Prognos-Studie: keine Renaissance der Kernenergie
Das Beratungsunternehmen Prognos AG hat in einer Studie für das deutsche Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) die Zukunft der weltweiten Kernenergienutzung untersucht. Das Unternehmen prognostiziert einen Rückgang der Anzahl weltweit betriebener Kernkraftwerke bis 2020 um voraussichtlich 22%.
Als Basis der Studie dienten die Kernkraftwerksangaben in den Datenbanken der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO), der World Nuclear Association (WNA) und der deutschen Zeitschrift Atomwirtschaft (ATW). Die Autoren erarbeiteten eine Historie der weltweiten Kernenergienutzung und stellten diese internationalen Szenarien gegenüber. Kern der Untersuchung war die Bewertung der Ankündigung von Neubauten vor dem Hintergrund von Herausforderungen unter anderem in den Bereichen Infrastruktur, Brennstoffversorgung und Finanzierung.
173 neue Kernkraftwerke bis 2030
Die Autoren erwarten bis zum Jahr 2030 – dem analysierten Zeitraum – keine Renaissance der Kernenergie. Vielmehr würden die altersbedingten Abschaltungen dazu führen, dass die Zahl der Reaktoren, die installierte Leistung und somit auch die Stromerzeugung in Kernkraftwerken deutlich zurückgehen. Die Studie rechnet bis 2020 mit der Inbetriebnahme von 86 neuen Kernkraftwerken, darunter 37 im März 2009 schon im Bau befindlichen Reaktoren. Zwischen 2020 und 2030 könnten weitere 87 Kernkraftwerke ans Netz gehen, das heisst zwischen 2009 und 2030 weltweit insgesamt 173 neue Anlagen. Aufgrund der hohen altersbedingten Abgänge rechnen die Autoren jedoch mit einem Rückgang der Anzahl Kernkraftwerke von 436 (Stand März 2009) auf 341 im Jahr 2020 (-22%). Die Gesamtleistung läge dann nach ihren Berechnungen 15% unter dem heutigen Stand. Trotz der gegenwärtigen Zunahme der Neubauaktivität von Kernkraftwerken, verglichen mit den letzten zehn Jahren, wird das Niveau des Baubooms der 1970er/80er-Jahre also nicht erreicht werden, sind sich die Autoren sicher.
NEA-Szenarien teilweise auch mit Rückgang …
Die Prognos verweist in der Präsentation ihrer Resultate auf Szenarien anderer Organisationen, die auch einen Rückgang der Kernenergienutzung in den nächsten zwanzig Jahren prognostizierten. Es sind dies insbesondere Szenarien der Kernenergieagentur NEA der OECD, die im Nuclear Energy Outlook 2008 präsentiert werden. Die NEA führt dort, neben Ausbauszenarien, die beiden Szenarien «Ausstieg mit Laufzeitverlängerungen» sowie «Ausstieg ohne Laufzeitverlängerungen» auf. Das Prognos-Szenario kommt in Bezug auf die Entwicklung der globalen Kernkraftwerksleistung dem NEA-Szenario «Ausstieg mit Laufzeitverlängerungen» am nächsten. Dieses sieht einen weltweiten Kernenergieausstieg (das heisst keine Neubauten) mit gleichzeitigen Laufzeitverlängerungen für alle Reaktoren bis hin zu maximal 60 Jahren vor.
… werden jedoch als unrealistisch bewertet
Der Nuclear Energy Outlook verweist bei der Präsentation der beiden Ausstiegszenarien jedoch klar darauf, dass diese Szenarien sehr unwahrscheinlich seien. Die Bedenken der globalen politischen Entscheidungsträger im Hinblick auf die Versorgungssicherheit und die Klimaveränderungen sprächen für eine verstärkte Nutzung der Kernenergie, ist sich die NEA sicher.
Quelle
D.S. nach Prognos, Studie «Renaissance der Kernenergie?», und BfS, Pressemeldung, 14. Oktober 2009