Klima- und Energiedebatte nicht ohne Kernenergie
Am 27. und 28. April 2009 fand in Luzern das 16. internationale Europa Forum unter dem Motto «Konfliktfeld Energie: Entwicklungen und Horizonte» statt. Energieexperten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik diskutierten die energie- und klimapolitischen Herausforderungen. Die Kernenergie war ein allgegenwärtiges Thema.
![Fatih Birol, Chefökonom der IEA: Um den CO[sub]2[/sub]-Ausstoss von 35 auf 25 Gigatonnen zu senken, müssten pro Jahr weltweit rund 20 neue Kernkraftwerke ans Netz gehen.](https://assets.nuklearforum.ch/sites/default/files/styles/gatsby_content_l/public/Birol.jpg?itok=YsDNgOQF)
Die von Bundesrat Moritz Leuenberger eröffnete Konferenz stand im Zeichen der Klima- und Energiepolitik in der Schweiz, in Europa und auf der ganzen Welt. Leuenberger ortete in der wachsenden Energieverknappung die grösste energiepolitische Herausforderung. Die Schweiz brauche die Kernenergie auch aus klimapolitischen Gründen, antwortete er auf eine Frage.
Versorgungssicherheit, Klimaschutz und Wirtschaftlichkeit unter einem Hut
Ständerat Rolf Schweiger, Präsident der Aves Schweiz, brachte den Zusammenhang zwischen Klima- und Energiepolitik in der ersten von vier Paneldiskussionen auf den Punkt: Um den CO2-Ausstoss zu senken, müsse mehr Strom aus CO2-freien Quellen eingesetzt werden. Gemäss World Energy Outlook der Internationalen Energieagentur (IEA) wird die Kernenergie in den kommenden Jahrzehnten auch weltweit eine wichtige Rolle spielen, wenn der CO2-Ausstoss zwischen 2020 und 2030 von 35 auf 25 Gigatonnen gesenkt werden soll.
Um diesen Absenkungspfad zu erreichen, müssten laut Fatih Birol, Chefökonom der IEA, in Zukunft pro Jahr weltweit rund 20 neue Kernkraftwerke ans Netz gehen, eine Zielgrösse, von der wir heute mit rund einem neuen Werk pro Jahr noch weit entfernt seien. Für Christian Cleutinx, Generaldirektor der Euratom-Versorgungsagentur (ESA), hat die Kernenergie heute sehr gute Karten, wenn man die Herausforderungen der Versorgungssicherheit, des Klimaschutzes und der Wirtschaftlichkeit unter einen Hut bringen will. Dies erkläre auch die wachsende Akzeptanz der Kernenergie bei der europäischen Bevölkerung.
Abkehr vom Ausstieg absehbar
Klimapolitische Überlegungen waren auch für die schwedische Regierung mitbestimmend für das im Februar dieses Jahres angekündigte Rückkommen auf den Atomausstieg, wie der schwedische Botschafter in der Schweiz, Per Thöresson, ausführte. Er geht davon aus, dass der Vorschlag der Regierung in diesem Sommer vom Parlament gestützt wird. Eindrücklich warnte auch Wolfgang Clement, deutscher Bundesminister a.D. für Wirtschaft und Arbeit, davor, an den Ausstiegsszenarien festzuhalten. Man müsse sich fragen, ob es für den Industriestandort Deutschland hinreichend sei, «dreifacher Weltmeister bei grüner Energie» zu sein, und ob nicht die Option Kernenergie offengehalten werden müsse. Clement forderte die weitere Nutzung und Weiterentwicklung der Kernenergie in Deutschland und die Beendigung des Moratoriums in Gorleben für die Lagerung des hochradioaktiven Abfalls.

Quelle
R.B.