Neutrinostrahl durch die Alpen

Gemäss einer Mitteilung des Informationsdienstes ETH Life ist in diesem Sommer ein im europäischen Kernforschungszentrum Cern in Genf erzeugter Strahl von Neutrinos durch die Erdkruste zum 730 km entfernten Untergrundlabor im Gran-Sasso-Gebirge im Hinterland von Rom geschickt worden, um erste Tests mit dem dortigen 1800 t schweren und 7x7x25 Meter grossen «Opera»-Detektor durchzuführen.

11. Okt. 2006
Mit diesem Detektor des Opera-Projekts sollen Umwandlungen von Müon- in Tau-Neutrinos nachgewiesen werden
Mit diesem Detektor des Opera-Projekts sollen Umwandlungen von Müon- in Tau-Neutrinos nachgewiesen werden
Quelle: Public Affairs Office, INFN

Die rund 180 am Opera-Projekt beteiligten Forscher aus verschiedenen Ländern, zu denen auch Wissenschafter der Forschungsgruppe von ETH-Professor André Rubbia gehören, wollen damit herausfinden, ob sich die Neutrinos dabei verändern. Die Frage ist, ob sich auf der Reise ein Teil der Neutrinos vom Typ Müon, aus denen der Strahl zu Beginn besteht, in den Typ Tau-Neutrino umwandelt.

Welche Masse hat ein Neutrino?

Beim Betazerfall eines Atomkerns wird nicht nur ein Neutron in ein Proton umgewandelt und ein Elektron emittiert, sondern es entsteht zusätzlich ein elektrisch neutrales Neutrino. Die kleinstmögliche Energie, die es beim Zerfall forttragen kann, ist gemäss Einsteins Äquivalenzrelation seine Ruhemasse. Die Maximalenergie des emittierten Elektrons entspricht dann der Zerfallsenergie vermindert um die Ruhemasse des Neutrinos.

Die Elementarteilchenphysik möchte schon lange die bisher unbekannte Masse der Neutrinos bestimmen. Da eine Umwandlung nur dann möglich ist, wenn mindestens eines der beteiligten Neutrinos eine nicht-verschwindende Masse hat, ist ein Nachweis der winzig kleinen Massen am ehesten möglich, wenn sich die Neutrino-Oszillation genannte Umwandlung nachweisen lässt.

Massenverhältnisse im Universum verstehen

Neben dem vertieften Wissen über die Elementarteilchenphysik könnten die neu ermittelten Messergebnisse später wesentlich zum Verständnis der Massenverhältnisse im Universum beitragen (im Weltraum sind Neutrinos in hoher Dichte vorhanden). Der Mechanismus der Neutrino-Oszillation könnte erklären, warum nur halb so viele Elektron-Neutrinos (der dritte Typ von Neutrinos neben Tau- und Müon-Neutrinos) von der Sonne zur Erde gelangen, als aufgrund von Berechnungen zu erwarten wäre.
Der erste Versuch im vergangenen August diente der Optimierung der Strahleinstellungen und der Überprüfung der Opera-Detektorkomponenten. Nach Angaben von Andreas Badertscher von der Forschungsgruppe Rubbia konnten dabei mehr als 300 mit den Neutrinostrahl-Pulsen zeitlich exakt korrelierte Ereignisse im Opera-Detektor festgestellt werden. Die Forscher hoffen, dass der direkte Nachweis einer Umwandlung in den kommenden Jahren gelingen wird.

Quelle

B.F/M.S. nach ETH-Life, Web-Zeitung, 12. Oktober 2006

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