Litauen: Nuklearaufsichtsbehörde erteilt Genehmigungen für stillgelegtes Kernkraftwerk Ignalina

Der Rückbau des Kernkraftwerks Ignalina läuft. Das litauische State Nuclear Power Safety Inspectorate (Vatesi) erteilte SE Ignalina Nuclear Power Plant (SE INPP) am 28. März und 1. April 2022 drei Genehmigungen: dies für den industriellen Betrieb von Anlagen zur Entnahme, Behandlung und Zwischenlagerung fester radioaktiver Abfälle sowie für den Transport von Abfällen in ein oberflächennahes Endlager für sehr schwachaktive Abfälle.

4. Mai 2022
Oberflächennahes Endlager in Litauen
Im oberflächennahen Endlager für sehr schwachaktive Abfälle in Visaginas (Litauen) werden letzte Test durchgeführt, bevor die industrielle Einlagerung der Abfälle erfolgen kann.
Quelle: SE INPP

Auf dem Kernkraftwerksgelände von Ignalina gibt es zahlreiche Anlagen zur Behandlung und Zwischenlagerung von radioaktiven Abfällen. Das Staatsunternehmen SE INPP beauftrage die deutsche Nukem Technologies GmbH (Nukem) mit der Planung und Errichtung eines Grossteils der Anlagen. Für feste radioaktive Abfälle gibt es unter anderem die Solid Waste Retrieval Facility (SWRF), eine Anlage zur Entnahme von festen radioaktiven Abfällen aus älteren Zwischenlagern auf dem Kraftwerksgelände. Aber es gibt auch die Solid Radioactive Waste Management and Storage Facility (SWMSF), eine Anlage zum Behandeln und erneuten Zwischenlagern der Abfälle. Die beiden Anlagen haben laut Angaben der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBWE) rund EUR 200 Mio. gekostet.

Gemäss Nukem dienen die beiden Anlagen zur Entnahme, zum Transport, zur Charakterisierung, Sortierung, Konditionierung und Lagerung von kurz- und langlebigen festen radioaktiven Abfällen aus dem Betrieb und Rückbau der beiden Reaktorblöcke des Kernkraftwerks. Teil der Abfallbehandlungsanlage seien unter anderem eine Verbrennungsanlage, eine Hochdruckpresse zum Reduzieren des Abfallvolumens und eine Zementierungsanlage für das Immobilisieren von Abfällen, so Nukem. Das neue Zwischenlager besitze zwei getrennte Lagerbereiche für feste kurzlebige Abfälle mit einem Lagervolumen von etwa 2500 m3 sowie für langlebige Abfälle mit einem Lagervolumen von etwa 2000 m3. SE INPP plant dort die Abfälle für 50 Jahre zwischenzulagern.

«Seit Ende 2017 wurde die Anlage zur Behandlung und Lagerung von festen radioaktiven Abfällen in einem Testmodus mit realen Abfällen betrieben», schreibt Nukem. Dazu seien Abfälle aus den älteren Zwischenlagern entnommen, behandelt, verpackt und in der neuen Anlage eingelagert worden. Nach dem erfolgreichen Abschluss dieser Tests hat Vatesi am 28. März 2022 kommuniziert, dass sie die Betriebsgenehmigung für beide Anlagen erteilt hat.

Stilllegung von Ignalina war Bedingung für EU-Beitritt Litauens
Gemäss SE INPP konnte am 21. April 2022 zudem ein weiterer wichtiger Meilenstein beim Rückbau von Ignalina erreicht werden: Der letzte von 190 Transport- und Lagerbehältern aus den Kernkraftwerksblöcken und Abklingbecken wurde in die 2017 eröffnete Interim Spent Fuel Storage Facility (ISFSF), also das Zwischenlager für abgebrannte Brennelemente, überführt.

Litauen hatte als Voraussetzung für den EU-Beitritt den ersten Reaktorblock von Ignalina Ende 2004 abgeschaltet und den zweiten Ende 2009. Die Stilllegung des Kernkraftwerks und die neuen Anlagen zur Behandlung und Lagerung von festen radioaktiven Abfällen werden aus Mitteln des Ignalina International Decommissioning Support Fund (IIDSF) finanziert, der von der EBWE verwaltet wird.

Vatesi-Bewilligung für Transport und Testeinlagerung
Am 1. April 2022 erteilte Vatesi zudem die Genehmigung für den Transport radioaktiver Abfälle in das oberflächennahe Endlager für sehr schwachaktive Abfälle und für dortige Tests zur Einlagerung der Abfälle. Wie das Kernkraftwerk Ignalina liegt auch das Endlager in der Gemeinde Visaginas.

«Die Genehmigung ermöglicht es SE INPP unter realen Bedingungen zu überprüfen, ob alle Einrichtungen und Endlagersysteme der technischen Auslegung und den Anforderungen an die nukleare Sicherheit entsprechen, ob ordnungsgemässe Anweisungen und Verfahren vorhanden sind und ob das Personal für den sicheren Betrieb des Tiefenlagers geschult ist», schreibt SE INPP. Ein solcher Test sei vor dem industriellen Betrieb des Tiefenlagers erforderlich und werde im Einklang mit dem von Vatesi genehmigten Programm zur Inbetriebnahme des Tiefenlagers durchgeführt, so die Betreiberfirma.

Gemäss SP INPP kann das Endlager bis zu 60ʼ000 m3 sehr schwachaktive Abfälle aufnehmen. Nach dem Ende der Einlagerung im Jahr 2038 wird das Endlager verschlossen und für 30 Jahre aktiv überwacht. Zudem gibt es eine Nutzungsbeschränkung für das Land direkt über dem Lager. Finanziert wird das Endlager ebenfalls über den Ignalina-Fonds der EBWE.

Wie die Schweiz möchte auch Litauen seine ausgedienten Brennelemente in einem geologischen Tiefenlager entsorgen. Mehr Informationen dazu und zum Zeitplan in Litauen gibt es bei SP INPP.

Quelle

B.G. nach Nukem, Medienmitteilungen, 13. Oktober 2017 und 19. April 2022; SE INPP, Medienmitteilung, 22. April 2022; Vatesi, Medienmitteilungen, 28.März und 4. April 2022

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