Kernenergie-Ausstieg aus Arbeitnehmersicht unerwünscht
Die Weiterentwicklung der Kerntechnik ist für Hubertus Schmoldt, Vorsitzender der deutschen Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie und Energie (IG BCE), eine Investition in die Zukunft.
An der Wintertagung des Deutschen Atomforums Ende Januar erklärte er: "Ein übereilter oder vorzeitiger Ausstieg aus der Kernenergie dürfte aus wirtschaftlichen und rechtlichen Gründen in absehbarer Zeit nicht möglich sein … Die IG BCE plädiert als einzige Gewerkschaft weiterhin dafür, dass ein zukunftsweisender Energiekonsens die Option auf neue, noch sicherere Kernkrafttechnologie enthalten muss."
Der von der Bundesregierung geplante Ausstieg würde die ohnehin problematische Strukturveränderung der deutschen Energiewirtschaft beschleunigen und, so Schmoldt, "in eine gerade aus Sicht der Arbeitnehmer höchst unerwünschte Richtung" lenken. Die Folge wäre ein weiterer Export von Arbeitsplätzen. Die Aufgabe dieses zur Weltspitze gehörenden Technologiezweiges "würde ein immenses Know-how-Potenzial zerstören und zudem jener Technologiefeindlichkeit Vorschub leisten, mit der wir auch in vielen anderen Branchen zu kämpfen haben".
Der IG-BCE-Vorsitzende machte deutlich, dass die Nutzung der Kernenergie eine feste Grösse im Energiemix ist. Sie werde auch auf mittlere Sicht einen nennenswerten Teil zur Stromerzeugung beitragen müssen. "Die Nutzung der Kernenergie unterstützt die Bemühungen um die Unabhängigkeit von Energieimporten ganz massgeblich, und ihre positive Wirkung auf die CO2-Bilanz ist unbestritten."
An der gleichen Tagung unterstrich Otto Majewski, Präsident des Deutschen Atomforums, dass die deutschen Kernenergie-Betreiber vor dem Hintergrund des raschen Wandels im europäischen Strommarkt vor allem Planungssicherheit brauchen. "Es ist ein Gebot der Vernunft, endlich wieder zu einer langfristig angelegten, berechenbaren und verlässlichen Energiepolitik zu kommen." Aus diesem Grunde sei man - auch nach vielen Rückschlägen - erneut bereit, den Konsens mit der Regierung zu suchen. Die Überlegung, im Rahmen des von der deutschen Regierung angestrebten Kernenergie-Ausstiegs über Laufzeit- bzw. Strommengen-Kontingente zu verhandeln, hält Majewski für einen denkbaren Ansatz. Die rückwirkende Besteuerung der Entsorgungsrückstellungen hält er dagegen für eine unakzeptable Belastung und bekräftigte die Entschlossenheit der Betreiber, diese Bestimmungen notfalls vor Gericht zu Fall zu bringen.
Quelle
M.S. nach Pressemitteilung des Deutschen Atomforums, 27. Januar 2000