubeurteilung des Terrorrisikos durch Flugzeugattacken, Bomben und/oder Sabotageakte sowie nach dem Schutz der Kühl- und Sicherungssysteme vor Anschlägen.

Das Postulat von NR Susanne Leutenegger Oberholzer (SP/BL) «Erdbebensicherheit des AKW Fessenheim. Bericht» (11.3149) erwartet, dass der Bundesrat die französischen Untersuchungsberichte zum AKW Fessenheim einfordert und insbesondere in Bezug auf die Erdbebensicherheit einer Prüfung unterzieht.

Die Interpellation NR Geri Müller (G/AG) «Hilfe für Strahlenopfer in Japan» (11.3194) befasst sich mit der Frage, ob die Schweiz über Kenntnisse im und eine Infrastruktur für den Umgang mit Strahlenopfern verfügt und ob diese den Opfern aus Japan zugutekommen können.

Die Interpellation Luc Recordon (G/GE) « Arten nuklearer Unfälle, die die Schweiz und umliegende Gebiete bedrohen könnten » (11.3309) verlangt vom Bundesrat eine Aufstellung von Unfällen und Beinahe-Unfällen, die auch in der Schweiz oder im angrenzenden Ausland auftreten könnten, und deren Konsequenzen.

Die Interpellation von NR Silvia Schenker (SP/BS) «Gefahr von grenznahen AKW?» (11.3299) erkundigt sich nach der Sicherheitslage in den Kernkraftwerken Neckarwestheim, Fessenheim und Bugey sowie nach allfälligen Schlüssen bezüglich der Sicherheit aus den Ereignissen in Japan. Der Vorstoss fragt ebenfalls, ob sich der Bundesrat kontinuierlich über den Zustand und die Gefahrenszenarien informiert und ob eine gemeinsame und aufeinander abgestimmte Planung für den Ereignisfall besteht.

Die Interpellation von NR Marianne Streiff (EVP/BE) «Sind Schweizer Atomkraftwerke sicher genug?» (11.3249) erkundigt sich nach den Resultaten der Überprüfung der Kernanlagen durch das Ensi und den Möglichkeiten, die festgestellten Mängel zu beheben. Sie fragt zudem nach Unterschieden in der Auslegung der japanischen und der Schweizer Kernkraftwerke sowie den Alterungsprozessen, denen das Containment unterliegt.

Die Interpellation von NR Marie-Thérèse Weber-Gobet (CSP/FR) «Defizite des Bundes in Sachen Kernenergiehaftpflicht» (11.3236) fragt in Anbetracht der Tatsache, dass das Kernenergiehaftpflichtgesetz und die Kernenergiehaftpflichtverordnung noch nicht in Kraft sind, nach den Konsequenzen im Fall eines Kernkraftwerksunfalls. Sie erkundigt sich ebenfalls nach den Auswirkungen der Ereignisse in Japan auf die Inhalte der KHV und nach dem Zeitplan der Vernehmlassung zur KHV. Schliesslich thematisiert die Interpellation die Möglichkeit einer Staatsgarantie für die Schweizer Kernkraftwerke.

Christian van Singer (G/VD) reichte zwei Motionen ein. «Ausweitung des Beschwerderechts im Bereich der Kernkraft» (11.3165) verlangt, dass die Bestimmungen über die Einsprachen, Rekurse und ähnliches angepasst werden, damit diese Instrumente von natürlichen und juristischen Personen ausserhalb des Radius von 30 km um eine betroffene Anlage angewendet werden können.

Mit van Singers Motion « Unabhängige Beurteilung der Sicherheit der Kernkraftanlagen » (11.3164) soll der Bundesrat die Untersuchung der Sicherheit und der allfälligen sicherheitsrelevanten Anpassungen für die bestehenden und projektierten Kernkraftwerke unabhängigen Experten anvertrauen.

Die Motion von SR Roberto Zanetti (SP/SO) «Verschärfung der Strafbestimmungen im Kernenergiegesetz» (11.3179) will, dass die Strafbestimmungen und Strafandrohungen im Kernenergiegesetz verschärft werden, um der Einhaltung des Gesetzes Vorschub zu leisten.

Quelle

M.A. nach Energieforum Schweiz, Rückblick auf die Frühjahrssession 2011, und Parlamentarische Geschäftsdatenbank Curia Vista

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