Nachhaltige Lösungen für den sicheren Umgang mit radioaktiven Abfällen

Nachhaltigkeit in der Kerntechnologie bedingt einen verantwortungsvollen Umgang mit den radioaktiven Abfällen. Forscherinnen und Forscher haben in den letzten Jahrzehnten intensiv an der Behandlung und Entsorgung der Abfälle geforscht. Zahlreiche Lösungen wurden entwickelt, sodass die Technologie zur sicheren Entsorgung nun vorhanden ist. Bei der Optimierung dieser Lösungen fliessen auch Innovationen ein. Die Internationale Atomenergie-Organisation (IAEO) fördert den Informationsaustausch unter den Beteiligten, zum Beispiel mit Konferenzen.

14. Apr. 2022
Das geologische Tiefenlager Onkalo
In Finnland wird das geologische Tiefenlager «Onkalo» für ausgediente Brennelemente 2025 den Betrieb aufnehmen. Auch dieses Beispiel zeigt, dass die Entsorgung von radioaktiven Abfällen technisch gelöst ist.
Quelle: Posiva Oy

Bei Anwendungen der Kerntechnologie fallen radioaktive Abfälle an, mit denen verantwortungsvoll umgegangen werden muss. Die Nuklearindustrie ist sich dieser Verantwortung bewusst. Ende 2021 fand in Wien ein fünftägiges Webinar zum Thema «Entsorgung radioaktiver Abfälle – Lösungen für eine nachhaltige Zukunft» statt. Hauptziel der Konferenz war es, den Informationsaustausch über aktuelle Fortschritte und Lösungen zu fördern. 886 Personen aus 92 Ländern nahmen teil – online oder vor Ort.

In ihrer News zum Webinar schreibt die IAEO, dass die Nuklearindustrie verschiedene Innovationen entwickle, um die Herausforderungen im Umgang mit radioaktiven Abfälle zu bewältigen: mitunter die geologische Tiefenlagerung, einen optimierten Umgang mit radioaktiven Materialien und den verstärkten Einsatz digitaler Werkzeuge zur Förderung der Kommunikation innerhalb der Forschungsgemeinschaft.

Themenschwerpunkte der Konferenz waren:

  • bestehende und neue Ansätze für Lösungen zur Abfallbehandlung und -entsorgung
  • die Bedeutung des kontinuierlichen Lernens und neuer Denkansätze bei Konzepten wie der integrierten Abfallbewirtschaftung
  • Entwicklungen in der multinationalen Zusammenarbeit und im Austausch innerhalb der Forschergemeinschaft
  • Befähigung der jüngeren Generationen, welche die nachhaltigen Lösungen weiterführen

Zu jedem Punkt berichteten Konferenzteilnehmende von ihren Erfahrungen aus der Praxis.

Technologie zur sicheren Abfallentsorgung ist bereits vorhanden
Immer wieder wird in Diskussionen behauptet – auch in der Schweiz –, dass die Abfallentsorgung ungelöst sei. Dem widerspricht Felicia Dragolici, Expertin für Abfallmanagement bei der IAEO, deutlich: «Lösungen für die ordnungsgemässe Verarbeitung und Entsorgung radioaktiver Abfälle sind nicht nur vorhanden, sondern werden auch bereits umgesetzt. Aber wie in anderen Branchen sind Optimierungen und Innovationen ein kontinuierlicher Prozess – und die Abfallentsorgung ist da keine Ausnahme.» Gemäss IAEO wurden weltweit schon mehr radioaktive Abfälle entsorgt, als derzeit gelagert werden. Entsorgungsanlagen für schwachaktive und mittelaktive Abfälle seien schon vielerorts auf der Welt in Betrieb.

Greifbare Fortschritte gebe es zudem bei der Entwicklung von geologischen Tiefenlagern für hochaktive Abfälle und ausgediente Brennelemente, so die IAEO. In einem geologischen Tiefenlager werden die radioaktiven Abfälle in mehreren Hundert Meter Tiefe, fernab vom Lebensraum des Menschen, dauerhaft sicher im Gestein eingeschlossen. In Schweden liegt bereits die Baugenehmigung für ein geologisches Tiefenlager vor. In Finnland läuft der Bau des Tiefenlagers für ausgediente Brennelemente, die 450 Meter unter der Erdoberfläche im kristallinen Gestein eingelagert werden. Die finnische Entsorgungsorganisation Posiva Oy hat am 30. Dezember 2021 den Antrag auf Betriebsbewilligung gestellt. Das Lager soll 2025 den Betrieb aufnehmen. Das finnische Tiefenlager «ist ein Beispiel für die bahnbrechenden Entwicklungen in der nuklearen Entsorgung und ein vielversprechender Vorläufer für andere innovative Lösungen der Zukunft», sagte IAEO-Generaldirektor Rafael Mariano Grossi an der Konferenz.

Länder wie Finnland, Frankreich, Kanada, Schweden und auch die Schweiz forschen seit Jahrzehnten an der sicheren Entsorgung von radioaktiven Abfällen in Tiefenlagern. Wie kaum in einem anderen Industriebereich untersuchen Entsorgungsorganisationen und renommierte Forschungseinrichtungen eine Vielzahl von Aspekten genaustens – unter Kontrolle und Vorgaben internationaler Organisationen und nationaler Behörden. Die umfangreichen Erfahrungen und Forschungsergebnisse teilen die Länder regelmässig untereinander.

All diese Fakten untermauern eine wichtiges Fazit der IAEO zur Konferenz: «Die Verwirklichung von Endlagern in tiefen geologischen Formationen [geologischen Tiefenlagern] ist kein grosses technisches Problem mehr – die Konzepte beruhen auf über 40 Jahren fundierter wissenschaftlicher und technischer Erfahrung –, doch die gesellschaftliche Akzeptanz bleibt die grösste Herausforderung.»

Bezüglich Akzeptanz oder wenigstens einer Duldung von Entsorgungslösungen wurden auf der Konferenz neue Ansätze für die Zusammenarbeit mit Gemeinden und der Öffentlichkeit vorgestellt. Diese zeigten unter anderem auf, wie Transparenz das Vertrauen in die Beziehungen zwischen den Interessengruppen stärkt. Dass Vertrauen und Transparenz bei der Umsetzung von Entsorgungslösungen wichtig sind und zu Akzeptanz führen können, hat auch die Schweiz erkannt (siehe ganz unten).

Weitere innovative Lösungen
Referenten haben an der Konferenz über weitere innovative Lösungen berichtet, die derzeit international Beachtung finden. Dazu zählen digitale Zwillinge und die Kartierung von Strahlungsfeldern. Beides sind virtuelle Darstellungen, mit denen die Sicherheit verbessert sowie Kosten und Produktivität optimiert werden könnten, ohne dass man den Standort mit den Abfällen physisch betreten müsse, so die IAEO. Diskutiert wurde auch der breitere Einsatz digitaler Werkzeuge zur Einbindung von Datensätzen und zur Erleichterung der Datenerfassung. Die Verwendung intelligenter Sensoren zur Kontrolle und Überwachung von Tiefenlagern könnte diesbezüglich wertvolle Dienste leisten. Mit Hilfe der Blockchain-Technologie liessen sich zudem dezentralisierte Register schaffen und könnten der Informationsaustausch sowie die Aufzeichnung von Daten fälschungssicher gestaltet werden.

Um das einzulagernde Abfallvolumen zu reduzieren, laufen zudem Projekte, die zum Ziel haben, mit Dekontaminierungstechniken Radionuklide aus Metallen zu entfernen, sodass der freigemessene Metallschrott der konventionellen Wiederverwertung zugeführt werden kann. So handhabe es beispielsweise Schweden bei grossen Metallteilen aus der Stilllegung, hält die IAEO fest.

«Während der gesamten Konferenz gab es viele Beispiele dafür, dass Wissenschafter und Ingenieure weiterhin Fortschritte machen, um herausragende Herausforderungen zu bewältigen und Innovationen voranzutreiben», sagte Christina van Drunen, Director of Science and Technology Strategy and Collaboration der Canadian Nuclear Laboratories, während des Webinars. «Forschung und Innovation erweitern den Wissensschatz, um die sichere Bewirtschaftung aller Abfallströme von ihrer Entstehung bis zur Entsorgung zu gewährleisten», so die Direktorin.

Schweiz: Dialog mit allen Beteiligten funktioniert und hat sich bewährt
In der Schweiz haben die von einem Tiefenlager betroffenen Gemeinden, Interessengruppen und die regionale Bevölkerung eine Mitsprachemöglichkeit im Standortauswahlverfahren: In Rahmen der regionalen Partizipation können sie ihre Forderungen, Anliegen und Bedürfnisse einbringen. Der Austausch zwischen den Beteiligten findet insbesondere in den Regionalkonferenzen statt, die regelmässig tagen – während der Pandemie auch via Videokonferenz. Das verantwortliche Bundesamt für Energie (BFE) führt zudem Informationsveranstaltungen für die regionale Bevölkerung durch.

Auch die Entsorgungsorganisation Nagra, welche das geologische Tiefenlager plant und realisieren wird, lässt sich über die Schultern schauen. Sie steht nicht nur in ständigem Austausch mit den Behörden, sondern nimmt auch Anliegen und Fragen aus der Bevölkerung entgegen und pflegt den Dialog – an Veranstaltungen und vor allem auf ihren Social-Media-Kanälen. Zur transparenten Kommunikation der Nagra gehört auch, dass sie über ihre Arbeit regelmässig informiert und ihre Forschungsergebnisse in Form technischer Berichte und Arbeitsberichte auf ihrer Website kostenfrei für alle Interessierten zur Verfügung stellt.

Welche Tiefenlager bereits weltweit in Betrieb sind und welche Entsorgungslösungen es auch für schachaktive Abfälle an der Erdoberfläche gibt, erfahren Sie übrigens im Nuclearplanet des Nuklearforums Schweiz.

Quelle

B.G. nach IAEO, Medienmitteilung, 9. März 2022

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