Seit 15 Jahren KKL-Strom: Werksbetreiber ziehen positive Bilanz
Medienkonferenz vom 16. Dezember 1999 im Kernkraftwerk Leibstadt
Das leistungsstärkste Kraftwerk der Schweiz (1115 Megawatt ab Januar 2000), das Kernkraftwerk Leibstadt (KKL), nahm am 15. Dezember 1984 den Dauerbetrieb auf. Bezüglich Verfügbarkeit, Produktivität und Umweltbelastung präsentiert sich die Bilanz auch im internationalen Vergleich ausgezeichnet. Mit Blick auf die Gestehungskosten ist das KKL überzeugt, mit der Konkurrenz Schritt halten zu können.
"Sicher, zuverlässig, sauber" so umschrieb Betriebsdirektor Mario Schönenberger seine Bilanz. Die den elf an Leibstadt beteiligten Partner-Aktionären zur Verfügung gestellte Nettoproduktion betrug im Mittel pro Jahr 7,5 Milliarden Kilowattstunden (kWh). Dies entspricht rund 1/6 des jährlichen Verbrauchs der Schweiz; CO2-freier Strom für über eine Million Menschen kommt aus Leibstadt. Die für 1999 erwartete Produktion beträgt 8,3 Mrd. kWh.
Zuverlässige Produktion
Pro Jahr gab die Anlage im Schnitt während 7790 Stunden Strom ans Netz ab, somit während 88,7% der möglichen Zeit. Die Arbeitsverfügbarkeit (Verhältnis der effektiv verfügbaren zur theoretisch möglichen Produktion) betrug 86,7%. Der grösste Teil der "nicht geleisteten Arbeit" geht mit 11,0% zu Lasten der Jahresrevision mit Brennelementwechsel, die aus energiewirtschaftlichen Gründen auf den Sommer angesetzt wird. Nur 0,96% sind eigentlichen Störungen (ungeplante, automatische Abschaltungen und kurzfristig geplante Betriebsunterbrüche für Reparaturen) zuzuschreiben. Die restlichen 0,3% sind auf geplante Leistungsreduktionen und die Verschlechterung des Wirkungsgrades in der warmen Jahreszeit zurückzuführen.
Sicherer Betrieb
Reaktor und Turbine sind im KKL wie bei anderen Kernkraftwerken mehrfach abgesichert. Bei geringsten Störungen, oft auch nur bei Störfehlsignalen, reagiert das Schutzsystem auf die "sichere Seite" durch Abschalten der Anlage. Keine der bisher aufgetretenen automatischen Abschaltungen (letztmals am 15. Dezember 1994) tangierte die Sicherheit. Die Auslöser-Ursachen lagen zumeist nicht im Reaktor-, sondern im Turbinen- und Hilfsanlagenbereich.
Betriebsunterbrüche lassen sich niemals gänzlich eliminieren. Nach den Worten von Mario Schönenberger ist es aber wichtig, dass Sicherheitssysteme zur Verfügung stehen, damit Vorkommnisse beherrscht werden. Die ungeplanten Unterbrüche haben sich mit zunehmender Betriebserfahrung ebenso markant verringert wie die den Aufsichtsbehörden zu meldenden Ereignisse im Betrieb. Aufgrund der Nachrüstungen sind Zustand und Sicherheit der Anlage heute noch besser als zum Zeitpunkt der Betriebsaufnahme.
Ein Expertenteam der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) nahm 1994 die KKL-Betriebsführung im Rahmen einer sogenannten Osart-Mission (Operational Safety Review Team) unter die Lupe. Ihr Bericht stellte dem Werk ein gutes Zeugnis aus.
Eindrücklicher Brennstoff-Vergleich
Brennstoff in Leichtwasserreaktoren ist durch umfangreiche physikalische und chemische Prozesse angereichertes Uran, aus dem die Brennstäbe und die Brennelemente gefertigt werden, wobei ein Brennelement neueren Typs ca. 95 Brennstäbe (Hüllrohre) enthält. Der Leibstädter Reaktorkern umfasst 648 Brennelemente. Im Rahmen der bisherigen Jahresrevisionen wurden jeweils ca. 120 abgebrannte Brennelemente entladen. Zur Wiederaufarbeitung wurden in den Jahren 1997 und 1998 insgesamt 96 Brennelemente nach Frankreich transportiert. Weitere Transporte hat das KKL für 2000 im Programm.
Für die bis heute insgesamt 2600 eingesetzten Brennelemente wurden 470 Tonnen leicht angereichertes Uran verwendet. Das Gewicht einer Jahres-Nachladung beträgt rund 25 Tonnen. Ein Kohlekraftwerk mit gleicher Produktion benötigte rund 4'000'000 Tonnen Brennstoff im Jahr. Die Gesamtkosten der neuen Brennelemente belaufen sich pro Jahr auf rund SFr. 45 Mio. (ohne Entsorgungskosten).
Radioaktivität unter Kontrolle
Nicht allein der technische Betrieb untersteht einer strengen Überwachung durch Bundesbehörden, auch die Abgaben werden von eidgenössischen Instanzen ständig kontrolliert, wobei tiefe Limiten gelten. Alle Abgabewerte (Abwasser, Abluft) lagen durchwegs weit darunter. Kein Mensch in der Umgebung des KKW war je einer zusätzlichen Dosis von mehr als einem Prozent der durch die natürliche Strahlung verursachten Dosis ausgesetzt. Die natürliche Strahlendosis (terrestrisch und kosmisch) liegt in der Standortgegend bei rund 1 Millisievert (mSv) pro Jahr.
Lebensdauer über 60 Jahre
Hans Achermann von der Elektrizitäts-Gesellschaft Laufenburg AG (EGL), Mitglied der KKL-Geschäftsleitung, zeigte sich überzeugt, dass die erwartete KKL-Lebensdauer bei über 60 Jahren liegt. Neue Erkenntnisse sind in der Vergangenheit im Rahmen laufender Nachrüstungen umgesetzt worden; so beispielsweise 1992 mit dem Einbau eines Druckabbau-Systems (Containment-Venting) oder im Interesse der Ausbildung mit dem Bau eines werkseigenen Simulators im Jahre 1995.
Sicherheit bleibt oberstes Gebot, auch wenn angesichts der Kostenoptimierung (Wirtschaftlichkeit) künftige Investitionen noch kritischer unter die Lupe genommen werden. Das KKL scheut sich nicht, bestehende Abläufe zu hinterfragen (beispielsweise die Dauer der Jahresrevision). Die Mitarbeiter mit ihrer Erfahrung und ihren Ideen sind dabei die wertvollste Ressource.
Energiepolitik mit Fragezeichen
Das politische Umfeld präsentiert sich nicht in allen Teilen verheissungsvoll. Die Bewilligung zur Leistungerhöhung musste sechs volle Jahre erdauert werden. Bezüglich Restlaufzeiten der Werke lässt der Bundesrat auf klare Signale warten. Die Kernenergie-Gegner-Kreise ihrerseits wollen die Ausstiegsfrage mit ihren jüngsten Initiativen nach 1979, 1984 und 1990 zum vierten Mal vors Volk bringen.
Hans Achermann dankte für die hohe Akzeptanz in der Standortregion. Mit dem täglich geöffneten Informationszentrum dokumentiert das KKL seine Bereitschaft zum Dialog. Der Besonnenheit der Bevölkerung ist es zweifellos zu verdanken, dass die Elektrizitätswirtschaft ab 2000 über ein Zwischenlager (Zwilag) verfügt. Er bekannte sich zudem als Befürworter des Projekts Endlager Wellenberg im Kanton Nidwalden.
Zunehmende Konkurrenzfähigkeit
Die Gestehungskosten betragen gegenwärtig 6,88 Rp./kWh (Vorschau 1999). Budgetiert für 2000 sind 5,95 Rp./kWh. Sie setzen sich wie folgt zusammen: 1,72 Rp. Brennstoffkosten (Versorgung, Wiederaufbereitung, Rückstellung für Endlagerung), 0,96 Rp. Kapitalkosten, 1,63 Rp. Abschreibungen und Dotierung des Stilllegungsfonds und nur 1,64 Rp. Betriebskosten. Dr. Peter Kratz, Elektrizitäts-Gesellschaft Laufenburg AG (EGL), Mitglied der KKL-Geschäftsleitung, skizzierte folgende Zielsetzung zur Erreichung der Konkurrenzfähigkeit: Vor dem Jahr 2010 werden die Gestehungskosten unter 5 Rp./kWh liegen.
Die wirtschaftliche Bedeutung des KKL ist enorm: Pro Jahr werden allein in der Region Aufträge von rund SFr. 10 Mio. (ohne Brennstoff!) an Gewerbe, Industrie und an den Dienstleistungssektor vergeben. Grosse Beträge wurden 1998 an die öffentliche Hand entrichtet: Steuern Kanton und Gemeinden SFr. 5,4 Mio., Steuern Bund SFr. 0,9 Mio., Gebühren Kanton und Gemeinden SFr. 4,4 Mio. und Gebühren Bund SFr. 3,9 Mio. Zudem wurden bis heute SFr. 1,1 Mrd. für Rückstellungen (Kernbrennstoff-Kreislauf/Stilllegung) für die nukleare Entsorgung bereitgestellt.
Das KKL beschäftigt 440 Personen (401 Stellen), rund 15% von ihnen sind Grenzgänger. Während der Jahresrevision kann die anfallende Arbeit nicht vom eigenen Personal allein bewältigt werden. Darum werden gewisse Revisionsarbeiten an Komponenten und Systemen an die Lieferfirmen vergeben, und das eigene Personal wird von geeigneten Fachleuten oder Hilfskräften anderer Unternehmen verstärkt. Je nach Revisionsumfang und Nachrüstungen können dann 500-800 Personen zusätzlich im Kraftwerk tätig sein.
Erfolgversprechende Zukunft
Peter Kratz hob im Weiteren den konsequenten Schuldenabbau hervor. Seit Inbetriebnahme konnte das KKL die ursprünglichen Schulden von SFr. 4,8 Mrd. auf SFr. 1,4 Mrd. reduzieren. Eine weitere zügige Entschuldung ist absehbar.
Das KKL ist ein Stromproduzent mit einer weit ins nächste Jahrtausend reichenden Zukunft. Mit seiner sauberen, CO2-freien Produktion hat das KKL einen nachhaltigen wirksamen Wettbewerbsvorteil. Fortgesetzte Kostenreduktion und Entschuldung stellen sicher, dass das KKL auf lange Sicht ein für die schweizerische Stromversorgung wichtiger und zugleich wettbewerbsfähiger Lieferant bleibt.
Quelle
Kernkraftwerk Leibstadt