Geologische Endlager als Entsorgungslösung für Norwegens historische Abfälle vorgeschlagen

Die von der Behörde Norwegian Nuclear Decommissioning (NND) eingesetzte Expertengruppe hat ihre Empfehlungen zur Entsorgung der radioaktiven Abfälle aus den stillgelegten Forschungsreaktoren abgegeben. Sowohl schwach- und mittelaktive als auch hochaktive Abfälle sollen in geologischen Endlagern unter dem Erdboden dauerhaft entsorgt werden.

8. Mai 2025
Expertengruppe bei der Arbeit
Die von der Norwegian Nuclear Decommissioning (NND) eingesetzte 25-köpfige Expertengruppe hat geologische Endlager als Entsorgungslösung für die radioaktiven Abfälle Norwegens vorgeschlagen.
Quelle: NND

Norwegen hat nie kommerzielle Kernkraftwerke betrieben, verfügte jedoch über vier Forschungsreaktoren, die stillgelegt wurden und nun rückgebaut werden. Für die radioaktiven Abfälle aus deren Betrieb und Rückbau muss eine langfristige Entsorgungslösung gefunden werden. Zuständig dafür ist die Norwegian Nuclear Decommissioning (NND), eine dem Ministerium für Handel, Industrie und Fischerei unterstellte Behörde. Sie verantwortet den Rückbau der Reaktoren sowie die sichere Handhabung, Zwischenlagerung und Entsorgung sämtlicher radioaktiver Abfälle in Norwegen.

NND hat im November 2022 das deutsch-finnisch-norwegische Konsortium Geological Repositories for Norway (GeoReN) damit beauftragt, verschiedene Endlagermöglichkeiten für schwachaktive bis hochaktive Abfälle zu untersuchen. Dazu gehören Lager an der Erdoberfläche, Lager in Oberflächennähe und geologische Endlager (Felskavernen und Silos in mittlere Tiefe sowie geologische Tiefenlager in grösserer Tiefe). Parallel dazu erhielt ein Konsortium unter Mitwirkung von Empresarios Agrupados, Egis und Orano Projets von NND im April 2023 den Auftrag, gezielt das Potenzial für eine Entsorgung hochaktiver Abfälle in tiefen Bohrlöchern abzuklären.

Geologische Endlager als Empfehlung der Expertengruppe

Nach zwei Jahren Arbeit liegen nun gemäss NND die Berichte (geologische Endlager, tiefe Bohrlöcher) der beiden Konsortien vor. Die Expertengruppe unter der Leitung von Marit Stokkeland Asklien und Peter Bennett (beide NND) hat sich auf zwei Hauptlösungen verständigt: Für hochaktive Abfälle wie ausgediente Brennelemente, wird eine geologische Tiefenlagerung in 400 bis 500 Metern Tiefe im Grundgestein empfohlen. Dies, analog zu den Konzepten in Finnland und Schweden, wo das Tiefenlager auf die Betriebsgenehmigung wartet, respektive der Bau des Tiefenlagers begonnen wurde. Für schwach- und mittelaktive Abfälle soll es ein geologisches Endlager in Form einer Felskaverne oder eines Silos in 100 bis 200 Metern Tiefe geben. Diese Lösung wird bereits in Ländern wie Finnland, Südkorea und Slowenien praktiziert. Eine alternative Option – die Lagerung hochaktiver Abfälle in tiefen Bohrlöchern – wird als technisch möglich bewertet, aber vorerst nicht priorisiert. «Bei der Auswahl von Lösungen für den Umgang mit radioaktiven Abfällen ist es wichtig, sich auf bewährte internationale Verfahren zu stützen», schrieb NDD.

Die vorgelegten Abschlussberichte bilden nun die fachliche Grundlage für eine staatliche Konzeptauswahlstudie (Konseptvalgutredning, KVU), die obligatorisch ist, für Investitionsprojekte mit einem Volumen von mehr als NOK 1 Mrd. (rund CHF 79 Mio.). Die KVU dient dazu, verschiedene Lösungswege systematisch zu vergleichen und bildet die Grundlage für spätere politische Entscheidungen. Laut NDD wird der Weg bis zu einem endgültigen Endlager noch viele Jahre in Anspruch nehmen. In der Zwischenzeit müssen u.a. sichere Zwischenlagerlösungen entwickelt, die Endlagerkonzepte weiterentwickelt, ein geeigneter Endlagerstandort gefunden, der Untergrund untersucht, Sicherheitsbewertungen erstellt sowie Genehmigungen eingeholt werden. Der Rückbau der norwegischen Forschungsreaktoren selbst wird voraussichtlich mehrere Jahrzehnte in Anspruch nehmen.

Abseits dieser Arbeiten muss sich Norwegen auch mit der möglichen Einführung kommerzieller Kernenergie befassen: Das Unternehmen Norsk Kjernekraft plant mehrere Projekte zur Einführung kleiner, modularer Reaktoren (SMRs). Deren Prüfung und eine mögliche Genehmigung durch die Behörden zwingt den Staat, sich vertieft mit den Grundlagen der zivilen Kernnutzung auseinanderzusetzen.

Zu den vier norwegischen Forschungsreaktoren

Am Standort Kjeller befanden sich die Reaktoren Jeep-1 (1951–1967, 400 kW) zur Grundlagenforschung, Jeep-2 (1966–2018, 2 MW) für Materialforschung, Neutronenbestrahlung und Isotopenproduktion sowie der kritikalitätsnahe Versuchsreaktor Nora (1961–1968, 50 W), der zu Ausbildungs- und Experimentierzwecken diente. In Halden war der Siedewasserreaktor HBWR (1959–2018, 25 MW) des norwegischen Institute for Energy Technology (IFE) in Betrieb, der unter dem Dach eines internationalen OECD-Projekts vor allem für Brennstoff- und Reaktorkomponententests eingesetzt wurde.

Ausgediente Brennelemente aus den Forschungsreaktoren lagern derzeit in Zwischenlagern in Halden und Kjeller. Für schwach- und mittelaktive Abfälle aus Medizin, Industrie und Forschung gibt es das kombinierte Zwischenlager und Endlager KLDRA in Himdalen.

Quelle

B.G. nach NND, Medienmitteilung, 24 April 2025 sowie Empresarios Agrupados, Medienmitteilung, 11. April 2023, BGE Technology, Medienmitteilung, 11. November 2022

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