Politische Diskussion um Regelabweichungen in deutschen Kernkraftwerken

Die innerdeutschen politischen Diskussionen über Regelabweichungen beim Betrieb des Kernkraftwerks Philippsburg-2 der EnBW (Energie Baden-Württemberg AG) hat im Verlauf des Oktobers weitere Kreise gezogen.

14. Nov. 2001

So hat die EnBW am 26. Oktober bekannt gegeben, dass die Überprüfung der Handhabung der Notkühlsysteme in den anderen deutschen Kernkraftwerken, an denen EnBW direkt oder indirekt beteiligt ist (Philippsburg-1, Obrigheim und Neckarwestheim-1 und -2), bis dato ergeben hat, dass zwei weitere Regelabweichungen festzustellen seien. In Obrigheim habe es 2001 vorübergehend einen fünfprozentigen Abmangel in der Menge der Kühlflüssigkeit und einen sechsprozentigen Abmangel in der Borkonzentration gegeben. Diese geringen Abmängel seien in den vergangenen Jahren in ähnlicher Art aufgetreten. Fest stehe, dass die Flüssigkeitsmenge und die Borkonzentration jederzeit sicherheitstechnisch ausreichend waren. Im Block 1 von Neckarwestheim habe es in der Revision im Jahr 1997 einen vierprozentigen Abmangel in der Menge der Kühlflüssigkeit gegeben. Die Borkonzentration sei in Ordnung gewesen.
In diesem Zusammenhang hat die deutsche Reaktorsicherheitskommission (RSK), das beratende Gremium des Bundesumweltministeriums in Sachen Kernenergie, am 31. Oktober bei einer Anhörung von Vertretern der Betreiber und der baden-württembergischen Atomaufsicht festgestellt, "dass in den Atomkraftwerken Obrigheim und Neckarwestheim-1 zum Teil über Jahre hinweg gegen die Vorgaben des Betriebshandbuchs verstossen wurde".
Als Reaktion auf diese Erkenntnisse hat der deutsche Bundesumweltminister Trittin die Atomaufsichtsbehörden der Länder aufgefordert, das Qualitätsmanagement, insbesondere hinsichtlich der Arbeit der Sachverständigen und des Zusammenspiels von Sachverständigen und Behörde, zu überprüfen. "Unser Augenmerk richtet sich nicht nur auf das Sicherheitsmanagement der Betreiber, sondern auch auf die Effektivität der Prüfungen durch Gutachter und zuständige Landesaufsichtsbehörde. Wir stehen vor der Aufgabe, hier klare Regeln zu entwickeln, welche die Unabhängigkeit der Gutachter sicherstellen und die Wirksamkeit der Aufsichtsbehörden garantieren", sagte Trittin. Die RSK hat bis jetzt keine abschliessende Beurteilung abgegeben.

Quelle

H.K. nach Mitteilungen der EnBW und des BMU vom Okt./Nov. 2001

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