Neubewertung der Kernenergie: Wunschdenken oder Tatsache?

In den vergangenen Jahren hat eine bemerkenswerte Umbewertung beziehungsweise Neubewertung der Kernenergie stattgefunden. Was sind die Hintergründe? Gibt es Indikatoren für diese Veränderung der Akzeptanz?

18. Dez. 2010

Bedeutsame Trends sind im täglichen Informations-Rauschen nicht immer sofort erkennbar. So lassen sich regional durchaus medienwirksame Demonstrationen um Castor-Transporte nicht direkt in einen globalen Kontext einordnen. Die Leser des Bulletins und des E-Bulletins wissen bestens Bescheid: Gewichtige Länder treiben den Ausbau der Kernenergie voran.

Doch wie sieht global die Wahrnehmung der Kernenergie aus? Wenn wir aus der Berichterstattung diejenigen Texte herausfiltern, die Risiken als Haupt- oder Nebenthema behandeln, erkennen wir im Langfristtrend die Ausreisser in den Jahren 1979 (Three Mile Island) und 1986 (Tschernobyl). Der so genannte «Reputation Risk Index» zeigt zwar ebenso einen Anstieg in den vergangenen Jahren. Doch in derselben Zeitspanne ist der gesamte Output an (Kernenergie-)Berichten gestiegen.

Wenn wir diese Risikoberichterstattung der Chancenberichterstattung gegenüberstellen, erkennen wir einen sehr starken Anstieg in den vergangenen fünf Jahren. Kernenergie ist einerseits zu einem Thema der Geldanlage geworden. Andererseits bringt die Klimadiskussion neue Argumente, die für die Kernkraftwerke sprechen. Dieser «Reputation Benefit Index» filtert also Beiträge, welche die Kernenergie im Kontext mit CO2-armer Stromproduktion, Klimawandel, Bedarfsdeckung, Ausbauplänen und Geldanlage thematisieren.

Die Trendanalyse des Medienoutputs sagt jedoch noch nicht unbedingt etwas darüber aus, ob beim Mediennutzer tatsächlich eine Veränderung des Interessens und der Akzeptanz stattgefunden hat – auch wenn eine solche Trendwende erwartet werden kann. Neue Analyse-Tools ermöglichen es, das tatsächliche Interesse der Internetnutzer zu messen.

Dabei hat der Schreibende eine Zahlenreihe kreiert mit risikobehafteten Suchabfragen (beispielsweise «atomic waste») sowie eine Zahlenreihe mit Suchabfragen, die in der Tendenz auf Chancen hinweisen (z.B. «global warming», «jobs», «careers»). Diese Suchabfragen mussten jeweils im Kontext mit Nuklearstrom stehen. Wenn wir diese beiden Kurven als Verhältnis darstellen, ergibt sich ein klar aufwärts gerichteter Trend (siehe Grafik). Kernenergie wird heute also viel häufiger als Chance denn als Risiko wahrgenommen. Insbesondere die Kernenergiebranche als Arbeitgeberin erfuhr in den vergangenen sieben Jahren erheblich mehr Beachtung. Übrigens: Die erwähnten Analysen beziehen sich auf Abfragen in englischer Sprache und ohne Eingrenzung nach Ländern.

Es gibt demzufolge erhebliche Indizien dafür, dass die Zahl der Kernenergiebefürworter global – speziell in den USA und in Grossbritannien – grösser geworden ist. Daran ändert der in Deutschland neu entfachte Widerstand wenig.

Quelle

Hans Peter Arnold

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