PSI: Neutronen für Forschung und nukleare Entsorgung

Megapie (Megawatt Pilot Experiment) – ein internationales Forschungsprojekt am Paul Scherrer Institut (PSI) – kam kürzlich zum erfolgreichen Abschluss. Beim Experiment werden Neutronen durch den Beschuss von Flüssigmetall mit einem Protonenstrahl erzeugt. Weltweit erstmalig ist die dazu eingesetzte hohe Leistung des Protonenstrahls im Bereich eines Megawatts, der zur Erzeugung energiereicher Neutronen auf ein neuentwickeltes Flüssigmetall-Target gelenkt wird.

30. Jan. 2007
Das flüssige Metall wird zu Beginn des Megapie-Experiments durch das dicke, isolierte Rohr (Bildmitte) ins Target eingefüllt.
Das flüssige Metall wird zu Beginn des Megapie-Experiments durch das dicke, isolierte Rohr (Bildmitte) ins Target eingefüllt.
Quelle: PSI

Energiereiche Neutronen lassen sich in zahlreichen Forschungsgebieten nutzen. Durch die besonderen Eigenschaften der Neutronen werden atomare Strukturen und Bewegungen sowie biologische Substanzen erforscht. Sie tragen beispielsweise dazu bei, den Mechanismus supraleitender Materialien oder molekulare Ursachen von Krankheiten besser zu verstehen. Um Neutronen zu gewinnen, müssen sie jedoch zuerst aus Atomkernen freigesetzt werden.

Dies geschieht am PSI in der seit 1996 bestehenden Spallations-Neutronenquelle (SINQ). In dieser Anlage wird ein energiereicher Protonenstrahl von einem Megawatt auf eine Zielscheibe (Target) gelenkt, wo er Neutronen herausschlägt. Ursprünglich bestand das Target aus festem Blei. Theoretische Berechnungen zeigten, dass der Neutronenfluss mit einem Target aus Flüssigmetall erheblich höher ausfällt. Das internationale Projekt Megapie hat nun demonstriert, dass ein solches Target aus 920 kg flüssigem Blei-Wismut im Dauerbetrieb funktioniert.

Wertvolle Erfahrungen für die Umwandlung radioaktiver Abfälle

Neutronen mit hoher Energie können Transurane wie Neptunium, Plutonium, Americium und Curium aufspalten. Solch langlebige und giftige Produkte finden sich beispielsweise in ausgedienten Brennstäben aus Kernkraftwerken. Ihre Umwandlung (Transmutation) in kürzer lebende oder gar stabile Elemente ist grundsätzlich in Beschleuniger-getriebenen Systemen wie der SINQ möglich. Megapie lieferte dazu wertvolle Daten und Erfahrungen, wenngleich der Weg zu einer nutzbaren und kostengünstigen Transmutationstechnik noch sehr weit ist, schreibt das PSI.

Die Aussicht, eventuell einmal radioaktive Abfälle auf diese Art «verbrennen» zu können, hat Megapie in den Brennpunkt des internationalen Interesses gerückt. An den Gesamtkosten von CHF 80 Mio. beteiligen sich mehrere Partner, so auch die EU. Seit dem Jahr 2000 arbeiteten 170 Wissenschafter, Ingenieure und Techniker von neun Forschungsinstitutionen aus Europa, Japan, Korea und den USA am Projekt. Die Versuchsvorbereitung und Tests mussten extrem hohen Anforderungen an Technologie und Sicherheit genügen. So müssen die verwendeten Materialien der hohen Strahlenbelastung widerstehen und der dynamische Wärmehaushalt des heiklen Flüssigmetalls beherrscht werden. Auch waren erhebliche Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, die vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) kontrolliert und genehmigt wurden. Das PSI war verantwortlich für den Einbau des Targets sowie den komplexen Betrieb mit umfangreichen Kontrollen.

Megapie hat bei den Flüssigmetall-Targets derzeit die Nase vorne

Auf dem Gebiet der Flüssigmetall-Targets herrscht ein internationaler Wettbewerb. Ausser Megapie gibt es je noch ein Projekt in den USA und in Japan, das die Realisierung dieser Technologie zum Ziel hat. Wissenschafter des PSI haben zwischen August und Ende 2006 einen bis zu 80% höheren Neutronenfluss als im bisherigen Festkörper-Target gemessen. Dieser Wert liegt weit über den konservativen Vorausberechnungen.

Die Untersuchungen am bisher bestrahlten und jetzt erstarrten Blei-Target werden in den nächsten Jahren noch wertvolle Erkenntnisse über Materialaufbau und -verhalten liefern. Dieses Feedback fliesst wiederum in Auslegung und Betrieb neuer Spallations-Neutronenquellen ein. Stark profitieren davon werden aber auch künftige Beschleuniger-getriebene Systeme, die zum Beispiel Transurane im radioaktiven Abfall umwandeln können. Für solche Anlagen ist das erfolgreich beendete Megapie-Experiment ein Schlüsselexperiment.

Quelle

B.F. nach PSI, Medienmitteilung, 31. Januar 2007

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