Moleküle in HD betrachtet
Wissenschaftern des IBM Research-Forschungslabors in Rüschlikon ist es gelungen, mithilfe eines Rasterkraftmikroskops die Bindungsordnung und Länge einzelner Bindungen in Molekülen mit einer bisher unerreichten Auflösung und Präzision abzubilden.

Wie bereits in früheren Forschungsarbeiten nutzte das IBM-Team ein Rasterkraftmikroskop (Atomic Force Microscope, AFM), an dessen Spitze ein einzelnes Kohlenstoffmonoxid-Molekül sitzt. Die Spitze ist auf einem schwingenden Federbalken angebracht und wird sehr nahe an die Probe herangeführt. Punkt für Punkt tastet sie die Probe ab und misst dabei die auf den Federbalken wirkenden Kräfte. Mit den vielen Messpunkten können die Forscher die atomaren Strukturen eines Moleküls sichtbar machen. IBM-Forscher Leo Gross erklärte, dass bei diesem Verfahren zwei Kontrastmechanismen relevant sind: «Der erste basiert auf kleinen Unterschieden in der Kraft, die über den Bindungen gemessen wird. Diese Art von Kontrast hatten wir erwartet, aber es war eine Herausforderung, ihn sichtbar zu machen.» Der zweite Kontrastmechanismus war für die Forscher offenbar eine Überraschung. Sie fanden heraus, dass die AFM-Messungen sogar die unterschiedlichen Bindungslängen feststellen können. Den Grund dafür schreiben die Wissenschafter einem seitlichen Schwenken des CO-Moleküls an der Messspitze zu.
Damit sind die Forscher in der Lage, Längenunterschiede in den Bindungen von nur drei pm (10-12 m) zu messen. Um diese bisher unerreichte Empfindlichkeit zu erzielen, mussten die Forscher Moleküle wählen, bei denen störende Hintergrundeffekte ausgeschlossen werden konnten. In einer Publikation in der Fachzeitschrift Science berichten die IBM-Forscher nun, wie sie die feinen Unterschiede in der Bindungsordnung und -länge einzelner chemischer Bindungen zwischen den Kohlenstoffatomen in einem C-60-Molekül mit dem AFM auflösen konnten. C-60 ist wegen seiner fussballartigen Form auch als Buckyball (Buckminster-Fulleren) bekannt. Zudem haben die Forscher ihre Technik an zwei weiteren kohlenstoffbasierten Molekülen demonstriert.
Für die Entwicklung massgeschneiderter Elektronikbauteile auf der Nanometerskala ist dieses Wissen essentiell, schreibt IMB Research. So könnte man mit dieser Methode beispielsweise untersuchen, wie sich Bindungen in Molekülen durch chemische Reaktionen oder in angeregten Zuständen des Moleküls verändern.

Quelle
M.B. nach IBM Research, Medienmitteilung, 14. September 2012