Kernenergieforschung bahnt den Weg in die fernere Zukunft

14. Juni 2007

Herr Prasser, Sie sind seit April 2006 ordentlicher Professor für Kernenergiesysteme an der ETH Zürich und sind in der Lehre tätig. Wie gefüllt ist ihr Hörsaal? Und was sind die Erwartungen Ihrer Studentinnen und Studenten?

Die Studenten wollen wissen, wie Kernenergie als Gesamtsystem funktioniert. Mein neues Angebot ab Herbst 2006, die Vorlesung «Kernenergiesysteme» - ein Überblick von der Urangewinnung bis zur Entsorgung -, zog insgesamt 23 Zuhörer an. Das ist der Erfolg von Werbung und Präsenz, aber vorrangig natürlich eine Folge der boomenden öffentlichen Kernenergiediskussion. Das Interesse hat sich mittlerweile konsolidiert: Heute sitzen 15 Studenten im gerade laufenden Kurs «Sicherheit von Kernkraftwerken», den ich gemeinsam mit Professor Wolfgang Kröger lese. Aus diesem Kreis fanden sich auch schon Interessenten für Masterprojekte und Doktorandenstellen.

«In allen Bereichen der Kerntechnik wird in den nächsten Jahren ein Generationswechsel stattfinden», postulierten Sie bereits anlässlich unserer Generalversammlung letzten Sommer. In der Schweiz wie auch im nahen Ausland zeichnet sich, auch hierbei, eine Versorgungslücke ab. Wie, denken Sie, kann man diesem Problem entgegenwirken?
Wenn ich in Stichworten antworten darf: Einrichtung des Masterprogramms «Nuclear Science and Technology» gemeinsam mit der EPFL, gleichzeitig Erweiterung des Angebots von Wahlfächern für Studenten der Studiengänge Maschinenbau und Physik, Einbeziehung von akademischem Personal aus dem PSI, der Nagra, der HSK und der Betreiber in die Ausbildung, Angebot attraktiver Forschungsthemen für Masterarbeiten und Doktoranden sowie Präsenz in der öffentlichen Diskussion.

Die Strombranche der Schweiz will in den nächsten Jahrzehnten ein bis zwei neue Kernkraftwerke bauen. Wie wird ein definitiver Bauentscheid Ihre Arbeit an der ETH Zürich verändern? Welchen Beitrag hat die Forschung im Bereich Kernenergiesysteme dann zu leisten?
Ein Neubau würde die Attraktivität meines Fachs erhöhen und so positiv auf die Absolventenzahlen rückkoppeln. Es wird Forschungsbedarf entstehen, der direkt mit dem Ausbau der Kernenergie zusammenhängt, beispielsweise durch spezifische Genehmigungsanforderungen in der Schweiz und den Übergang zu immer leistungsfähigeren Tools zur Sicherheitsbewertung. In meinem Fachgebiet, der Thermofluiddynamik, ist das der zunehmende Einsatz von dreidimensionalen Strömungssimulationen. Hier besteht neben direkten Anwendungen noch viel Entwicklungs- und Validierungsbedarf. Der Gedanke der Nachhaltigkeit gebietet es aber, dass Forschung über die zum Einsatz kommende Technologie hinausgeht und den Weg in die fernere Zukunft bahnt. Stichworte sind hier neue Reaktorsysteme, eine langfristige Brennstoffversorgung, die umweltverträgliche Entsorgung und natürlich die ständige Gewährleistung der Sicherheit.

Die Nutzung der Kerntechnik beschränkt sich ja nicht auf Energiesysteme, sondern umfasst ein viel weiteres Spektrum. Was für einen Beitrag leistet die Schweizer Forschung hierbei?
Die Schweiz ist auf vielen Gebieten stark, bei denen nukleare Techniken eine Rolle spielen. Denken Sie nur an die breite Nutzung der Synchrotronstrahlung oder der Spallationsneutronenquelle am PSI. Das Spektrum reicht über modernste Mess- und Diagnoseverfahren bis hin zu medizinisch-therapeutischen Anwendungen. Vergessen darf man auch nicht das starke Engagement der Schweiz in der Fusionsforschung, wenngleich es hier ja auch um Energie geht.

Das Gespräch führte Daniela Stebler

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