Rekord-Leistungsabfuhr in Fusionsanlage Asdex-Upgrade

Die Fusionsanlage Asdex-Upgrade am Max-Planck-Institut für Plasmaphysik (IPP) in Garching bei München hat einen Weltrekord für die Heizleistung aufgestellt. Bislang unerreichte 14 MW pro m betrug die auf den Anlagenradius bezogene Heizleistung – ein wichtiges Ergebnis auf dem Weg zu einem Fusionskraftwerk.

2. Nov. 2012
Blick in das viele Millionen Grad heisse Plasma der Fusionsanlage Asdex Upgrade: Der Plasmarand wird auf die speziell ausgerüsteten Divertorplatten am Boden gelenkt.
Blick in das viele Millionen Grad heisse Plasma der Fusionsanlage Asdex Upgrade: Der Plasmarand wird auf die speziell ausgerüsteten Divertorplatten am Boden gelenkt.
Quelle: IPP

Ermöglich hat den Weltrekord für die Heizleistung gemäss IPP-Medienmitteilung eine raffinierte Steuerung. Eine einmalig schnelle Rückkoppelungsregelung stelle sicher, dass einerseits die gewünschten viele Millionen Grad heisse Hochleistungsplasmen erzeugt werden, andererseits die Wand des Plasmagefässes nicht überlastet werde.

Wechselwirkung zwischen Gefäss und Plasma entscheidend

Ein Fusionskraftwerk soll aus der Verschmelzung von Atomkernen Energie gewinnen. Der Brennstoff – ein ultradünnes, ionisiertes Wasserstoffgas, ein «Plasma» – muss dazu nahezu berührungsfrei in einem Magnetfeldkäfig eingeschlossen werden. So lässt sich das Gas auf die Zündtemperaturen von 100 Mio. °C aufheizen. Eine der grossen Herausforderungen ist es, eine verträgliche Wechselwirkung zwischen dem Plasmagefäss und dem darin schwebenden Plasma zu erreichen. Besondere Aufmerksamkeit ist an den Stellen nötig, wo das Plasma Wandkontakt hat: Ein spezielles Magnetfeld, das Divertorfeld, lenkt den äusseren Rand des ringförmigen Plasmas gezielt auf besonders robuste, gekühlte Platten am Gefässboden, um störende Verunreinigungen aus dem Plasma zu entfernen. Die Divertoren schonen die Gefässwand und die vom Divertorfeld geformte, kältere Plasma-Randschicht hüllt das Zentralplasma wie ein wärmender Mantel ein.

Argon und Stickstoff zur Kühlung

Die für ein Kraftwerk angezielte Wärmebelastung der Divertorplatten liegt bei 5 MW pro m2. Um diesen Wert nicht zu überschreiten, gilt es, den Plasmarand möglichst kalt einzustellen – und im Zentrum dennoch 150 Mio.°C zu halten. Für die nötige Wärmeisolation sorgt vor allem das schalenförmig aufgebaute Magnetfeld, das den Transport von Teilchen aus dem heissen Plasmazentrum nach aussen extrem bremst. Dem wird am Asdex-Upgrade noch nachgeholfen. Der Plasmarand wird durch Einblasen kleiner Mengen von Argon in die Hauptkammer und von Stickstoff direkt vor den Divertorplatten aktiv gekühlt. Die eingeblasenen Verunreinigungsteilchen werden beim Kontakt mit dem heissen Plasma zum Leuchten angeregt. So schaffen sie die Energie auf sanfte Weise als Ultraviolett- oder Röntgenlicht aus dem Plasma. Anders als im heissen Zentrum, wo diese abkühlende Wirkung von Verunreinigungen vermieden werden muss, ist sie am Rand des Plasmas sehr nützlich: Bevor die schnellen Plasmateilchen auf den Divertorplatten aufprallen, haben sie ihre Energie bereits an die Stickstoff- und Argonatome verloren.

Die Methode für den Weltrekord

Die so im vergleichsweise kleinen Plasma deponierte, auf den Anlagenradius bezogene Heizleistung beträgt bislang unerreichte 14 MW pro m ohne die Divertorplatten über den gewünschten Wert hinaus zu belasten. Um in allen Phasen der 10 Sekunden langen Entladung den Wärmefluss auf die Divertorplatten exakt einzustellen, werden Stickstoff- und Argonzufuhr unabhängig voneinander über eine ausgeklügelte, einmalig schnelle Rückkopplungs-Regelung in Echtzeit gesteuert. Messgeräte registrieren die im Hauptraum und im Divertor am Plasmarand abgestrahlte Energie, woraus der Leistungsfluss auf die Divertorplatten berechnet wird. Ist er zu hoch, wird sofort mehr Stickstoff oder Argon eingeblasen. Kommt zu wenig Leistung an, werden binnen Millisekunden die Gasventile gedrosselt. Mit diesem Regelungsmeisterstück bleibt die Divertorbelastung – trotz der hohen Heizleistung von 23 MW für die 3 mg Plasma des Asdex-Upgrade – stets im Zielbereich für ein späteres Kraftwerk. Zugleich weisen die Plasmen im Zentrum die gewünschte hohe Reinheit, Temperatur und Wärmeisolation auf, so das IPP in seiner Medienmitteilung.

Quelle

D.S. nach IPP, Medienmitteilung, 23. Oktober 2012

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